Staatsanwalt Alexander Marchart hat heute kurz auf die Angriffe der Grasser-Verteidigung reagiert: Er werde das Ganze an die Oberstaatsanwaltschaft zur Prüfung weiterleiten. Diese werde auch gleich eine "allfällige Verleumdung" durch die hier aufgestellten "Behauptungen" der Grasser-Verteidiger prüfen, "die schlicht und ergreifend den Tatsachen widersprechen", sagte er.

Es geht darum, dass das Oberlandesgericht Wien die Anklage zu den Themen Buwog und Linzer Terminal Tower genehmigt hatte, einen weiteren Anklagepunkt in dem Komplex aber zur weiteren Ermittlung an die Staatsanwaltschaft zurückgewiesen hatte. Zu dieser Causa, nämlich zur Frage ob der damalige Finanzminister Karl-Heinz Grasser (FPÖ/ÖVP) alles notwendige zur Erlösmaximierung bei der Privatisierung der Bundeswohnungen tat ("35-Mio-Euro-Faktum"), führt die Staatsanwaltschaft nun weitere Vernehmungen durch.

Die Staatsanwaltschaft erfülle damit den Auftrag des Oberlandesgerichts, weiter zu ermitteln, sagte Staatsanwalt Marchart. Befragt wurde unter anderem Heinrich Traumüller, was die Verteidiger von Grasser ebenfalls monierten. Traumüller war früher Kabinettschef von Grasser im Finanzministerium. Traumüller steht auch im laufenden Buwog-Strafverfahren auf der Zeugenliste.

Grassers Anwalt Norbert Wess meldete sich nochmal zu Wort und sagte, es gehe darum dass die Protokolle der Einvernahmen teilweise ein Jahr lang nicht zum Akt genommen worden seien. Traumüller sei zu Punkten befragt worden, die auch im laufenden Verfahren behandelt würden. Marchart sah in den Aussagen von Wess ein "Zurückrudern", da er nun Verleumdung durch die Anwälte prüfen lassen werde.

Zur Untermauerung ihres Antrags zur Prüfung eines möglichen Amtsmissbrauchs durch die Staatsanwaltschaft haben die Grasser-Verteidiger sieben Strafrechtsprofessoren befragt. Deren "Gutachten" bzw. "gutachterliche Stellungnahmen" wurden dem Gericht von den Grasser-Verteidigern vorgelegt. Befragt wurden die Professoren Alois Birklbauer von der Johannes-Kepler-Universität in Linz, Severin Glaser von der WU Wien, Robert Kert von der WU Wien, Kurt Schmoller von der Universität Salzburg, Klaus Schwaighofer von der Universität Innsbruck und Alexander Tipold von der Universität Wien. Die Grasser-Verteidiger betonen, die Professoren kämen alle zu dem Ergebnis, dass das Vorgehen der Staatsanwaltschaft klar dem Gesetz widerspreche und "eine Strafbarkeit wegen des Missbrauchs der Amtsgewalt im Raum steht", heißt es im Antrag der Verteidiger an das Gericht.

Weiters monieren die Grasser-Anwälte, dass im Akt ein Aktenvermerk betreffend eines Schreibens des früheren Verteidigers von Peter Hochegger an die Wirtschafts- und Korruptionsstaatsanwaltschaft fehle.

Sie stellen u.a. den Antrag, dass das Schöffengericht feststelle, dass Grasser durch die Vorgänge in seinem Grundrecht auf ein faires Verfahren gemäß Artikel 6 der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) verletzt worden sei.

In einer Verhandlungspause trat auch Grassers Anwalt Manfred Ainedter vor die Kameras und Mikrofone und warf ebenfalls den Staatsanwälten mutmaßlich rechtswidriges Verhalten vor. Er glaube, dass die Staatsanwaltschaft hier endgültig den Boden der Rechtsstaatlichkeit verlassen habe.

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