Ein Beispiel dafür ist die französische Aktienfondsboutique Comgest: „Bei uns werden Sie ESG oder Sustainability vergeblich im Namen der Fonds suchen“, sagt Dieter Wimmer, Leiter Sales Österreich. Trotzdem setzt sich die unabhängige Fondsgesellschaft schon seit vielen Jahren mit diesen Themen auseinander. Zunächst entwickelte man vor 30 Jahren eine Anlagephilosophie, die sich auf langfristiges Qualitätswachstum konzentriert. Dieser Ansatz investiert nur in Unternehmen, die in der Lage sind, nachhaltiges Ertragswachstum zu generieren. Man betreibt dabei Stock-Picking und konzentriert sich auf 30 bis 40 Unternehmen, deren Aktien im Schnitt mindestens drei bis fünf Jahre im Portfolio gehalten werden. Dieser Sichtweise liegt die Überzeugung zugrunde, dass nachhaltiges Wachstum des Gewinns je Aktie, in Verbindung mit hoher Rendite auf das investierte Kapital, überdurchschnittliche Erträge bei unterdurchschnittlichem Risiko bringt. „ESG wird seit 2005 in unseren Ansatz integriert und zwar mithilfe eines dreiköpfigen Teams, das sich nur extrafinanziellen Risiken widmet, also mit den Environmental, Social und Governance-Risiken beschäftigt“, so Wimmer. Die erfahrenen ESG-Analysten schreiben zunächst sogenannte Initiierungen und weisen den analysierten Unternehmen ein ESG-Qualitätsniveau zwischen 1 (ESG-Vorreiter) und 4 (ESG-Nachzügler) zu. „Dabei werden gute Unternehmen bei der Bewertung mit einem Abschlag beim Diskontierungsfaktor und damit höherem Fair Value belohnt, schlechte dagegen mit einem höheren Abzinsungsfaktor und geringerem Fair Value bestraft.“ Diese Abund Aufschläge differieren in Abhängigkeit von der Region, in der das Unternehmen tätig ist. So kann der Aufbzw. Abschlag für Schwellenländer noch um 100 Basispunkte über bzw. unter dem der Industrieländer liegen. Zwar arbeitet Comgest generell mit dem gesamten Aktienuniversum, verfügt aber über eine konzernweite Richtlinie zu bestimmten Bereichen wie kontroversen Waffen (Ausschluss von Unternehmen, die am Einsatz von Antipersonenminen oder Streumunition beteiligt sind) und Tabak (Ausschluss von Direktherstellern von Zigaretten, Zigarren, Dreh- und Pfeifentabak). Außerdem haben einige Branchen wie z.B. Rohstoffunternehmen, Banken oder Automobilkonzerne für die Portfolios keine Bedeutung, was sich allerdings schon aus dem Ansatz von Visibilität und langjährigem Gewinnwachstum heraus ergibt, wie Wimmer erklärt: „Nehmen wir das Beispiel eines Kohleförderers. Wir wissen nicht, wann einer den Stecker zieht und Kohlekraftwerke abgeschaltet werden. Dann macht das Unternehmen nicht nur keinen Gewinn mehr, es hat auch noch Altlasten zu tragen. Da macht es keinen Sinn, langfristig in so eine Aktie zu investieren.“

Sehr wohl Sinn macht es aber für Wimmer aber in Unternehmen zu veranlagen, deren ESG-Qualitätsniveau bei vier liegt, also noch verbesserungswürdig ist: „Wenn man nicht investiert ist, kann man auch nicht dazu beitragen, dass sich etwas ändert. Wir sehen unsere Engagement-Politik als wichtigen Pfeiler des verantwortlichen Investierens und treten bei der Erstaufnahme ins Portfolio in den Dialog mit dem Unternehmen. Unsere ESG-Analysten nehmen an Meetings mit Unternehmensvertretern teil, bei wesentlichen ESG-Vorfällen wirken wir aktiv auf die Unternehmen ein.“ Zum Engagement bei Comgest gehört auch die Stimmrechtsausübung bei Aktionärsversammlungen, wobei man sich dabei auch der Online-Plattform von Institutional Shareholder Services (ISS) bedient.

Ansonsten verlässt sich Comgest aber lieber auf hauseigene ESG-Kompetenzen, womit man richtig liegt. Immerhin wurde die Fondsboutique 2018 bereits zum fünften Mal in Folge von UN PRI (Prinzipien für verantwortliches Investieren = Investoreninitiative in Partnerschaft mit der Finanzinitiative des UNUmweltprogramms UNEP und dem UN Global Compact) für die Qualität und Umsetzung seiner Responsible Investment Policy mit der Top-Note A+ ausgezeichnet.