HAMBURG (dpa-AFX) - Nach Ansicht des Präsidenten des Bundes der Steuerzahler, Reiner Holznagel, geht der durch betrügerische "Cum-Ex"-Geschäfte verursachte Schaden weit über den Steuerverlust hinaus. Die Steuerhinterziehungen in Milliardenhöhe durch Banken und Finanzunternehmen hätten auch Auswirkungen auf Steuermoral und Steuermentalität der Bürgerinnen und Bürger in Deutschland, sagte er am Freitag im Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zum "Cum-Ex"-Skandal.

Durch "Cum Cum"- und "Cum Ex"-Geschäfte sei in den vergangenen 15 Jahren nach Ansicht von Experten international ein Schaden in Höhe von 150 Milliarden Euro entstanden. "Für Deutschland gehen die Experten davon aus, dass ein Schaden von 30 Milliarden zu beklagen ist." Man spreche hier also "nicht von Peanuts, sondern von einem Betrag, der seinesgleichen sucht", sagte er.

"Im vergangenen Jahr hatte das Gesundheitsministerium einen kleineren Etat als diese Schadenssumme." Dieses Geld fehle nun in der Staatskasse. "Dieses Geld fehlt in der Pandemie, dieses Geld fehlt für wichtige Investitionen und dieses Geld müssen die ehrlichen Steuerzahlerinnen und Steuerzahler ausgleichen." Das wirke sich auf die Steuermentalität aus. "Zunehmend empfinden die Menschen eine Steuerungerechtigkeit", sagte Holznagel.

Bei "Cum Ex"- und "Cum Cum"-Geschäften verschoben Finanzakteure große Aktienpakete rund um den Dividenden-Stichtag in einem vertrackten System und ließen sich dann Steuern erstatten, die nie gezahlt wurden.

Der Steuerzahlerpräsident war als Sachverständiger vor den Ausschuss geladen. Zu der steuerlichen Behandlung der in den "Cum Ex"-Skandal verwickelten Hamburger Warburg Bank durch die Finanzbehörden der Hansestadt äußerte sich Holznagel nicht im Detail.

Der Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf einer möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die Behandlung der Warburg Bank klären. Hintergrund sind Treffen des damaligen Bürgermeisters und jetzigen Bundeskanzlers Olaf Scholz mit den Mitinhabern der Bank, Max Warburg und Christian Olearius, in den Jahren 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals schon Ermittlungen wegen des Verdachts der schweren Steuerhinterziehung.

Nach den ersten Treffen hatte das Finanzamt für Großunternehmen 2016 mit Ablauf der Verjährungsfrist zunächst auf Steuernachforderungen in Höhe von 47 Millionen Euro verzichtet. Weitere 43 Millionen Euro wurden 2017 erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert. Scholz hatte die Treffen im Untersuchungsausschuss eingeräumt, aber angegeben, sich an den Inhalt der Gespräche nicht erinnern zu können. Eine Einflussnahme auf das Steuerverfahren schloss er aber aus./fi/DP/stw

AXC0214 2022-01-21/16:40

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