Welche neuen IPOs kommen nach der Börsennotierung von Porsche nach Deutschland?
03.02.2023 | 21:28
Trotz allgemeiner Marktunsicherheit konnte Porsche neue Akzente setzen. Mit einem Emissionsvolumen von 9,1 Milliarden Euro konnte der Automobilhersteller den zweitgrößten Börsengang des Jahres 2022 verzeichnen. Aktionäre konnten sich ebenfalls freuen: Der Kurswert ist von 82,50 Euro auf über 102,70 Euro innerhalb weniger Monate angestiegen.
(Abbildung: Google Finance)
Anleger stellen sich die Frage, was das Jahr 2023 in puncto IPOs zu bieten hat. Nach dem Blockbuster-Listing von Porsche befasst sich dieser Artikel mit den Unternehmen, die 2023 in die Fußstapfen des Automobilherstellers treten möchten und untersucht, ob Deutschland in den kommenden Monaten mit einer Erholung des IPO-Volumens rechnen kann.
Der deutsche IPO-Markt der vergangenen Jahre
2021 zählt international und in Deutschland als ein IPO-Rekordjahr. Deutschland hatte mit 30 Börsengängen und 4 SPAC-Emissionen seit 2007 nicht mehr so viele Börsenneulinge, wobei 22 Börsengänge direkt in Deutschland stattfanden. Die IPOs konnten insgesamt 9,3 Milliarden Euro allein in Deutschland einwerben, wobei das Emissionsvolumen an ausländischen Börsen weitere 1,8 Milliarden Euro einbrachte.
Leider konnte das Jahr 2022 nicht an den Rekord anknüpfen. De facto hat lediglich der Porsche IPO das schlechteste IPO-Jahr seit 2009 verhindert, da der Börsengang im Alleingang über 9,1 Milliarden Euro einbrachte. Zum Vergleich: Die größte Transaktion im Jahre 2021 war Vantage Towers mit 2,2 Milliarden Euro.
Leider sieht das Jahr 2023 nicht besser aus. Das wirtschaftliche Umfeld ist gekennzeichnet von Rezession, Inflation, Energiekrise und dem Krieg in der Ukraine. Die Wirtschaft wird laut Institut der deutschen Wirtschaft (IW) um rund ¾ % schrumpfen. Auch wenn die Auswirkungen nicht mit der Corona-Pandemie verglichen werden können, bleibt die Stimmung unter Unternehmen und Anlegern verhalten. Infolgedessen ist es unwahrscheinlich, dass wir im Jahre 2023 mit einem neuen IPO-Boom rechnen können – sowohl international als auch in Deutschland.
Dennoch bleibt ein Funken Hoffnung: Die Anzahl der Börsenaspiranten ist seit Jahren relativ hoch, sodass sich ändernde Gegebenheiten schnell in eine Vielzahl neuer Börsengänge münden können.
Wann können wir mit einem Aufschwung rechnen?
Wann sind Unternehmen wieder dazu bereit, den Börsengang zu wagen und Kapital einzuwerben? Hierbei spielen Zentralbanken eine entscheidende Rolle.
Shanna Strauss-Frank, stellvertretende Vertriebsleiterin bei Freedom Finance Deutschland, sagt hierzu Folgendes: „Damit Unternehmen das Vertrauen in einen Börsengang zurückgewinnen können, muss in erster Linie ein Abwärtstrend der Inflation eintreten. Da die Fed die Zinsen bei einer hohen Inflation anhebt, wirkt sich dies negativ auf die Bewertung von Wachstumsunternehmen aus, da die künftigen Erträge unter Druck geraten. Mit anderen Worten: Sobald die langfristigen Anleiherenditen zu fallen beginnen, könnte die Lockerung der Fed zu einem Ende des Rotationszyklus von Growth- zu Value-Stocks führen. All dies könnte die Marktvolatilität verringern und das Interesse an IPOs erneuern.“
Mögliche deutsche IPO-Kandidaten
Inflations- und Rezessionsängste sowie schwierige Marktbedingungen im Jahr 2023 schränken die Anzahl potenzieller IPO-Kandidaten deutlich ein. Im Folgenden eine Liste möglicher IPO-Anwärter aus Deutschland, die mittel- bis langfristig den Börsengang wagen könnten.
Lamborghini
Lamborghini gilt zwar als italienische Marke, gehört jedoch seit über 20 Jahren zur Volkswagen Gruppe. Nach dem Börsengang von Porsche brodelte die Gerüchteküche, ob auch Lamborghini in naher Zukunft den Börsengang plant. In einem Bloomberg-Interview im Dezember 2022 gab Lamborghini-CEO Stephan Winkelmann jedoch an, dass Lamborghini derzeit keinen IPO plane. Dementsprechend müssen sich Anleger wahrscheinlich noch über das Jahr 2023 hinaus gedulden.
Wintershall DEA
Das Tochterunternehmen von BASF ist auf die Suche, Förderung und den Transport von Gas und Öl spezialisiert. Wintershall steht bereits seit langem in den Startlöchern, was jedoch aufgrund des Kriegs in der Ukraine nicht umgesetzt werden konnte. Durch den Ukrainekrieg hat sich das Unternehmen umstrukturiert und bekanntgegeben, die Geschäfte in Russland zu entkonsolidieren. Es bleibt weiterhin unklar, wann der IPO stattfindet.
Internationale IPO-Kandidaten
Deutsche Anleger, die im Jahr 2023 von IPOs profitieren möchten, sind dazu angeraten, über den Tellerrand hinauszublicken. Internationale Fintech- und Online-Unternehmen übernehmen 2023 die Vorreiterrolle.
Stripe
Stripe, Inc. ist ein irisch-amerikanisches Finanzdienstleistungs- und SaaS-Unternehmen, dessen IPO bereits im Jahre 2022 ausführlich diskutiert wurde. Während der Pandemie verlagerte sich der Fokus in Richtung Online-Handel. Schätzungen zufolge können sich die Bewertungen nach dem IPO auf bis zu 100 Milliarden US-Dollar belaufen. Experten rechnen noch dieses Jahr mit dem Börsengang.
Klarna
Das schwedische Fintech-Unternehmen Klarna bietet Zahlungslösungen im Bereich E-Commerce an. Klarna ermöglicht Händlern, Zahlungen per Rechnung anzubieten und schießt diese gleichzeitig vor. Der Wert des Unternehmens ist 2022 aufgrund von Kreditausfällen von 45 auf rund 6 Milliarden US-Dollar gefallen. Es bleibt abzuwarten, ob Klarna mit dieser Bewertung den Börsengang wagt.
ByteDance/TikTok
Der chinesische Social-Media-Kanal TikTok hat sich innerhalb weniger Jahre zu einer der weltweit erfolgreichsten Plattformen entwickelt. Experten schätzen den Wert auf mittlerweile über 50 Milliarden US-Dollar, sodass ByteDance neben Stripe zu den wertvollsten Unternehmen gehören könnte, die 2023 den Börsengang wagen.
Reddit ist ein Social-Media-Forum, das vor allem in den USA überaus beliebt ist. Im August 2021 wurde Reddit nach einer Finanzierungsrunde von 410 Millionen US-Dollar mit über 10 Milliarden US-Dollar bewertet. Im Dezember 2021 wurde bei der SEC ein Registrierungsentwurf für den zukünftigen IPO eingereicht, jedoch ist der genaue Zeitpunkt weiterhin nicht bekannt.
Discord Inc.
Bei Discord handelt es sich um einen VoIP-Onlinedienst, der vornehmlich von Computerspielern genutzt wird. Discord hat inzwischen mehr als 250 Millionen registrierte Nutzer und wird auf einen Marktwert von rund 15 Milliarden US-Dollar geschätzt. Da der Börsengang bereits 2022 geplant war, könnte der IPO-Termin eventuell noch in diesem Jahr erfolgen.