In Istanbul müssen sich zwei Journalisten der Nachrichtenagentur Bloomberg wegen eines kritischen Berichts über die wirtschaftliche Lage in der Türkei vor Gericht verantworten. Die beiden Männer forderten zum Prozessauftakt am Freitag einen Freispruch. Das Gericht wies dies aber zurück, wie die Organisation Reporter ohne Grenzen mitteilte. Den Journalisten drohen bis zu fünf Jahre Haft. Die Klage richtet sich auch gegen 36 weitere Personen, die in sozialen Medien auf den Artikel reagiert hatten.

"Es ist ein politischer Prozess mit dem Ziel, Menschen einzuschüchtern und zum Schweigen zu bringen", sagte der renommierte Wirtschaftswissenschaftler Mustafa Sönmez der Deutschen Presse-Agentur am Telefon. Er gehört zu den 36 Mitangeklagten.

Anlass der Klage sei ein Artikel von August 2018 über die Lirakrise, berichtete Bloomberg. Der Vorwurf laute auf Destabilisierung der Wirtschaft. Die türkische Bankenaufsicht hatte sich über den Bericht beschwert. Der nächste Verhandlungstermin ist der 17. Januar 2020.

"Diese absurden Anschuldigungen müssen aufgehoben werden", twitterte Reporter ohne Grenzen. Der Türkei-Experte der Organisation, Erol Önderoglu, hatte den Prozessbeginn im Gerichtssaal verfolgt. Die US-Nachrichtenagentur Bloomberg sagte ihren beiden Journalisten Unterstützung zu: "Sie wurden dafür angeklagt, dass sie korrekt und objektiv über Ereignisse mit hohem Nachrichtenwert berichtet haben", sagte Chefredakteur John Micklethwait. "Wir sind ihnen und der Pressefreiheit verpflichtet und hoffen, dass die Justiz das Richtige tun und sie freisprechen wird."

Im vergangenen Jahr war die Landeswährung Lira nach einem Zerwürfnis der Türkei mit den USA schwer eingebrochen. Ihr Kurs bleibt seither volatil. Auch Inflation und Arbeitslosigkeit sind stark gestiegen. Zwischenzeitlich war die Wirtschaft in die Rezession gerutscht./ar/DP/stw

AXC0263 2019-09-20/18:46

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