Die Krise um die nach zwei Abstürzen mit Flugverboten belegte Baureihe 737 Max hat Boeing tief in die roten Zahlen gebracht. Im zweiten Quartal fiel ein Rekordverlust in Höhe von 2,9 Milliarden Dollar (2,6 Mrd Euro) an, wie der US-Luftfahrtriese am Mittwoch in Chicago mitteilte. Zum Vergleich: Im Vorjahreszeitraum hatte Boeing noch 2,2 Milliarden Dollar verdient. Eine neue Jahresprognose gab das Management wegen der hohen Ungewissheit hinsichtlich der angestrebten Wiederzulassung der 737 Max nicht ab.

"Dies ist ein entscheidender Moment für Boeing", erklärte Konzernchef Dennis Muilenburg, der wegen seines Krisenmanagements zeitweise stark in die Kritik geraten war. Das Unternehmen setze weiterhin alles daran, dass die 737 Max sicher wieder in Betrieb genommen werden könne. Zum Zeitplan einer möglichen Wiederzulassung der Krisenjets machte Muilenburg zunächst keine Angaben.

Die Probleme rund um die 737-Max-Serie, die wegen der Zwangspause derzeit nicht an Kunden ausgeliefert werden kann, belasten auch Boeings Tagesgeschäft stark. Der Umsatz fiel um 35 Prozent auf 15,8 Milliarden Dollar. Die 737 Max ist eigentlich Boeings bestverkaufte Modellserie, für die es bis zu den Startverboten zahlreiche Bestellungen gab. Stattdessen hat Boeing jetzt trotz gedrosselter Produktion Probleme, die fertigen Flieger zu parken.

Der Konzern hatte bereits angekündigt, wegen des 737-Max-Debakels Sonderkosten in Höhe von 4,9 Milliarden Dollar (4,4 Mrd Euro) nach Steuern im zweiten Quartal zu verbuchen. Schon im ersten Quartal hatte Boeing hohe Belastungen verdauen müssen. Bislang beläuft sich die Schadensbilanz laut dem Finanzdienst Bloomberg auf 8,3 Milliarden Dollar - und das Ende dürfte noch lange nicht erreicht sein. Jüngst erst hatte die Ratingagentur Fitch vor weiteren Belastungen gewarnt.

Zwei Flugzeugabstürze in Indonesien und Äthiopien, bei denen im Oktober und März insgesamt 346 Menschen starben, haben Boeing in eine schwere Krise gestürzt. Der Hersteller ist mit Klagen und Ermittlungen konfrontiert. Boeing wird verdächtigt, die 737 Max wegen des harten Konkurrenzkampfs überstürzt auf den Markt gebracht und die Sicherheit vernachlässigt zu haben. Der Konzern bestreitet dies zwar, hat aber Pannen eingeräumt. Erste Untersuchungsberichte deuteten auf eine fehlerhafte Steuerungssoftware als Absturzursache hin.

Ob und wann die seit März weltweit mit Startverboten belegten 737-Max-Maschinen wieder abheben dürfen, ist derzeit unklar. Die US-Fluggesellschaften mit solchen Jets - Southwest, American und United Airlines - hatten zuletzt angekündigt, die Flieger bis Anfang November aus den Flugplänen zu streichen. Deshalb entfallen täglich Hunderte Flüge, und den Airlines entstehen zusätzliche Kosten. Boeing drohen darum auch hohe Entschädigungszahlungen.

Trotz allem bleiben Anleger bislang relativ gelassen. Kurz nach Börsenstart in New York ging es für die Boeing-Aktie um 1,6 Prozent abwärts auf 367,11 Dollar. Damit ist sie zwar immer noch rund 15 Prozent mehr wert als zum Jahreswechsel. Von ihrem Rekordhoch von 446,01 Dollar von Anfang März ist sie angesichts des Desasters um die 737 Max inzwischen jedoch weit entfernt.

Analysten weisen allerdings immer wieder darauf hin, dass Fluggesellschaften kaum an Boeing vorbeikommen, da es nur Airbus als Alternative gibt und beide Hersteller bei der Produktion der Mittelstreckenjets auf Jahre ausgebucht sind./hbr/DP/stw/fba

 ISIN  NL0000235190  US0970231058

AXC0239 2019-07-24/15:59

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