FRANKFURT (dpa-AFX) - Die Sorgen um den Bankensektor in Zeiten einer
unsicheren Geldpolitik sind am Freitag mit voller Wucht zurück.
Erneute Kurseinbrüche bei der Commerzbank und der Deutschen Bank
lösten bei den Anlegern wieder Großalarm aus. Nach der Erholung um
mehr als 800 Punkte in den vergangenen Tagen rutschte der deutsche
Leitindex wieder unter die psychologisch wichtige 15
000-Punkte-Marke.
Gegen Mittag büßte der Dax 2,05 Prozent auf 14 898,65
Punkte ein, sodass sein Wochenplus deutlich auf unter ein Prozent
schrumpfte. Mit den Gewinnmitnahmen rundet der Leitindex eine
schwankungsreiche Woche ab: Zuerst war er mit 14 458 Punkten auf das
Tief seit der ersten Januar-Woche gefallen, bevor dann eine rasante
Erholung bis an die 15 300 Punkte folgte.
Der MDax mit den mittelgroßen Börsenwerten sackte am
Freitag um 2,63 Prozent auf 26 547,39 Zähler ab. Auch an den
US-Börsen zeichnet sich am Freitag ein verlustbringender
Handelsauftakt ab - dies aber vor allem bei den Standardwerten im
Dow Jones Industrial .
"Die Anleger bleiben hin- und hergerissen zwischen der Hoffnung,
dass der Zinsgipfel jenseits des Atlantiks in greifbare Nähe rückt,
und der Furcht vor nicht einkalkulierten Zinserhöhungen im Kampf
gegen die grassierende Inflation", sagte der Marktbeobachter Timo
Emden. Bezüglich der Frage, wie es um die künftige Geldpolitik der
US-Notenbank Fed bestellt ist, stocherten Börsianer offensichtlich
im Nebel. Die Spekulationen reichen von mehr Zinserhöhungen über
eine Zinspause bis hin zu baldigen Zinssenkungen. Im
Immobiliensektor blieb die Unsicherheit mit deutlichen Kursverlusten
ersichtlich.
Ein "schwieriger Spagat" sei die Inflationsbekämpfung auch wegen der
derzeitigen Turbulenzen im Bankensektor, ergänzte Emden. Erneut
einbrechende Kurse bei Bankenwerte waren Ausdruck der anhaltenden
Unsicherheit. Vor allem die Titel der Deutschen Bank
sackten um 13 Prozent ab auf ein erneutes Tief seit Oktober. Den
Anteilen der Commerzbank erging es mit einem Abschlag
von mehr als acht Prozent ähnlich.
"Eine Krise ist eine Krise und von daher singen die Investoren
weiterhin den Bankenblues", sagte Marktbeobachter Andreas Lipkow vor
dem Hintergrund, dass neben der Credit Suisse zuletzt
einige US-Regionalbanken in Schieflage geraten waren. "Die Situation
wird sich auch nicht durch Lippenbekenntnisse beseitigen lassen,
sondern sich erst mit handfesten Zahlen und Fakten abmildern",
ergänzte er.
Negativ fielen im Dax auch die Volkswagen -Aktien auf
mit einem Abschlag von 4,3 Prozent. Analyst Daniel Schwarz vom
Investmenthaus Stifel hat einen drastischen Schnitt vollzogen, indem
er seine bisherige Kaufempfehlung strich und das Kursziel fast
halbierte. Da der Konzern auch nicht von wertvollen Beteiligungen
wie Porsche, Lamborghini und Bentley profitiere, sei sein bisheriger
Bewertungsansatz anhand der Summe der Konzernteile nicht mehr
angebracht. Im deutschen Branchenumfeld rät er eher zu Herstellern
mit klarer Positionierung im Premium-Bereich.
Ein Analystenkommentar setzte auch Fraport mächtig
unter Druck. Die Titel des Flughafenbetreibers fielen nach einer
Abstufung durch Exane BNP um fünf Prozent. Die deutsche
Luftfahrtbranche steht zudem vor einer am Montag erwarteten
Streikwelle. Die Lufthansa , deren Anteile am Freitag
auch um etwa fünf Prozent sanken, kündigte schon am Wochenende erste
Auswirkungen an: In München sollen schon am Sonntag keine Flüge
stattfinden, gefolgt vom Frankfurter Flughafen am Montag.
In der Reisebranche in den Fokus rückte auch der Reisekonzern Tui
, der eine Kapitalerhöhung in Höhe von 1,8 Milliarden
Euro zur Rückführung der staatlichen Corona-Hilfen ankündigte.
Bereits im Februar hatten die Aktionäre auf einer
Online-Hauptversammlung die Vorbereitung der Maßnahme genehmigt.
Nach anfangs noch größerem Druck betrug der Abschlag zuletzt 5,5
Prozent./tih/stk
--- Von Timo Hausdorf, dpa-AFX ---
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