Ampel-Koalition: Erbschaftssteuer-Streit eskaliert

Die Ampel-Koalition steht vor dem Bruch. Ein Koalitionsgipfel am Freitagabend endete ohne Ergebnis - der Streit um die Erbschaftssteuer offenbart tiefe Gräben zwischen den Partnern.
Während SPD und Grüne die Besteuerung großer Vermögen verschärfen wollen, droht die FDP mit einer kompletten Blockade. Der Grund: Die Liberalen fürchten das Ende vieler Familienunternehmen.
SPD und Grüne fordern Mindeststeuer für Millionenerben
Die Sozialdemokraten haben konkrete Vorschläge vorgelegt. Sie wollen die großzügigen Ausnahmeregelungen für Firmenerben drastisch einschränken. Bislang können Milliardenerben ihre Vermögen oft nahezu steuerfrei übertragen.
Die SPD-Forderungen im Detail:
* Mindeststeuer für große Betriebsvermögen
* Abschaffung der "Verschonungsbedarfsprüfung"
* Schließung von Steuerschlupflöchern bei Unternehmensanteilen
"Es kann nicht sein, dass Millionenerben prozentual weniger Steuern zahlen als normale Arbeitnehmer", heißt es aus der SPD-Fraktion. Die Grünen unterstützen die Reform und fordern eine "faire Besteuerung außerordentlich großer Erbschaften".
FDP: "Gift für den Mittelstand"
Die Liberalen reagierten scharf. Sie bezeichnen die Pläne als "Gift für den Mittelstand" und drohen mit einer Blockade der Reform. Christian Dürr und seine Fraktion befürchten, dass Familienunternehmen Kapital für Steuerzahlungen statt für Investitionen verwenden müssten.
Stattdessen fordert die FDP das Gegenteil: eine Anhebung der persönlichen Freibeträge. Diese wurden seit 2009 nicht angepasst - was durch gestiegene Immobilienpreise zu einer schleichenden Steuererhöhung führte.
FDP-Argument: Bereits versteuertes Vermögen darf nicht noch einmal besteuert werden. Die Partei warnt vor negativen Folgen für Arbeitsplätze und den Wirtschaftsstandort Deutschland.
Der technische Kern des Streits
Im Zentrum stehen die Verschonungsregeln für Betriebsvermögen. Diese ermöglichen Unternehmenserben unter bestimmten Voraussetzungen einen Steuererlass von bis zu 100 Prozent.
SPD und Grüne kritisieren: Gerade Milliardärsfamilien nutzen diese Regeln für steuerfreie Vermögensübertragungen. Normale Erben von Immobilien oder Geldvermögen zahlen hingegen voll.
Die FDP will diese Regelungen sogar stärken. Ein zusätzliches Problem: Das Bundesverfassungsgericht könnte die aktuellen Bestimmungen erneut prüfen - frühere Urteile hatten bereits Reformen als verfassungswidrig eingestuft.
Kompromiss oder Koalitionsbruch?
Die Parteispitzen haben sich eine Denkpause bis Mitte Oktober gegeben. Gelingt keine Einigung, droht eine Regierungskrise.
Möglicher Kompromiss: Moderate Anhebung der Freibeträge bei gleichzeitiger Begrenzung der Privilegien für sehr große Unternehmensvermögen.
Doch beide Seiten haben sich festgelegt. SPD und Grüne können aus Glaubwürdigkeitsgründen kaum auf eine Reform verzichten. Für die FDP ist die Ablehnung von Steuererhöhungen Markenkern.
Der Ausgang wird nicht nur die deutsche Steuerlandschaft prägen - sondern auch über das politische Überleben der Ampel-Koalition entscheiden.