---------------------------------------------------------------------
AKTUALISIERUNGS-HINWEIS
Neu: Reaktion Felbermayr, 6. und 7. Absatz
---------------------------------------------------------------------

Bei den Kollektivvertragsverhandlungen für die 135.000 Beschäftigten der Metalltechnischen Industrie hat es Donnerstagabend eine Einigung gegeben. Sie sieht eine durchschnittliche Erhöhung der Löhne und Gehälter um brutto 8,6 Prozent vor. Durch eine Staffelung bekommen die unteren Einkommensbezieher zehn Prozent mehr. Die Vereinbarung gilt für zwei Jahre, wobei im zweiten Jahr ein Prozent auf die rollierende Inflation drauf geschlagen wird.

Der neue Brutto-Mindestlohn bzw. das Mindestgrundgehalt liegt nun bei 2.426,23 Euro. Bis zu einem Bruttoeinkommen von knapp 4.200 Euro gilt die Erhöhung von 10 Prozent, danach schmilzt sie ab auf ein maximales Plus von 400 Euro pro Monat. Bei knapp 8.000 Euro liegt das Einkommensplus bei 5,5 Prozent brutto. Im ersten Lehrjahr steigt das Einkommen auf 1.000 Euro.

Arbeitgeber-Obmann Christian Knill meinte nach der Einigung in Richtung politisch Verantwortlicher: "Die Bundesregierung ist nun aufgerufen, rasch Maßnahmen zur Stärkung des Wirtschaftsstandortes umzusetzen. Wir erwarten uns konkret eine deutliche Senkung der Lohnnebenkosten und eine stärkere Inflationsbekämpfung, denn nur so ist dieser Abschluss für die Branche auf Sicht zu finanzieren."

Reinhold Binder, Verhandlungsleiter der PRO-GE, sprach nach dem Feilschen vom härtesten Arbeitskampf seit 60 Jahren. Die Teuerung sei abgegolten und nicht nachhaltige Einmalzahlungen verhindert worden. Sein Kollege Karl Dürtscher (GPA) ergänzte, dass bei dem Abschluss Besserverdiener solidarisch mit den unteren Einkommensklassen seien. 2025 gebe es dann eine lineare Erhöhung für alle Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer.

Einen kleinen Schönheitsfehler hat die heutige Einigung noch. Offiziell ist der Abschluss noch nicht wirksam, er gilt vorbehaltlich der konkreten Ausgestaltung der neuen, sogenannten Wettbewerbssicherungsklausel. Sie soll für Betriebe mit hoher Personalkostenbelastung gelten und ermögliche die Reduktion der IST-Erhöhung. Darüber wird nun weiter verhandelt, beide Seiten zeigten sich aber zuversichtlich dass sie sich hier finden werden.

Lob für die Sozialpartner in der Metallindustrie kam heute von Wifo-Direktor Gabriel Felbermayr. Er meinte in der "ZIB2": "Das ist wirklich ein guter Abschluss." Beide Seiten hätten sich auf Neues eingelassen. "Das war ein ganz wichtiges Signal, dass unsere Sozialpartnerschaft noch funktioniert", so der Ökonom.

Bei den kleinen Einkommen würde die Inflation voll abgegolten, inklusive eines kleinen Plus. Allerdings sei ein Abschluss gefunden worden, der historisch hoch sei und die Industrie vor einige Herausforderungen stelle. Die Einigung für 2025 auf die rollierende Inflation plus ein Prozent sei für beide Seiten aufgrund der Unwägbarkeiten der Entwicklung der Teuerung riskant.

Für die heutige Einigung waren acht Verhandlungsrunden notwendig, gestartet wurde das Feilschen um den Kollektivvertrag (KV) am 25. September. Er gilt nun ab 1. November 2023 für zwei Jahre. Ein Abschluss für länger als ein Jahr ist ein Novum bei den Metallern. Zuvor gab es Streiks in zahlreichen Betrieben des Fachverbandes der Metalltechnischen Industrie. Beim Handel mit seinen rund 450.000 Beschäftigten steht eine KV-Einigung noch aus, hier gibt es diese Woche noch Warnstreiks.

Und so sieht die neue Gehaltstabelle für die Metalltechnische Industrie rückwirkend mit 1. November in groben Zügen aus: In der untersten Einkommensgruppe steigt der Bruttogehalt von 2.236 auf 2.426 Euro. Bis zu einem Einkommen von bisher 3.791 Euro gibt es ein Lohnplus von zehn Prozent, eine Lohnstufe höher von 9,6 Prozent, also der rollierenden Inflation, die Basis für die heurigen KV-Verhandlungen war. Eine weitere Gehaltsstufe höher liegt das Plus bei 7,9 Prozent. Die Deckelung der Gehaltserhöhung mit 400 Euro greift ab einem Einkommen von bisher rund 4.150 Euro.

Zu der Wettbewerbssicherungs-Klausel hießt es von den Arbeitgebern, diese sei für "Härtefälle" vorgesehen. "Abhängig von der Personalkostenbelastung des jeweiligen Unternehmens kann für einen Teil der nachhaltigen Erhöhung auf betrieblicher Ebene im Rahmen eines Interessenausgleiches eine Kompensation in Form von Einmalzahlungen, Freizeit oder Aus- und Fortbildungsmaßnahmen vereinbart werden. Details dazu sind in den nächsten Tagen noch zu vereinbaren."

Zusammengefunden haben Donnerstagnacht noch die Metallindustrie-Verbände Bergbau/Stahlindustrie und die Nichteisen-Metallindustrie. Wie erwartet liegt der Abschluss auf dem Niveau der heutigen Einigung in der Metalltechnischen Industrie. Auch hier wurde eine Härtefallklausel vereinbart und somit ein Kompromiss unter Vorbehalt besiegelt.

Eine Einigung gab es heute auch beim KV für die Bewachungsbranche, die Mindestlöhne und Zulagen steigen um 9,2 Prozent. Die Nachtzulage soll um 37 Prozent erhöht werden. In dem Gewerbe sind rund 15.000 Personen beschäftigt.

Keinen Kompromiss gab es bei den Verhandlungen für die Fahrradboten. "2,5 Prozent-Angebot der Arbeitgeber ist Schlag ins Gesicht der Beschäftigten", meinte dazu heute die Gewerkschaft vida. Die Kollektivvertragsverhandlungen wurden bis 11. Jänner 2024 unterbrochen. Auch die vierte Runde der Kollektivvertragsverhandlungen der A1 Telekom Austria führte zu keiner Einigung.

Eine Bezahlung unter Kollektivvertrag ist in Österreich verboten. Der KV gilt auch für die Leiharbeitsbranche und regelt neben der Bezahlung auch das Rahmenrecht, also zum Beispiel Urlaub und Zuschläge.

(Redaktionelle Hinweise: GRAFIK 1573-23, 88 x 80 mm) stf/bei

 ISIN   
 WEB   https://www.proge.at
       https://news.wko.at/presse
       http://www.vida.at

Copyright APA. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von APA ist nicht gestattet.