Annette Goldstein von Goldstein Consulting über Forderungsverzichte zur Verbesserung der Eigenkapitalstruktur
Wenn Unternehmen ihre Eigenkapitalstruktur optimieren wollen, kann der Forderungsverzicht ein wichtiges strategisches Instrument zur Erreichung dieses Ziels darstellen. Damit ist es vor allem in Krisensituationen möglich, Insolvenzen, die nicht mit einer Zahlungsunfähigkeit zusammenhängen, abzuwenden, die Eigenkapitalstruktur in der Bilanz zu verbessern und die Handlungsmöglichkeiten bei Restrukturierungsmaßnahmen möglicherweise zu erhöhen. Als Gründerin und Geschäftsführerin der in Berlin ansässigen Wirtschaftsprüfungs- und Steuerberatungsgesellschaft Goldstein Consulting verfügt Annette Goldstein über viel Erfahrung mit dem Thema und erläutert in diesem Beitrag die wichtigsten Zusammenhänge.

Goldstein Consulting über die Grundlagen der Eigenkapitalstruktur
Die Eigenkapitalstruktur eines Unternehmens stellt das Verhältnis zwischen Eigen- und Fremdkapital und damit einen entscheidenden Indikator für seine finanzielle Stabilität und Gesundheit dar. Eigenkapital, das durch Eigenmittel wie Investitionen/Einlagen von Gesellschaftern oder einbehaltene Gewinne gebildet wird, bildet die Grundlage für die Finanzierung der unternehmerischen Aktivitäten und dient als Puffer gegenüber Risiken und Verlusten.
Eine robuste Eigenkapitalstruktur ermöglicht es einem Unternehmen, sich besser gegen wirtschaftliche Unsicherheiten abzusichern, günstigere Kreditkonditionen zu erhalten und Investitionen zu tätigen, ohne übermäßige Fremdfinanzierung in Anspruch nehmen zu müssen. In Zeiten finanzieller Engpässe oder wirtschaftlicher Krisen kann die Stärkung der Eigenkapitalstruktur durch Maßnahmen wie z.B. den Forderungsverzicht eines Gesellschafters/Gläubigers entscheidend sein, um die langfristige Überlebensfähigkeit und Wettbewerbsfähigkeit des Unternehmens zu gewährleisten.
Forderungsverzicht bedeutet, dass ein Gläubiger – in der Praxis meist ein Gesellschafter – auf seine Forderungen gegenüber einem Tochterunternehmen verzichtet, mit der Maßgabe, diesen Forderungsverzicht entweder direkt in das Eigenkapital (als Kapitalrücklage) oder aber ergebniswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung zu verbuchen. Egal, welche Variante der den Forderungsverzicht aussprechende Gläubiger wählt, die Verbindlichkeit der Tochtergesellschaft wird ausgebucht und das Ergebnis hieraus wirkt sich positiv im Eigenkapital der Tochtergesellschaft/den Forderungsverzicht empfangenden Gesellschaft aus (entweder direkt in der Kapitalrücklage oder über das Jahresergebnis). Wobei natürlich nur ein Gesellschafter einen Forderungsverzicht direkt in die Kapitalrücklage einstellen kann. Ein Forderungsverzicht eines Fremdgläubigers (kein Gesellschafter) kann nur ertragswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung vereinnahmt werden.
Forderungsverzicht als Finanzierungsinstrument
Die finanziellen Auswirkungen eines Forderungsverzichts auf ein Unternehmen sind vielfältig und können tiefgreifende Veränderungen in der Bilanzstruktur nach sich ziehen. Durch den Verzicht auf Forderungen seitens der Gläubiger reduzieren sich die Verbindlichkeiten in der Bilanz, was zu einer Erhöhung des Eigenkapitals bzw. im Falle eines „Nicht durch Eigenkapital gedeckten Fehlbetrages“ zu dessen Verminderung führt. Dies verbessert die Eigenkapitalquote, also das Verhältnis des Eigenkapitals zum Gesamtkapital, was wiederum die finanzielle Stabilität des Unternehmens stärkt. Eine höhere Eigenkapitalquote signalisiert potenziellen Investoren und Kreditgebern eine geringere Risikoexponierung und kann die Kreditwürdigkeit des Unternehmens positiv beeinflussen, wodurch es möglicherweise leichter wird, zu günstigeren Konditionen neue Finanzierungen zu erhalten.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang aber das Verständnis, dass der Forderungsverzicht sich im Moment des Verzichts natürlich nicht auf die Liquidität des Unternehmens verbessernd auswirkt. Hierdurch fließen dem Unternehmen keine neuen liquiden Mittel zu. Die Liquidität des Unternehmens wird langfristig nur dadurch erhöht, dass keine liquiden Mittel mehr für die ausgebuchte Verbindlichkeit abfließen, da diese nicht mehr bezahlt werden muss. Hierdurch können natürlich bestehende Liquiditätsengpässe überbrückt oder sogar beseitigt und die finanzielle Flexibilität unterstützt werden.
Rechtliche und steuerliche Rahmenbedingungen
Ein Forderungsverzicht hat verschiedene rechtliche und steuerliche Implikationen, die sorgfältig berücksichtigt werden müssen. Rechtlich gesehen muss ein Forderungsverzicht ordnungsgemäß dokumentiert und vertraglich festgelegt werden, um seine Gültigkeit und Durchsetzbarkeit zu gewährleisten. Der Verzicht kann durch eine formelle Vereinbarung zwischen dem Gläubiger und dem Unternehmen erfolgen, die die Bedingungen und den Umfang des Verzichts präzise festlegt.
Steuerlich kann der Forderungsverzicht als „Erlass von Verbindlichkeiten“ betrachtet werden, was verschiedene Konsequenzen hat. Steuerlich richtet sich die Behandlung des Forderungsverzichts nach der Werthaltigkeit der Forderung, auf die der Gläubiger verzichtet. Ist die Forderung, auf die verzichtet wird werthaltig, liegt eine Einlage in das steuerliche Einlagekonto vor (sofern der Forderungsverzicht von einem Gesellschafter ausgesprochen wird), ist die Forderung nicht werthaltig, liegt steuerlich Ertrag vor, völlig unabhängig von der handelsrechtlichen Verbuchung. Dies bedeutet, dass für den Forderungsverzicht der ansonsten übliche Grundsatz der Maßgeblichkeit der Handelsbilanz für die Steuerbilanz ausgehebelt wird und nicht gilt. Wird der Forderungsverzicht von einem Fremdgläubiger, der nicht Gesellschafter ist, ausgesprochen, liegt natürlich auch hier steuerlich Ertrag vor, eine Zuführung zu dem steuerlichen Einlagekonto ist in diesen Fällen leider nicht möglich.
Die Umsetzung des Forderungsverzichts
Die praktische Umsetzung eines Forderungsverzichts erfordert sorgfältige Planung und Koordination, um die angestrebten finanziellen Verbesserungen effektiv zu erzielen. Der erste Schritt besteht darin, die betroffenen Forderungen und Gläubiger zu identifizieren und eine klare Strategie für den Forderungsverzicht zu entwickeln. Dies beinhaltet die Entscheidung, ob der Verzicht einseitig oder einvernehmlich erfolgen soll. Ein einvernehmlicher Forderungsverzicht erfordert Verhandlungen und Vereinbarungen mit den Gläubigern, bei denen Bedingungen und Umfang des Verzichts festgelegt werden müssen. Diese Vereinbarungen sollten in einem formellen Vertrag dokumentiert werden, um rechtliche Klarheit zu schaffen und zukünftige Konflikte zu vermeiden.
Eine weitere Herausforderung ist die Kommunikation und das Management der Beziehungen zu den Gläubigern. Transparenz und eine offene Kommunikation über die Gründe und Vorteile des Forderungsverzichts sind entscheidend, um das Vertrauen der Gläubiger zu erhalten und deren Zustimmung zu sichern. Auch interne Abläufe müssen angepasst werden, um den Verzicht korrekt in der Bilanz zu reflektieren und die finanziellen Auswirkungen genau zu dokumentieren.
Sofern der Forderungsverzicht durch einen Gesellschafter ausgesprochen wird und direkt der Kapitalrücklage als sonstige Zuzahlung nach § 272 Abs. 2 Nr. 4 HGB zugeführt werden soll, ist es notwendig, dass der Gesellschafter hierfür einen Beschluss fasst, in dem er vorgibt, ob der Forderungsverzicht in die Kapitalrücklage oder ertragswirksam in der Gewinn- und Verlustrechnung verbucht werden soll. Eine Einstellung in die Kapitalrücklage ist nur durch entsprechenden Gesellschafterbeschluss möglich.
Sollte bei einer Gesellschaft mit mehreren Gesellschaftern nur ein Gesellschafter einen Forderungsverzicht aussprechen und die anderen Gesellschafter dies nicht entsprechend ihrer quotalen Beteiligung analog übernehmen, dann sind die Vorschriften des § 7 Abs. 8 ErbStG zu beachten.
Fazit von Goldstein Consulting
Zusammenfassend lässt sich sagen, dass der Forderungsverzicht ein effektives und vielseitiges Instrument zur Verbesserung der Eigenkapitalstruktur eines Unternehmens darstellen kann. Durch den gezielten Verzicht auf Forderungen können Unternehmen ihre Bilanzstruktur optimieren, die Eigenkapitalquote erhöhen und ihre finanzielle Stabilität stärken. Dies führt nicht nur zu einer verbesserten Kreditwürdigkeit, sondern verschafft auch größeren Spielraum für zukünftige Investitionen und Wachstum.
Gleichzeitig sind die Umsetzung und die Auswirkungen eines Forderungsverzichts komplex und erfordern eine sorgfältige Planung und Durchführung. Die rechtlichen und steuerlichen Implikationen müssen präzise berücksichtigt werden, um mögliche Risiken zu minimieren und die gewünschten finanziellen Vorteile zu realisieren. Unternehmen sollten daher eine gründliche Analyse und gegebenenfalls professionelle Beratung in Anspruch nehmen, um den Forderungsverzicht erfolgreich und effizient zu gestalten. In der richtigen Anwendung kann der Forderungsverzicht ein entscheidender Schritt sein, um die langfristige Wettbewerbsfähigkeit und Resilienz eines Unternehmens zu sichern und zu fördern.
Über Goldstein Consulting
Die Goldstein Consulting GmbH ist eine 1998 gegründete Wirtschaftsprüfungsgesellschaft mit Sitz in Berlin. Gründerin und geschäftsführende Gesellschafterin ist Annette Goldstein, die auf mehr als 40 Jahre Berufspraxis in den Bereichen Steuerberatung und Wirtschaftsprüfung zurückblicken kann. Das Unternehmen hat sich auf Mittelständler und Startups spezialisiert. Zu seinen Dienstleistungen gehören unter anderem Jahresabschlussprüfungen und Jahresabschlusserstellung, Lohn- und Gehaltsabrechnungen, Steuererklärungen, Buchhaltungen und Unternehmensbewertungen.
Weiterführende Informationen
- https://www.she-works.de/finanzen/annette-goldstein-von-goldstein-consulting-ueber-besondere-herausforderungen-fuer-frauen-in-der-wirtschaftspruefung/2024/06/19/
- https://www.lifepr.de/pressemitteilung/goldstein-consulting-gmbh-wirtschaftsprfungsgesellschaft/goldstein-consulting-auch-2024-wieder-mit-auszeichnung-deutschlands-beste-wirtschaftspruefer-geehrt/boxid/988908
- https://www.pressebox.de/pressemitteilung/goldstein-consulting-gmbh-wirtschaftsprfungsgesellschaft/goldstein-consulting-gratuliert-daniel-baumgartner-zum-bestehen-des-steuerberaterexamens/boxid/1197771