Das Für und Wider der Aktie ist derzeit präzise zu benennen. Das zentrale Argument für die Aktie ist in einem inflationären Umfeld ihre Eigenschaft als Sachwert. Diese Eigenschaft teilt sie sich mit Anlageformen wie Gold und Immobilien, die als Wertspeicher in Zeiten von Inflation empfohlen werden. Ihr Wert ist nicht nominell fixiert wie es bei einer Anleihe der Fall ist. Hat eine Anleihe einen Nominalwert von 1000 Euro und eine Laufzeit von sieben Jahren, erhält man genau diese 1000 Euro nach sieben Jahren zurück. Der reale Wert dieser 1000 Euro, das heißt ihre Kaufkraft, kann durch Inflation in der Zeit auf einen Bruchteil reduziert worden sein.

Anders bei Sachwerten: Ihr Wert bemisst sich vereinfacht gesprochen in Kaufkraft, sodass er mit der Inflation steigt. Das gilt insbesondere bei mittel- und langfristiger Betrachtung. Kurzfristig kann die Inflation Investoren verunsichern und insbesondere Aktienkurse belasten. Langfristige Anleger nutzen das, um günstig zuzukaufen.

Wider die Aktie hingegen spricht, dass zentrale Bewertungsmodelle für Aktien stark vom Zinsniveau abhängen. Steigt das Zinsniveau, sinkt der heutige Wert zukünftiger Gewinne – und damit der Wert der Aktie. Auch die Gefahr einer Rezession in den großen Wirtschaftsräumen, wie den USA oder der EU, ist noch nicht gebannt. Sinken die Unternehmensgewinne, sinken auch die Aktienkurse. Doch auch hier gilt: Wer mit langfristigem Zeithorizont investiert, kann in einer solchen Phase zu attraktiven Kursen Aktien aufstocken.

Vor dem Hintergrund, dass Inflation das Vermögen dauerhaft dezimieren kann, während ein Bärenmarkt temporär ist, überwiegen im aktuellen Umfeld die Vorzüge der Aktie. Die Anschlussfrage lautet nun, ob sie auch im Vergleich mit anderen Anlageinstrumenten überzeugen kann.

An dieser Stelle muss man konstatieren: Der Zinsanstieg des letzten Jahres stellt am Kapitalmarkt einen Paradigmenwechsel dar. Die Zinsen für zehnjährige deutsche Staatsanleihen sind in 2022 von minus 0,17 auf 2,57% gestiegen. Für den umgekehrten Weg – von 2,57 auf minus 0,17% – brauchte die Börse knapp acht Jahre: Von Juli 2011 bis Mai 2019! Nach vielen mageren Jahren ohne Zinsen lässt sich mit Anleihen wieder eine Rendite erzielen. Damit wird der Anfang vom Ende der Devise TINA (There Is No Alternative) eingeläutet, die in den letzten Jahren für Aktien galt. Noch ist es aber nicht ganz so weit: Neben dem absoluten Zinsniveau muss man auch den sogenannten Realzins berücksichtigen, also das Zinsniveau abzüglich Inflation. Dieser ist so negativ wie zuletzt in den 1980er Jahren.

Das spricht für die Aktie, weil man bei einer Investition in Anleihen trotz positiver Zinsen durch die Inflation real Geld verliert. Doch es gibt Ausnahmen: Mit Anleihen, deren Rendite höher als die Inflation ist, lässt sich bereits jetzt real Geld verdienen. Derzeit sind das insbesondere Hochzinsanleihen. Ebbt die Inflation zukünftig ab und man kann auch mit Anleihen guter Bonität wieder Geld verdienen, werden mehr Investoren in Anleihen umschichten – zulasten von Aktien.

Doch nicht nur Anleihen buhlen mittlerweile mit guten Argumenten um die Gunst der Anleger. Wer bisher davon ausging, dass ein Portfolio mit einer Mischung aus Aktien und Anleihen gut diversifiziert sei, wurde 2022 eines Besseren belehrt: Während der MSCI World in Euro minus 12,8 Prozent verlor, war das Minus bei europäischen Anleihen guter Bonität mit minus 17,2 Prozent sogar größer – von Diversifikation keine Spur. Aus dieser Erfahrung haben viele Investoren gelernt. Sie schauen sich nach sogenannten Liquid Alternatives um, die einen positiven Ertrag erzielen können – unabhängig davon, ob die Märkte steigen oder fallen. Trendfolge ist eine Strategie, der das letztes Jahr besonders gut gelang. Sie basiert darauf, Trends am Kapitalmarkt zu erkennen und sich entlang derselben zu positionieren. Im vergangenen Jahr mit starken Trends in allen Anlageklassen haben einige Trendfolger Renditen von um die 15 Prozent erwirtschaftet!

Wie lautet also die Conclusio? Gerade in inflationären Zeiten gehört die Aktie in jedes Portfolio. Als Sachwert ist sie bestens geeignet, das Vermögen vor den negativen Effekten der Inflation zu bewahren. Gleichzeitig sorgen die gestiegenen Zinsen dafür, dass Anleihen an Attraktivität gewinnen. Anleihen, deren Rendite höher ist als die Inflation, können bereits vorsichtig gewichtet ins Portfolio aufgenommen werden. Liquid Alternatives sollten zu Diversifikationszwecken im Portfolio positioniert sein. Die Entwicklung des Realzinses sollte man im Auge behalten. Wird dieser positiv, muss man TINA endgültig Lebewohl sagen. 

Diesen und weitere Vermögensverwalter mit Meinungen und Anlagestrategien finden Sie auf www.v-check.de.

 

Aus dem Börse Express PDF vom 27.02.2023 

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