Der Stimmungsumschwung ist vor allem einer Anlegergruppe zu verdanken: Den Notenbanken. Wieder einmal. Mit über 3 Billionen $ hat die Fed im ersten Halbjahr die Bilanz ausgeweitet und damit alle anderen QE-Programme bagatellisiert. Die EZB und alle anderen Notenbanken fluten die Märkte ebenso mit billigem Geld und finanzieren so unter anderem auch die „Bazooka“ von Finanzminister Scholz. Und das für lau bzw. teilweise sogar für negative Zinsen. Geld spielt keine Rolle mehr. Dies zeigt sich auch am US-Defizit. Allein im Juni betrug das Defizit über 800 Milliarden $. Seit Jahresbeginn erhöhten sich die Schulden um etwa 3 Billionen auf über 26 Billionen Gesamtschulden. Unvorstellbare Summen und noch lange nicht das Ende der Fahnenstange.

Kein Wunder also, dass weltweit die Sorge vor einer Geldentwertung zunimmt und Sachwerte wie Gold, Immobilien und vor allem Aktien gefragt sind. Die Rechnung erscheint einfach: Bei einer Dividendenrendite von 2,5% werden auf Sicht von 10 Jahren allein 25% verdient. Inflationsausgleich, Kurssteigerungen sowie eine Erhöhung der Dividende noch nicht berücksichtigt. Ein deutlicher Vorteil also zu Sparguthaben, das in der gleichen Zeit gar keinen Zins bringt – wo sogar Geldentwertung und Negativzinsen drohen. Und ein Puffer, mit dem man Schwankungen doch gleich viel leichter aushält.

Alles positiv also? Mitnichten! Denn viele Probleme und Sorgen wurden nur übertüncht. So ist bereits in den letzten Jahren beidseits des Atlantiks die Quote der Zombie-Firmen, also der Unternehmen, die ihre Zins- und Tilgungsleistungen nicht verdienen, deutlich gestiegen. Am Leben gehalten werden diese Gesellschaften nur durch billiges Geld. Die Kehrseite der Medaille also. Und langfristig nicht wirklich gut.

Hinzu kommt: Wie schnell sich die Arbeitslosigkeit und Kurzarbeit und damit das Verbrauchervertrauen wieder normalisieren, wird sich zeigen müssen. Die Konsumausgaben sind durch staatliche Hilfen stabil geblieben. Ob dies längerfristig greift, bleibt vage. Und ob die am meisten Betroffenen Sektoren Tourismus und Verkehr sich jemals wieder auf das Vorkrisenniveau erholen, ist sowieso offen. Zweitrundeneffekte sind daher jederzeit möglich. Ebenfalls nicht beachtet werden derzeit die ungelösten Konflikte der vergangenen Jahre. Weder Brexit noch der Handelskonflikt sind beseitigt. Auch geopolitisch köcheln die Spannungen vor sich hin. Die Unsicherheit bleibt also weiterhin hoch und kann jederzeit zu erneuten Verwerfungen führen.

Der EuroStoxx50 stand zu Jahresbeginn bei etwa 3800 Punkten. Im aktuellen Tief im März mit ca. 2300 Punkten lag das Minus bei etwa 40%, was einen durchschnittlichen Rückgang wie in den letzten Rezessionen entspricht. Seitdem hat er sich um über 40% erholt. Notiert aber dennoch seit dem 01.01. etwa 13% im Minus. Eine Rechnung die verdeutlicht, wie wichtig „Risiken begrenzen“ ist. Auf der anderen Seite haben Anleger, die nicht investiert haben, eine erhebliche Renditechance verpasst.

Es gibt also große Risiken, aber auch enorme Chancen. Man muss investiert sein, um langfristig von den Aktienrenditen profitieren zu können. Im ersten Halbjahr haben risikoadjustierte Aktienstrategien ihren Mehrwert zeigen können. Vor der aktuellen Gemengenlage und volatilen Bewegungen an den Aktienbörsen bieten sie auch in den kommenden Monaten eine, besonders unter Chance-Risiko-Aspekten, ernsthafte Alternative zu ETF`s. Denn grundsätzlich gilt weiterhin: Nicht investiert zu sein, ist ebenfalls ein enormes Risiko.