Zuletzt rumorte es bei den Hamburgern ordentlich: Das lag nicht nur an der Corona-Krise, die das Geschäft belastete. Bei dem sonst so auf Stabilität und Kontinuität bedachten Konzern kam es innerhalb weniger Monate zu einer Reihe von Abgängen aus dem Management. So wurde Finanzchefin Dessi Temperley Anfang des Jahres durch Astrid Hermann ersetzt. Auch der Weggang von Marketingvorstand Asim Naseer wurde angekündigt. Zudem gab es Gerüchte, dass auch Warnery kurz vor dem Absprung stehen sollte. Doch in diesem Fall kam es anders, der Franzose übernahm im Mai das Ruder, nachdem sein Vorgänger Stefan De Loecker überraschend den Konzern verlassen musste.

Warnery war zuvor unter anderem für die pharmazeutische Kosmetik wie die Marke Eucerin sowie die in der Corona-Krise stark gebeutelte Luxuspflegemarke La Prairie zuständig. De Loecker hinterließ ihm das Investitionsprogramm Care+, das unter anderem das Wachstum im Hautpflegegeschäft ankurbeln und die Digitalisierung beschleunigen soll. Beiersdorf kann dabei erste Früchte ernten. Neue Marken wie Pflege für tätowierte Haut oder Produkte gegen Pigmentflecken wurden eingeführt und bringen erste Erfolge. Die vor rund zwei Jahren gekaufte US-Sonnenschutzmarke Coppertone, ist zurück auf dem Wachstumspfad und konnte zuletzt wieder Marktanteile gewinnen - das erste Mal seit zehn Jahren.

Im ersten Halbjahr konnte Beiersdorf zudem deutlich von der Erholung der Wirtschaft profitieren, insbesondere bei ihrem Klebebandgeschäft Tesa, das sowohl im Konsumentengeschäft als auch in der Industrie stark vertreten ist. Dabei beschleunigte sich die Entwicklung im zweiten Quartal. Größte Treiber waren das Elektronikgeschäft in Asien sowie die weltweite Erholung der Automobilindustrie. Ein Tesa-Fokus liegt derzeit bei thermisch leitfähigen Klebebandlösungen für Smartphones und Smartwatches. Im Autobereich profitiert Tesa von E-Mobilität und Automatisierung, bei denen der Schutz vor Hitzeentwicklung und Feuer eine große Rolle spielt.

Aber auch das Konsumentengeschäft zieht wieder deutlich an. Die Hautpflegemarken Nivea, Eucerin und LaPrairie konnten deutliche Zuwächse verbuchen.

Luft nach oben ist bei Beiersdorf weiterhin im Online-Geschäft. Das findet auch Warnery. Im ersten Halbjahr hat das E-Commerce-Wachstum den Angaben zufolge ein Viertel des Wachstums im Massengeschäft von Beiersdorf ausgemacht, bei der dermatologischen Hautpflege lag der Anteil sogar höher. Aktuell beträgt der Online-Absatz zirka neun Prozent. "Dieser Anteil soll weiter steigen, das steht ganz oben auf meiner Agenda", kündigte Warnery bei den Halbjahreszahlen an. Ein großer Teil des laufenden 300-Millionen-Euro-Investment-Programms soll daher in den digitalen Ausbau fließen. Im Blick hat Beiersdorf etwa den stark online geprägten chinesischen Markt.

Die Analysten:

Marktexperten lobten die jüngste Entwicklung bei Beiersdorf. Analyst Thorsten Strauß von NordLB attestierte dem Konsumgüterhersteller für das erste Halbjahr eine "kraftvolle Erholung" von der coronabedingten Schwäche. Zudem klängen die Umsatzerwartungen im Rahmen des konkretisierten Jahresausblicks nun etwas optimistischer. Sein Kollege Thomas Maul von der DZ Bank sieht es ähnlich. Mit einer überraschend starken Geschäftsentwicklung habe Beiersdorf das Vorkrisenniveau übertroffen. Maul hält dabei das Wachstumsziel für das laufende Jahr für konservativ. Mit größeren Änderungen der Unternehmensstrategie namens Care+ rechne er nach dem Chefwechsel nicht ...

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