Bundesregierung ist gefordert gute rechtliche Rahmenbedingungen zu schaffen, Haushalte und kleine & mittlere Unternehmen sollen nicht länger für die Gasinfrastruktur zur Kasse gebeten werden

Die Verbrennung von fossilem Gas ist für etwa ein Fünftel der Treibhausgasemissionen Österreichs verantwortlich. Damit Österreich bis 2040 Klimaneutral werden kann, bedeutet das, es ist auch ein großangelegter Umbau der Gasinfrastruktur erforderlich. GLOBAL 2000 hat diesen in einer Studie untersucht: „Bis jetzt wurde die Gasinfrastruktur immer nur ausgebaut, aber der Wendepunkt ist erreicht. Jetzt geht es um einen Umbau, Stilllegungen und Rückbau damit die Klimaziele erreicht werden können. Gleichzeitig gilt es ein erneuerbares Energiesystem aufzubauen. Dafür braucht es auch die richtigen rechtlichen Rahmenbedingungen, wir fordern daher auch die Abschaffung der Gasanschlusspflicht, die einfach nicht mehr zeitgemäß ist und eine koordinierte Planung, damit eine klimafreundliche Energieversorgung für alle möglich wird“, so Johannes Wahlmüller, Klima- und Energiesprecher von GLOBAL 2000.

Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen zahlen für die Gasinfrastruktur

Die Gasinfrastruktur in Österreich hat eine Länge von 47.000 km und ist damit länger als der Erdumfang (40.047 km). Auch die letzten 20 Jahre, als wir bereits Klimaziele hatten, wurde noch eifrig erweitert. Alleine die Verteilnetzebene 3, an der die Haushalte und kleine und mittlere Unternehmen angeschlossen sind, wurde in den letzten 20 Jahren um 43 % ausgebaut.

In Summe wurden in den letzten 10 Jahren 3 Milliarden Euro in den Ausbau Investiert, ein Drittel davon in Fernleitungen, die auch die Industrie mit Gas versorgen. Der Ausbau wird durch die Netznutzungsentgelte refinanziert. Diese betragen in Österreich jährlich mehr als eine halbe Milliarde Euro (530 Mio.) und 52 % der Erlöse stammen von Haushalten, die aber nur für 19 % des Gasverbrauchs verantwortlich sind. Von diesem Verteilschlüssel profitiert die Großindustrie und die Energiewirtschaft. „Gerade große Unternehmen und Teile der Energiewirtschaft blockieren daher immer wieder Initiativen für den Gasausstieg, weil sie nicht wollen, dass sie einen größeren Teil der Rechnung zahlen müssen. Das ist nicht nur klimaschädlich sondern auch höchst ungerecht“, so Johannes Wahlmüller weiter.

Kompletter Umbau erforderlich

Die Studie von GLOBAL 2000 zeigt, dass erneuerbare Gase nur einen kleinen Teil des bisherigen Gasverbrauchs decken können und diese Mengen vor allem in der Industrie gebraucht werden wird. Es wird also eine Umrüstung der hochrangigen Leitungsinfrastruktur benötigen, damit dort grüner Wasserstoff an die Großabnehmer fließen kann. In der Verteilnetzebene 3, wo Haushalte, kleine und mittlere Unternehmen angeschlossen sind, wird hingegen ein Großteil der Gasleitungen überflüssig weil es dort bessere und günstigere Alternativen gibt. Es braucht daher klare Rahmenbedingungen, damit eine Stilllegung und alternative Angebote gezielt und koordiniert ausgebaut werden können. Diese sind jedoch derzeit nicht gegeben.

Rechtliche Rahmenbedingungen erforderlich

ÖKOBÜRO konnte in einer Studie feststellen, dass der derzeitige Rechtsrahmen noch umfassend auf die Verwendung von fossilem Gas ausgerichtet ist. Statt den notwendigen Um- und Rückbau zu ermöglichen, sieht das derzeitige Rechtssystem Betriebs- und Ausbaupflichten der Erdgasnetze sowie eine Gasanschlusspflicht vor. Damit wird es selbst denjenigen Energieunternehmen schwer gemacht, die ihr Gasnetz an die Erfordernisse der Energiewende anpassen wollen.

Internationale Beispiele zeigen, dass in anderen Ländern der Rechtsrahmen bereits angepasst wird, um den nötigen Umbau der Gasinfrastruktur zu ermöglichen. Wichtig dabei ist, dass die Versorgungssicherheit berücksichtigt wird. Außerdem muss gewährleistet werden, dass bei diesem Umstieg die Grundrechte der Betroffenen gewahrt werden und der Verbraucherschutz sichergestellt ist, etwa durch die Berücksichtigung von vorhandenen erneuerbaren Alternativen, die frühzeitige Einbindung aller Interessensgruppen und eine koordinierte Planung. Das garantiert auch, dass nicht einzelne im Netz verbleibende Kund:innen die gesamten Netzerhaltungskosten plötzlich alleine aufbringen müssen.

Waren die geltenden Verpflichtungen der Gasnetzbetreiber:innen aufgrund ihrer Monopolstellung in der Wärmeversorgung bisher erforderlich, ist diese Rechtslage durch die Verfügbarkeit von erneuerbaren Energieträgern mittlerweile überholt. Auch das EU-Recht ist dazu noch nicht ausreichend angepasst. Sarah Kofler, Umweltjuristin bei ÖKOBÜRO, hält daher fest: „Es liegt am österreichischen Gesetzgeber, durch eine Anpassung des Gaswirtschaftsgesetzes und anderen relevanten Bestimmungen jetzt für die dringend benötigte Rechts- und Planungssicherheit zu sorgen.“

Die Studien stehen hier zum Download bereit!
GLOBAL 2000 Studie Gasinfrastruktur
ÖKOBÜRO Studie rechtliche Lage Gasinfrastruktur