Es ist ein Vergeltungsschlag gegen Russland, als Reaktion auf die Einflussnahme bei den US-Präsidentschaftswahlen 2016: Die US-Regierung unter Präsident Trump hat neue Sanktionen gegen Russland verhängt. Nun sollen nicht nur die Unternehmen sanktioniert werden, sondern auch ihre Eigentümer sowie Staatsbedienstete. Russische Vermögenswerte fielen daraufhin in den Keller. Denn die Sanktionen unterscheiden sich von denen, die im Jahr 2014 nach der russischen Krim-Invasion verhängt wurden. Damals wurde es US-amerikanischen Anlegern untersagt, neue Wertpapiere zu kaufen. Nun dürfen sie keinerlei Schuldtitel oder Aktien der sanktionierten Emittenten mehr halten. „Der starke Rückgang der russischen Vermögenswerte resultierte daraus, dass Anleger durch die Sanktionen dazu gezwungen wurden, ihre bestehenden Positionen zu verkaufen. Der Aktienmarkt sackte um 8 Prozent ab, die Renditen von Staatsanleihen stiegen um 50 Basispunkte und der Rubel gab um 10 Prozent nach“, erläutert Paul McNamara, Investment Director bei GAM Investments.

 

Sorge vor weiteren Zwangsverkäufen

Der Umfang der Abverkäufe sei auf die Unsicherheit der Anleger zurückzuführen, dass solche Sanktionen auf breiterer Basis zur Anwendung kommen und damit weitere Zwangsverkäufe auslösen könnten. „Aber auch die starke Positionierung in lokalen Anlagewerten macht sich hier bemerkbar: Russland ist in Portfolios mit Schwellenmarktaktien und -anleihen häufig übergewichtet worden. Dies hat für erhebliche Mittelzuflüsse gesorgt. Grund hierfür waren die sich verbessernden wirtschaftlichen Fundamentaldaten des Landes“, erklärt McNamara. Das Wachstum habe sich erholt - wenn auch weniger stark als erwartet angesichts der Bonitätskennzahlen - während die höheren Ölpreise der Handels- und Haushaltsbilanz zugutekamen. Auch die Devisenreserven verzeichneten einen stetigen Anstieg von 350 Milliarden US-Dollar Anfang 2015 auf 458 Milliarden US-Dollar. Anders als in der Türkei seien der Staatshaushalt und die Zahlungsbilanz von Russland also grundsolide.

 

Anleihenmarkt weitgehend stabil

„Staatsanleihen sind nicht direkt von den Sanktionen betroffen“, hebt McNamara hervor. Schätzungen zufolge halten ausländische Anleger ein Drittel des russischen Anleihenmarktes. Dies entspricht einem Wert von 40 Milliarden US-Dollar. „Aktuell sieht es so aus, als ob Anleger eher US-Dollar gegen Rubel kaufen, um das Währungsrisiko in Verbindung mit ihren Anleihepositionen zu neutralisieren, als zu versuchen, Anleihen unter angespannten Marktbedingungen zu verkaufen“, so McNamara. Dies erkläre auch, warum der Rubel weitaus stärker unter den Sanktionen gelitten hat als lokale Anleihen.

 

Zweischneidiges Schwert

Anleger sähen sich derzeit mit dem folgenden Problem konfrontiert: Eine Ausweitung der Sanktionen hätte zweifelsohne weitere negative Konsequenzen für russische Vermögenswerte. Ohne sie wären die makroökonomischen Auswirkungen jedoch wahrscheinlich so minimal, dass die Bewertungen übermäßig günstig erschienen. Die Unberechenbarkeit der Trump-Regierung erschwere es Anlegern zudem, die Situation treffend einzuschätzen.

 

Die russischen Behörden haben auf die US-Sanktionen mit der Aussetzung von routinemäßigen US-Dollar-Käufen und der Verpfändung von Liquidität an lokale Marktteilnehmer reagiert. Im nächsten Schritt könnte die Zentralbank ihren Zinssenkungszyklus verkürzen. „Allerdings rechnen wir nicht mit einer Intervention in den Devisenmarkt, solange der Rubel nicht erheblich vom derzeitigen Stand abgewertet wird“, so McNamara weiter. Da die Krise politischer Natur sei, sei es nur schwer vorhersehbar, ob  Käufe oder Verkäufe russischer Anlagen der richtige Weg wären und ob die technischen Risiken eine potenzielle Bewertungslücke ausgleichen könnten. „Unsere stark an die Benchmark angelehnte Position scheint angemessenen Schutz zu bieten, bis mehr Klarheit herrscht“, schließt McNamara.