FRANKFURT (dpa-AFX) - Trotz anhaltender Inflations- und Zinssorgen
hat der Dax am Donnerstag seine Anfangsverluste
wettgemacht. Der deutsche Leitindex schloss 0,15 Prozent höher bei
15 327,64 Punkten, nachdem er zeitweise um ein Prozent nachgegeben
hatte und auf den tiefsten Stand seit Anfang Februar gefallen war.
Zuletzt profitierte der Dax auch von einer etwas besseren Stimmung
an der Wall Street. Der MDax der mittelgroßen Werte
verlor dagegen 0,46 Prozent auf 28 447,23 Zähler. Inflationsdaten
aus dem Euroraum sorgten für einen kurzen Schockmoment am deutschen
Aktienmarkt.
Die hohe Teuerung in der Region hat sich im Februar zwar auf 8,5
Prozent und damit den vierten Monat in Folge abgeschwächt, aber
nicht so stark wie erhofft. Die Kerninflation, bei der
schwankungsanfällige Preise für Energie und Lebensmittel
herausgerechnet werden, stieg sogar überraschend auf den Rekordwert
von 5,6 Prozent. "Bei der Europäischen Zentralbank schrillen die
Alarmglocken", kommentierte Thomas Gitzel, Chefvolkswirt der VP
Bank. EZB-Chefin Christine Lagarde stellte am Donnerstag weitere
Leitzinserhöhungen über den März hinaus in Aussicht.
Aktien von zinssensiblen Immobilienkonzernen trotzten den
Inflationssorgen und legten zu. Positive Nachrichten für die Branche
kamen aus der Stadt Berlin, wo knapp drei Wochen nach der
Wiederholungswahl alles auf anstehende Koalitionsverhandlungen
zwischen der CDU und der SPD hindeutet. Die beiden Parteien
beabsichtigten wohl keine pauschale Enteignung von Immobilien,
sondern die Vergesellschaftung von Wohnimmobilien im Einzelfall
durch Ankauf, sagte ein Börsianer.
Die Umsetzung des erfolgreichen Volksentscheids zur Enteignung
großer Wohnungskonzerne war ein Streitthema zwischen den Parteien
der bisherigen rot-grün-roten Regierungskoalition in Berlin. Die
Diskussion hat auch die Aktien der Branche unter Druck gesetzt. Nun
gewannen die Papiere von LEG Immobilien an der
MDax-Spitze 2,8 Prozent. Die Anteilsscheine von TAG Immobilien
legten um 2,5 Prozent zu. Im Kielwasser dessen
schnellten die Aktien von Dic Asset mit einem Plus
von 9,1 Prozent an die Spitze des Nebenwerteindex SDax
, obwohl das Unternehmen auf Gewerbe- und nicht auf
Wohnimmobilien spezialisiert ist.
Nachrichten aus den Unternehmen gab es vor allem aus der
Chemiebranche: Am Dax-Ende sackten die Aktien von Covestro
um 6,2 Prozent ab. Der Kunststoffkonzern traut sich
in dem schwierigen Konjunkturumfeld keine konkrete Prognose für 2023
zu. Das operative Ergebnis dürfte im laufenden Jahr deutlich sinken,
gleiches gelte für den freien operativen Mittelzufluss.
Der Darmstädter Pharma- und Spezialchemiekonzern Merck KGaA
stellt sich nach einem Gewinnanstieg 2022 auf rauere
Zeiten ein. Die Prognose für das operative Ergebnis vor
Sondereffekten 2023 dürfte zu einer weiteren Kürzung der
Konsensschätzung führen, schrieb JPMogan-Analyst Richard Vosser. Das
sollte jedoch angesichts der jüngsten Kursverluste bereits im
Aktienkurs eingepreist sein. Entsprechend ging Merck letztlich sogar
1,1 Prozent höher aus dem Handel.
Der Industrie-Recycler Befesa hat nach einem
schwachen Schlussquartal seine Ergebnisprognose für 2022 verfehlt.
Hohe Energiekosten sorgten im abgelaufenen Jahresviertel sogar für
einen Gewinnrückgang. Einen Ausblick auf das neue Jahr gab Befesa
noch nicht. Die Aktien verloren als MDax-Schlusslicht 9,4 Prozent.
Kurz vor Börsenschluss sorgte ein leicht gesenktes Gewinnziel für
2024 von Grenke für Unmut. Der Leasingspezialist will
in den kommenden Jahren kräftig in die Digitalisierung investieren.
Erst 2025 sollen die Effizienzsteigerungen die Kosten der
IT-Investitionen übersteigen. Für Grenke ging es um 1,3 Prozent nach
unten.
Der EuroStoxx 50 als Leitindex der Eurozone schloss
0,59 Prozent höher bei 4240,59 Punkten. Für den französischen Cac 40
ging es um 0,7 Prozent nach oben, der britische FTSE
100 legte um 0,4 Prozent zu. Der New Yorker Dow Jones
Industrial stieg zum europäischen Handelsschluss,
angetrieben von starken Kursgewinnen bei Salesforce ,
um rund 0,3 Prozent. Für den technologielastigen Auswahlindex Nasdaq
100 ging es angesichts von Zinssorgen dagegen 0,6
Prozent abwärts.
Der Kurs des Euro gab weiter nach und notierte
zuletzt bei 1,0594 US-Dollar. Die Gemeinschaftswährung musste ihre
deutlichen Kursgewinne vom Vortag also wieder abgeben. Die
Europäische Zentralbank (EZB) setzte den Referenzkurs auf 1,0605
(Mittwoch: 1,0684) Dollar fest. Der Dollar kostete damit 0,9430
(0,9360) Euro.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von 2,76 Prozent am Vortag
auf 2,79 Prozent. Der Rentenindex Rex fiel um 0,28
Prozent auf 123,15 Punkte. Der Bund-Future verlor
0,18 Prozent auf 131,58 Punkte./niw/jha/
--- Von Nicklas Wolf, dpa-AFX ---
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