19. Dezember 2018. FRANKFURT (Börse Frankfurt). Mit der letzten Stimmungserhebung für dieses Jahr steht auch das letzte große Ereignisrisiko seitens der Notenbanken

an. Bereits vor der heutigen Sitzung des Offenmarktausschusses der US-Notenbank gab es allerhand Ratschläge, allen voran von US-Präsident Donald Trump. Dieser äußerte

nämlich gestern in einem Tweet, er hoffe, "die Leute bei der Fed" würden nicht noch einen weiteren Fehler machen. Mit diesem Fehler ist eine abermalige Zinserhöhung im

Zuge der heute endenden Fed-Sitzung gemeint. Aber nicht nur Donald Trump, sondern mit ihm vermutlich auch viele andere Börsianer und Kommentatoren hoffen, die

Notenbank möge - wenn sie vielleicht auch heute Abend dem jüngsten Aufruf des US-Präsidenten aus Gründen der Unabhängigkeit nicht direkt Folge leistet - zumindest ihre

Wortwahl dahingehend ändern, dass sie das Tempo weiterer Zinsschritte verringert oder sogar für 2019 eine längere Pause ankündigt. Denn die Investoren sind derzeit

ausgesprochen besorgt. Schenkt man einer Umfrage von BofA Merrill Lynch unter Fondsmanagern Glauben, die gestern publiziert wurde, sind 53 Prozent der Befragten der

Meinung, dass sich das globale Wachstum in den kommenden zwölf Monaten abschwächen werde, ein Prozentsatz so hoch wie zuletzt im Jahre 2008.

Was aber macht die Stimmung der mittelfristig orientierten institutionellen Anleger am letzten Erhebungstag, an dem wir - und das ist ein Novum seit Beginn unserer

Aufzeichnungen - stichtagsbezogen den niedrigsten Kurs des Jahres verbuchen müssen? Der Börse Frankfurt Sentiment-Index zeigt immer noch recht furchtlose Investoren,

deren Stimmungsbarometer um 3 Punkte auf einen Stand von +22 Punkte gestiegen ist. Aber nicht, weil die Zahl der Optimisten gestiegen wäre. Vielmehr haben Bullen und

Bären (letztere nicht ganz so stark) ihre Positionen wohl angesichts der bevorstehenden Feiertage reduziert. Aber auch weil Optimisten und Pessimisten gegenüber der

Vorwoche Gelegenheit bekamen, ihre Engagements günstig zu verkaufen. Denn mit knapp 10.960 Zählern ergab sich für die Bullen immerhin ein Plus von zeitweise 1 Prozent,

und auch die Bären konnten ausstehende Engagements im besten Fall mit einem Vorteil von 1,4 Prozent seit der vergangenen Stimmungserhebung glattstellen.

Privatanleger auf dem Rückzug

Bei den Privatanlegern hat sich der Optimismus indes ein drittes Mal in Folge leicht zurück gebildet, was an einem um 8 Punkte verringerten Börse Frankfurt Sentiment-

Index, der nunmehr bei +5 Punkte rangiert, sichtbar wird. In dieser Gruppe gab es gleichzeitig eine deutlichere Verschiebung als bei den institutionellen Pendants,

weil sich ein Teil der bisherigen Optimisten möglicherweise angesichts der vor knapp einer Woche noch nahenden 11.000er Marke von seinen Engagements getrennt und

gleichzeitig neue Absicherungen gegen Kursrückgänge vorgenommen hatte.

Per Saldo ist die Stimmung der von uns befragten institutionellen und privaten Investoren wieder auseinandergelaufen. Während die Privatanleger zwar absolut betrachtet

noch einen leichten Optimismus zeigen, ist der heutige Wert im Vergleich zu den vergangenen drei bzw. sechs Monaten jedoch als relativer Pessimismus zu bewerten.

Interessant bleibt dagegen der Optimismus der institutionellen Anleger, der zumindest auf den ersten Blick im Widerspruch zur vorgenannten BofA Merrill Lynch-Umfrage

steht, die in hohem Maße eine Flucht der Fondsmanager aus Aktien in US-Anleihen widerspiegelt - eine Bewegung innerhalb eines Monats, wie sie seit Beginn der

Aufzeichnungen noch nie vorgekommen ist. Deswegen bleibt zu vermuten, dass der Optimismus der institutionellen Investoren nur von vorübergehender Natur und der

Hoffnung getragen sein dürfte, dass die Fed, wie es US-Präsident Donald Trump ausdrückte, "keine Fehler macht". Und sollte es tatsächlich noch vor Weihnachten einen

Befreiungsschlag im DAX geben, dürfte es auf höherem Niveau (vermutlich um die 11.000/11.100 DAX-Zähler) eine größere Zahl von derzeitigen Optimisten geben, die sich

liebend gerne von ihren Engagements trennen würden. Diese Wunsch-Verkäufe werden für den DAX eine gewisse Bürde darstellen. Unterdessen bleibt die Unterseite bei

Rückschlägen relativ ungeschützt, zumal ausländische Nachfrage dem DAX nach wie vor wahrscheinlich nicht zu Hilfe eilen wird.

Dies ist die letzte Stimmungserhebung für dieses Jahr. Wir melden uns am 9. Januar wieder 2019 und wünschen den Teilnehmern und Lesern unserer Sentiment-Umfragen ein

gesegnetes Weihnachtsfest und ein erfolgreiches neues Jahr!

19. Dezember 2018, © Goldberg & Goldberg für boerse-frankfurt.de

(Für den Inhalt der Kolumne ist allein Deutsche Börse AG verantwortlich. Die Beiträge sind keine Aufforderung zum Kauf und Verkauf von Wertpapieren oder anderen Vermögenswerten.)

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