FRANKFURT (dpa-AFX) - Der Dax hat am Donnerstag seine
Vortagesverluste ausgeweitet und mehrfach die Marke von 13 000
Punkten getestet. Zeitweise kam etwas Entspannung in die
Handelsräume, als die Signale auf einen auffallend freundlichen
Start an der Wall Street deuteten. Rasch jedoch kamen die US-Future
wieder zurück, auch wenn sie weiterhin Auftaktgewinne indizieren.
Angesichts zunehmender Rezessionssignale bleiben die Anleger im
Großen und Ganzen spürbar nervös. Aussagen des Chefs der
US-Notenbank Jerome Powell am Vortag wirkten nach und die zunehmend
trüber werdende Unternehmensstimmung im Euroraum tat ein Übriges.
Am Nachmittag büßte der Leitindex 0,67 Prozent 13 056,62 Zähler ein,
nachdem er bei etwas unter 12 940 Punkten zeitweise auf den tiefsten
Stand seit März gesackt war. Der Eurozonen-Leitindex EuroStoxx 50
erholte sich sogar fast vollständig von seinen frühen
Verlusten. Der MDax , der Index der mittelgroßen Werte
hierzulande, gab zuletzt um 2,08 Prozent auf 26680,12 Zähler nach.
Powell hatte am Mittwoch in seiner Rede vor dem Bankenausschuss des
US-Senats eine Rezession infolge höherer Zinsen nicht
ausgeschlossen. Ein sogenanntes "soft landing", also ein
Herauskommen aus der Lage ohne größere Verwerfungen, sei eine
Herausforderung.
Am späteren Donnerstagvormittag dann drückten auch die
Stimmungsdaten der Unternehmen aus der Euroregion auf die Laune der
Anleger. Der Einkaufsmanagerindex von S&P Global (ehemals IHS
Markit) fiel im Juni auf den tiefsten Stand seit knapp eineinhalb
Jahren und auch stärker als Analysten erwartet hatten. "Die Zahlen
enttäuschen auf ganzer Linie und die ungünstigen Rahmenbedingungen
aus hohen Preisen, vor allem bei Rohstoffen und Vorprodukten, sowie
die Lieferengpässe, Personalmangel und steigende Zinsen trüben die
Perspektiven deutlicher als bisher", kommentierte Analyst Ralf
Umlauf von der Helaba.
Mit Blick auf die Einzelwerte am deutschen Markt gaben im Dax
zuvorderst die Aktien der Deutschen Bank nach und
fielen um 6,6 Prozent. Im MDax verloren die der Commerzbank
6,3 Prozent. Sorgen, dass im Fall einer Rezession
womöglich Kredite nicht mehr zurückgezahlt werden könnten,
belasteten.
Versorger nahmen den Spitzenplatz ein: RWE und Eon
stiegen jeweils um rund 1,5 Prozent. Die
Bundesregierung rief die zweite Alarmstufe des dreistufigen
Notfallplans Gas aus. Barclays-Analyst Peter Crampton sieht daher
seine positive Einschätzung zu RWE einmal mehr gestützt. Der Druck
auf große Gas-Konzerne dürfte dadurch etwas nachlassen, höhere
Kosten könnten weitergereicht werden.
Ansonsten standen vor allem Umstufungen im Fokus, - und die bezogen
sich auf Unternehmen aus der zweiten und dritten Reihe. So wurden
Aroundtown von JPMorgan auf "Underweight" abgestuft,
was die Aktie zeitweise mit einem Abschlag von mehr als zehn Prozent
an das Ende des MDax katapultierte. Zuletzt gab sie 8,2 Prozent ab.
Analyst Tim Leckie hält die Markterwartungen für zu optimistisch,
gerade wenn sich die Konjunktur weiter verschlechtert.
Vantage Towers sanken um 3,3 Prozent. Der Optimismus
der US-Bank Morgan Stanley zur Aktie der Vodafone
-Sendemastentochter ist gewichen.
Analyst Emmet Kelly stufte das Papier auf "Equal-weight" ab und
senkte das Kursziel von 38 auf 32 Euro. Damit böte die Aktie
allerdings immer noch ein Kurspotenzial von aktuell rund 20 Prozent.
Zu Rheinmetall , die um 2,4 Prozent nachgaben, äußerte
sich Analyst Richard Schramm von der britischen Bank HSBC
vorsichtiger. Er strich unter anderem aus Bewertungsgründen seine
Kaufempfehlung. Das Kursziel hob er von 220 auf 240 Euro an und
verwies auf seine hochgesetzten Wachstumserwartungen für die
Rüstungssparte des Konzerns. Skeptisch schaut er indes auf die
Autozuliefersparte.
Die Anteile von Salzgitter gaben im SDax
nach einem Kurseinbruch am Vortag von 11 Prozent
weitere moderate 0,2 Prozent ab. Die US-Bank Morgan Stanley stufte
die Papiere des Stahlherstellers nun auf "Equal-weight" hoch. Am
gestrigen Nachmittag hatte Salzgitter zwar erneut die Prognose
erhöht, doch eine Abstufung der Aktie durch die US-Bank JPMorgan und
ihr kritischer Blick auf die Aussichten der gesamten europäischen
Stahlbranche hatten die Anleger zuvor bereits verschreckt.
Der Euro kostete am frühen Nachmittag 1,0507
US-Dollar. Die Europäische Zentralbank hatte den Euro-Referenzkurs
am Mittwoch auf 1,0521 Dollar festgelegt. Am Rentenmarkt fiel die
Umlaufrendite von 1,60 Prozent am Vortag auf 1,36 Prozent. Der
Rentenindex Rex stieg um 1,16 Prozent auf 133,05
Punkte. Der Bund-Future legte um kräftige 1,63
Prozent auf 147,53 Punkte zu./ck/nas
--- Von Claudia Müller, dpa-AFX ---
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