Angesichts der rapiden Zunahme der Coronavirus-Neuinfektionen im Süden der USA hat einer der führenden Gesundheitsexperten des Landes vor einer Zuspitzung der Pandemie gewarnt. Falls der Anstieg in den betroffenen Bundesstaaten nicht unter Kontrolle gebracht werden könne, seien landesweit bald bis zu 100 000 Neuinfektionen pro Tag vorstellbar, warnte der Immunologe Anthony Fauci am Dienstag bei einer Anhörung im Senat. Mehrere US-Bundesstaaten traten wegen der Entwicklung bei den Lockerungen der Maßnahmen zur Eindämmung des Virus auf die Bremse.

In den USA liegt die Zahl der Neuinfektionen derzeit bei rund 40 000 pro Tag - mehr als an den meisten Tagen der Hochphase der Pandemie im April. Mittlerweile wird zwar auch mehr getestet, allerdings verzeichnen viele Städte mehr Einlieferungen in Krankenhäuser. Insgesamt wurden fast 2,6 Millionen Infektionen und 126 000 Todesfälle erfasst.

"Ich bin sehr besorgt", sagte Fauci, der Direktor des nationalen Instituts für Allergien und Infektionskrankheiten ist. "Wir bewegen uns in die falsche Richtung." Die Pandemie könne derzeit nur eingedämmt werden, wenn die Menschen in der Öffentlichkeit konsequent Masken trügen und auf ihren Sicherheitsabstand achteten. Wenn sich die Menschen nicht daran halten würden, "werden wir weiter große Probleme haben", warnte Fauci.

In Texas, Florida, Kalifornien und Arizon versuchen die lokalen Regierungen, der Entwicklung entgegenzusteuern, und pausierten die phasenweise Lockerung von Corona-Auflagen oder machten sie rückgängig. Arizonas Gouverneur Douglas Ducey beschränkte die Teilnehmerzahl bei Veranstaltungen zunächst bis Ende Juli wieder auf 50 - und das nur eine Woche nach einem Auftritt von US-Präsident Donald Trump mit zahlreichen Zuschauern. "Wir gehen davon aus, dass sich unsere Zahlen verschlechtern werden", sagte der Gouverneur laut US-Medien. In dem Bundesstaat mit gut sieben Millionen Einwohnern gibt es bislang rund 75 000 bestätigte Coronavirus-Infektionen.

In Südkalifornien sollen am kommenden Feiertagswochenende im Bezirk Los Angeles die Strände geschlossen bleiben. Auch Fahrradwege, Parkplätze und Piers sind von Freitag bis Montag nicht zugänglich, teilte der Bezirk am Montagabend mit. Ebenso wurde das traditionelle Feuerwerk zum Nationalfeiertag (4. Juli) abgesagt. Gouverneur Gavin Newsom hatte am Sonntag in Teilen des US-Bundesstaats eine erneute Schließung von Bars angeordnet. Der Erlass gilt in sieben Bezirken, darunter auch in der Millionenmetropole Los Angeles. Kalifornien hatte sehr früh als Vorsichtsmaßnahme Corona-Beschränkungen erlassen, diese zuletzt aber langsam gelockert. Newsom hatte Mitte Juni für den Westküstenstaat mit knapp 40 Millionen Einwohnern eine Maskenpflicht angeordnet.

Auch in Teilen Floridas sollten die Strände geschlossen bleiben. In der Stadt Jacksonville, wo US-Präsident Trump im August im Zuge des Parteitags als Präsidentschaftskandidat der Republikaner gekürt werden soll, sollen nun in öffentlichen Gebäuden, in denen Abstandsvorgaben nicht eingehalten werden können, Masken getragen werden. Trumps Republikaner hatten ihren Parteitag wegen zu strenger Corona-Auflagen in North Carolina zum Teil nach Florida verlegt.

Der Bundesstaat Nevada verschob die nächste Stufe seiner Lockerungen am Montag bis Ende Juli. Gouverneur Steve Sisolak appellierte an die Bürger, in der Öffentlichkeit weiter eine Maske zu tragen und sich an den empfohlenen Sicherheitsabstand zu halten. Der Bundesstaat New Jersey verschob die für Donnerstag geplante Erlaubnis für Restaurants, Gäste wieder in geschlossenen Räumen bewirten zu dürfen. In Texas wurde zuletzt eine Schließung von Bars angeordnet.

Aus dem Bundesstaat South Dakota gab es hingegen ganz andere Signale. Dort sollen am Freitag am berühmten Denkmal von Mount Rushmore im Beisein von Trump Feierlichkeiten zum Nationalfeiertag stattfinden. Gouverneurin Kristi Noem rief die Menschen zum Kommen auf. "Wir haben den Leuten gesagt, die Bedenken haben, dass sie zu Hause bleiben können", sagte die Republikanerin dem Sender Fox News. An die Teilnehmer sollen Gesichtsmasken ausgegeben werden, die wahlweise getragen werden könnten. "Aber wir werden keine soziale Distanz wahren", sagte Noem. Die Menschen sollten kommen, um zu feiern, um "die Freiheiten zu genießen, die wir in diesem Land haben"./lkl/DP/fba

AXC0398 2020-06-30/20:15

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