Höherer Rechnungszinssatz reduziert Pensionsverpflichtungen

Laut den Versicherungsmathematikern der Mensch & Kuhnert GmbH sind die Pensionsverpflichtungen der DAX-40-Unternehmen primär wegen der deutlichen Erhöhung des Rechnungszinssatzes gesunken. Dies bestätigt auch Thomas Hagemann, Chefaktuar von Mercer Deutschland. „Das Zinsniveau hat sich auch im Jahr 2021 sehr volatil entwickelt. Im Vergleich zum extrem niedrigen Zinssatz zum Ende des Jahres 2020 hat sich der Zins schließlich deutlich erholt“, so Hagemann.

Die Zinsstrukturkurve für die Bewertung von Pensionsverpflichtungen im IFRS-Abschluss ermittelt Mercer mit der sogenannten Mercer Yield Curve. Zum Stichtag 31.12.2021 ist der Rechnungszinssatz demnach im letzten Jahr von 1,17 Prozent auf 1,47 Prozent gestiegen. „Die tatsächliche Zinsveränderung in den einzelnen Unternehmen hängt von der Bestandszusammensetzung und dem gewählten Zinsermittlungsverfahren ab. Die meisten DAX-Unternehmen haben ihren Zinssatz um 0,3 bis 0,5 Prozentpunkte angehoben“, erklärt Hagemann.

Anpassung der Inflationsannahme

Im Jahr 2021 musste zudem ein Teil der DAX-40-Unternehmen ihre Inflationsannahme anpassen. Entscheidend bei der Bewertung der Pensionsverpflichtungen ist jedoch die langfristige Inflationserwartung, die von der aktuell hohen Inflationsrate nur geringfügig beeinflusst wird. Die Einführung garantierter Rentenerhöhungen anstelle eines Inflationsausgleichs und die Zunahme von Kapitalzusagen sorgen außerdem dafür, dass die Inflationsannahme für die Rentenanpassungen weniger bedeutend sind. Ein Großteil der DAX-40-Unternehmen musste seine Inflationsannahme deshalb lediglich um 0,0 bis 0,2 Prozent anpassen.

Rein bilanzielle Bewertung der Pensionsverpflichtungen

Die Ökonomen erklären überdies, dass die Entwicklung der Pensionsverpflichtungen eine bilanzielle Bewertung ist. Weil die Pensionsverpflichtungen selbst nur in Ausnahmefällen zinsabhängig sind, werden die späteren Zahlungen durch die derzeitige Zinsentwicklung grundsätzlich nicht beeinflusst. Auch die Unternehmensergebnisse werden nicht belastet, weil die bilanziellen Effekte der Zinsänderungen erfolgsneutral erfasst werden.

Wirtschaftliche Erholung erhöht Pensionsvermögen

Die Pensionsvermögen der DAX-40-Unternehmen entwickelten sich im Jahr 2021 trotz der gegenläufigen Effekte positiv. Besonders die Covid-19-Impfkampagnen in den Industrieländern führte zu einer wirtschaftlichen Erholung. Auch die Vereidigung von Joe Biden als US-Präsident und der nahezu zwischenfallfreie Austritt des Vereinigten Königreiches aus der Europäischen Union (EU) sorgten dafür, dass wichtige Wirtschaftsräume nicht politisch destabilisiert wurden. Die Erholung der Wirtschaft flachte in der zweiten Jahreshälfte jedoch ab, weil in mehreren Industrieländern Covid-19-Einschränkungen wieder eingeführt wurden. Es entstanden dadurch Probleme in den globalen Lieferketten, die in zahlreichen Branchen zu Engpässen  führten.

 „Nach einem turbulenten Jahr 2020 war das Jahr 2021 geprägt durch eine weitestgehend anhaltende wirtschaftliche Erholung, insbesondere getrieben durch die Bereitstellung von Covid-19-Impfstoffen zu Jahresbeginn. Dagegen standen in der zweiten Jahreshälfte eine deutlich weniger expansive Geldpolitik, steigende Inflation sowie die angespannten globalen Lieferketten im Fokus. So zeigte sich insgesamt ein wechselhaftes Bild. Die Aktienmärkte haben sich 2021 positiv entwickelt, während es im Anleihenbereich Verluste gab“ konstatiert Jeffrey Dissmann, Leiter Investment Consulting in Deutschland bei Mercer.

Insgesamt konnte sich die Wirtschaft im Jahr 2021 trotz der anhaltenden Probleme erholen. Deutlich wird dies unter anderem an den hohen Renditen auf den Finanzmärkten, etwa am MSCI World Index, der im letzten Jahr um 31,1 Prozent an Wert gewonnen hat. „Es kam bei den Unternehmen im Jahr 2021 also insbesondere auf die Risikobereitschaft in der Kapitalanlage an. Investoren konnten durch hohe Allokationen in Aktien ihre Bedeckung merklich steigern.“, erklärt Dissmann.

Hoher Deckungsgrad bei Pensionsverpflichtungen

Das Verhältnis von Pensionsvermögen zu Pensionsverpflichtungen, also der Deckungsgrad, ist im Jahr 2021 auf 72 Prozent gestiegen. Im Vorjahr lag dieser bei den heutigen DAX-40-Unternehmen noch bei etwa 64 Prozent. Analysten erklären jedoch, dass ein so hoher Deckungsgrad nicht repräsentativ für die gesamte deutsche Wirtschaft ist, weil Unternehmen nicht dazu verpflichtet sind, Pensionsvermögen zu bilden.

Die Insolvenzsicherung der Pensionszahlungen erfolgt in Deutschland über den Pensions-Sicherungs-Verein und nicht über die Pensionsvermögen der Unternehmen. Es ist aber nicht selten, dass Unternehmen sich aus bilanziellen Gründen für eine Ausfinanzierung entscheiden.