Thomas Korhammer „Der Zinsvorteil erscheint im Vergleich zu Alternativveranlagungen attraktiv“ - Fonds im Portrait 07/23 im Interview - Raiffeisen-Europa-HighYield
08.06.2023 | 07:50
Der Einstiegszeitpunkt in Hochzinsanleihen ist günstig. Wie das Umfeld für europäische High Yield-Anleihen aussieht, welche Aussichten bonitätsschwächere Emittenten erwartet und wie man bei ihrer Auswahl für den Fonds vorgeht, erläutert Thomas Korhammer, Fondsmanager des Raiffeisen-Europa-HighYield, im Interview.
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BÖRSE EXPRESS: Die Sorgen über die Lage der Banken im Zusammenhang mit den starken Zinserhöhungen hat im ersten Quartal 2023 zu einer erhöhten und selten erlebten Volatilität an den Rentenmärkten geführt. Trotzdem sprechen einige Experten von sehr günstigen Einstiegsbedingungen, gerade bei Hochzinsanleihen. Wie sieht Ihre Einschätzung diesbezüglich aus bzw. welche Argumente sprechen Ihrer Meinung derzeit für das Zielsegment des Raiffeisen-Europa-HighYield - Euro-High-Yield-Anleihen von Unternehmen mit Sitz oder Tätigkeitsschwerpunkt in Europa?
THOMAS KORHAMMER: High Yield-Anleihen, also Anleihen bonitätsschwächerer Emittenten können InvestorInnen einerseits zur Renditeoptimierung, andererseits zur Risikodiversifikation dienen. Aufgrund ihres riskanteren und spekulativen Kreditprofils weisen diese Papiere im Normalfall deutlich höhere Renditen auf als etwa europäische Staatsanleihen oder Unternehmensanleihen bonitätsstarker Emittenten. Nach dem jahrzehntelangen Rentenbullenmarkt war die Bezeichnung des Marktsegments als „Hochzinsanleihen“ im Niedrigzinsumfeld kaum noch gerechtfertigt, da sich positive Erträge bzw. Zinskupons nur mehr schwer vereinnahmen ließen – ein klares Missverhältnis von Ertragspotential und Risiko. Die gute Nachricht für AnlegerInnen ist, dass aktuell erzielbare Marktrenditen mit rund 7,4 Prozent aber über dem historischen Durchschnitt liegen.
Diese Niveaus haben wir zuletzt zu Beginn der Pandemie 2020 gesehen. Damit bietet ein Investment ein deutlich attraktiveres Risko-Ertrags-Verhältnis. Dies ist einerseits dem massiven allgemeinen Renditeanstieg geschuldet, aber auch deutlich höheren Risikoaufschlägen. Infolge werden nun InvestorInnen für potenzielle Risiken wie Volatilitätsanstiege oder Kreditausfälle deutlich höher kompensiert.
Darüber hinaus weist die Assetklasse langfristig eine niedrigere Korrelation mit klassischen Rentenprodukten auf. Dies war auch zuletzt zu beobachten. Das Marktsegment konnte sich deutlich von der Ertragsentwicklung anderer Anleihemärkten abkoppeln. Sowohl in langfristigen, aber auch kurzfristigen Performancevergleichen konnte mit einer Veranlagung in das Zielsegment des Raiffeisen-Europa-HighYield-Fonds ein Mehrertrag erzielt werden. Im Zuge der zuletzt beobachtbaren Abkoppelung der Kreditrisikoprämien von Staatsanleiherenditen sinkt die Ertragsvolatilität der Assetklasse. Angesichts dessen erscheint der Zinsvorteil im Vergleich zu Alternativveranlagungen attraktiv.
BÖRSE EXPRESS: Hat sich Ihre Strategie im Fonds seither an die geänderten Rahmenbedingungen angepasst bzw. haben Sie sich bezüglich des Bankensektors defensiver aufgestellt und wenn ja, wie?
THOMAS KORHAMMER: Zweistellige Inflationsraten zwangen die Zentralbanken weltweit zu einer Rekordzahl an Zinserhöhungen. In diesem Umfeld wurden kürzere Laufzeiten bevorzugt und somit die Zinssensitivität des Fonds reduziert. Bei längeren Laufzeiten ist noch Vorsicht geboten, sie werden jedoch attraktiv, wenn der Höhepunkt der Kerninflation erreicht und das Ende des Zinsanhebungszyklus absehbar wird. Im Wechselspiel von Preis- und Finanzstabilität nähert sich die Geldpolitik dem Zinsgipfel.
Bewertungen von Bankanleihen sind nach den Ereignissen im US-Privatbankensektor und der Credit Suisse noch interessanter geworden. Allerdings ist bei der Veranlagung eine selektive Vorgehensweise ratsam. Der restriktive Kurs der Notenbanken bedingt eine Negativauslese in der Bankenlandschaft und die Auswahl der Emittenten ist entscheidend. Angesichts hoher Kapital-, Liquiditätsausstattung und Profitabilität, geringer Kundenkonzentration und Klumpenrisiken, sowie strenger regulatorischer Aufsicht bevorzugen wir nationale Spitzeninstitute des europäischen Bankensektors.
BÖRSE EXPRESS: Welche Emittenten sind am besten für das derzeitige und zukünftige Umfeld gerüstet und wie gehen Sie derzeit in der Titelselektion hinsichtlich Verschuldungsgrad, Kreditqualität (Ratingstruktur) und Ausfallquoten vor?
THOMAS KORHAMMER: Noch ist die durchschnittliche Kreditqualität durchaus solide. Bis zuletzt war ein positiver Ratingtrend zu beobachten. Der durchschnittliche Verschuldungsgrad ist zuletzt aufgrund solider Ertragslage und rückläufiger Nettoverschuldung gesunken.
Allerdings führen steigende Inputkosten und niedrigere Nachfrage zu rückläufigen Umsätzen und Erträgen. Während Emittenten in der Vergangenheit von niedrigen Finanzierungskosten profitierten, belasten substanziell höhere Refinanzierungsniveaus die Zinsdeckungsgrade. EZB-Umfragen signalisieren eine restriktivere Kreditvergabe und belasten insbesondere den Ausblick für hochverschuldete Unternehmen, sprich die niedrigsten Bonitäten.
Infolge unweigerlich steigender Ausfallsraten erwarten wir, dass die Schere zwischen den niedrigsten Ratings und den besseren High Yield-Emittenten auseinandergeht. Wenngleich das vom Markt erwartete Ausmaß der Ausfallsraten – Ratingagenturen gehen in den nächsten 12 Monaten von einem Anstieg auf etwa 4 Prozent aus - bereits ausreichend reflektiert erscheint, denken wir, dass sich tendenziell weiterhin die Spreu vom Weizen trennt.
Deshalb legen wir wieder vermehrt den Fokus auf Qualität bei den Emittenten. Dies äußert sich auch in einer Beimischung von qualitativ hochwertigeren Investment Grade-Ratingkategorien, sowie einem höheren Durchschnitts-Rating des Fonds gegenüber dem Gesamtmarkt.
BÖRSE EXPRESS: „Ohne ESG geht nichts mehr." Dies ist nicht nur die Meinung Ihres Hauses sondern Fakt. Wie äußert sich dies am Markt für Unternehmensanleihen und wie erfolgt beim Raiffeisen-Europa-HighYield konkret der Investmentprozess hinsichtlich ESG?
THOMAS KORHAMMER: Raiffeisen Capital Management hat sich bereits seit geraumer Zeit der Nachhaltigen Veranlagung verschrieben - sowohl im Rahmen der Produktpalette als auch hinsichtlich der Integration in unsere Investmentprozesse. Aspekte der Umwelt, Gesellschaft und Unternehmensführung werden u.a. im Rahmen der Sektoren-Einschätzung und Zukunfts-Themen beleuchtet. In weiterer Folge bilden Unternehmens-spezifische Analysen von KPIs, Nachhaltigkeitszielen, Negativkriterien und Verstößen, sowie Engagement-Aktivitäten - sprich ein Diskurs mit den Unternehmen - einen wesentlichen Bestandteil der Einzeltitelselektion.
Ein Spezifikum von High Yield-Anleihen - die im Englischen auch unter der Bezeichnung „Junk Bonds“ firmieren - ist neben der niedrigeren Kreditqualität, auch eine geringe Datenqualität. Der spekulative Charakter des Marktsegments begründet sich eben nicht ausschließlich im hohen Verschuldungsgrad der Emittenten. Typischerweise handelt es sich um kleinere Unternehmen, die nicht über die erforderlichen organisatorischen und finanziellen Ressourcen verfügen und geringeren Transparenz-Erfordernissen unterliegen.
Eine strenge Beschränkung auf Unternehmen, die eine entsprechende ESG-Transparenz bieten, schränkt das investierbare Universum stark ein. Als Publikumsfonds zielt der Raiffeisen-Europa-HighYield-Fonds aber darauf ab, das breite Anlagespektrum des Gesamtmarkts abzubilden. Um keiner allzu limitierenden Einschränkung des investierbaren Universums zu unterliegen, ist der Raiffeisen-Europa-HighYield-Fonds daher aktuell als Art 6 (OffenlegungsVO)-Fonds qualifiziert.
Eine Einstufung nach Art 8 OffenlegungsVO wird laufend evaluiert. Dafür ist aber eine lückenlose Berücksichtigung von Nachhaltigkeitsfaktoren und -indikatoren erforderlich.
BÖRSE EXPRESS: Den Raiffeisen-Europa-HighYield sollte ich lieber heute als morgen kaufen, da....
THOMAS KORHAMMER: …der Euro HighYield-Markt überdurchschnittlich hohe Einstiegsrenditen bietet und der Fonds über einen äußerst verlässlichen Track Rekord verfügt. Als erster Unternehmensanleihen-Fonds der Raiffeisen KAG, erfolgte der Fondsstart bereits im Mai 1999, quasi der Geburtsstunde des Euro-denominierten Kreditmarktes. Somit zeichnen die langjährige Expertise und Beständigkeit des Teams, sowie ein bewährter Investmentprozess das Fondsprodukt aus.
Aus dem Börse Express PDF vom 07.06.2023