Estelle Alphand war einst eines der großen Talente im französischen Ski-Team. Die Tochter des Gesamtweltcup-Siegers von 1997, Luc Alphand, wechselte 2017 überraschend die Nation und startete fortan für Schweden, das Heimatland ihrer Mutter. Der sportliche Grund für diesen Schritt war offensichtlich, der menschliche kam erst jetzt ans Licht. In einem Interview mit "Le Monde" berichtet sie von "moralischer Belästigung" und "systematischen Schikanen" von Ex-Chefcoach Anthony Sechaud während seiner Amtszeit von 2014 bis 2018. "Diese Zeit war schrecklich", sagt sie. Trotz guter Leistungen habe sie Rennen verpasst – über Startentscheidungen habe sie oft erst aus den Medien erfahren. Wer beim Trainer nicht beliebt war, wurde degradiert oder erhielt schlechtere Betreuung. Worley stärkt Trainer den Rücken Ähnlich äußern sich weitere Ex-Teamkolleginnen. Marie Massios spricht von "sexuellen Beschimpfungen", Jennifer Piot von einer "Hölle". Einige Athletinnen seien sogar vertraglich in die zweite Reihe gezwungen worden. Séchaud selbst zeigt sich gegenüber "L' Équipe" "am Boden zerstört". Es habe Konflikte gegeben, aber keine bewusste Schikane. Unterstützung erhält er von Athletinnen wie der ehemaligen Riesentorlauf-Weltcupsiegerin Tessa Worley, die seine Methoden als fordernd, aber fair beschreibt und ihm "Integrität und Hingabe" bescheinigt. Der französische Skiverband hat sich bislang nicht zu den Vorwürfen geäußert.