Innsbruck (OTS) - Nicht alles bei der Teuerung ist mit Krieg erklärbar. Angesichts von Rekordpreisen wird es Zeit, absurde Mechanismen wie die Strompreis-Logik anzugehen. Die galoppierende Inflation macht auch die Herbstlohnrunde zu einer heiklen Mission.

Besonderer Prophet muss man keiner sein, um davon auszugehen, dass es bei der Herbstlohnrunde rundgehen dürfte. Das jährliche Lohndrama potenziert sich heuer angesichts der enormen Teuerung, die Forderungen der Metaller könnten wohl knapp am zweistelligen Lohnplus kratzen. Wie auch immer: Mit der Rekordinflation ist eine Rekord­erhöhung von Löhnen und Gehältern bei den Metallern und danach auch im Handel absehbar. Noch dazu sieht sich die Gewerkschaft in einer vorteilhaften Verhandlungsposition: Mitarbeiter sind in allen Branchen begehrt, und was rar ist, ist teuer. Ob freilich jedes Unternehmen die mutmaßlich saftigen Lohnsteigerungen schlucken können wird, ist offen. Und ob im Winter die Produktion reibungslos laufen kann, weiß nur der Gas-Gott.
Freude hat freilich niemand mit der Rekordteuerung und einer womöglich drohenden Lohn-Preis-Spirale. Wer im Vorfeld der Lohnrunde vor einer solchen warnt, dem wird nicht ganz zu Unrecht entgegnet, erst einmal die Preisspirale zu durchbrechen. Im Grunde lässt sich die quer durch Europa galoppierende Teuerung bis hin zu den Lebensmitteln in erster Linie auf die explodierenden Energiepreise als Folge des Ukraine-Kriegs zurückführen. Dieser Schluss lässt sich zwar beim Gas nachvollziehen – aber auch nur deshalb, weil sich Europa in den vergangenen Jahr(zehnt)en dem Kriegstreiber Russland ausgeliefert hat und vor allem Österreich diese Anbiederung teuer zu stehen kommt.
TT_M1_Grund2: Bei teurem Öl und Sprit hingegen haben die Kartelljäger bereits festgehalten, dass nicht alles mit rechten Dingen zugeht – was in dieser Branche kaum jemanden überrascht. Andererseits: Muss man angesichts der Klimakrise nicht ohnehin weniger verbrauchen? Doch beim Blick auf die Strompreise wird endgültig klar, dass der Energiemarkt faul ist: Auch wer mit Wasser oder Wind günstig Strom produziert, verkauft ihn zu Preisen teurer Gaskraftwerke – das heizt die Inflation zugunsten einiger Konzerngewinne völlig unnötig an. Diese Strom-Logik, wonach sich der Preis für alle nach dem teuersten Kraftwerk richtet, ist kein Naturgesetz. Doch mehr als lose Forderungen, solche Absurditäten zu beenden, sind bislang nicht erkennbar. Auch dass Verbund, Tiwag und Co. ihren Strompreis vom internationalen Börsenpreis abhängig machen, ist zu hinterfragen. Es gäbe noch mehr zu hinterfragen. Etwa bei der Europäischen Zentralbank, die es lange verabsäumt hat, bei ihrer Geldflut rechtzeitig die Reißleine zu ziehen. Oder wenn fehlendes Getreide aus der Ukraine weltweit die Preise anheizt – hängt die globale Getreideversorgung von einem Land ab oder wird hier kräftig spekuliert? Man sieht: Nicht alles lässt sich nur mit dem Krieg erklären.