MANNHEIM (dpa-AFX) - Der Bioethanolhersteller Cropenergies hat Teilen der Bundesregierung vorgeworfen, ohne guten Grund die Produktion von Biokraftstoffen einschränken zu wollen. "Die Tank-versus- Teller-Diskussion ist nicht faktenbasiert", sagte Vorstandschef Stephan Meeder am Mittwoch mit Blick auf Forderungen aus der Politik, den Anbau von Getreide für Biosprit umzustellen auf die Produktion von Weizen für die menschliche Ernährung. Umweltministerin Steffi Lemke und Agrarminister Cem Özdemir (beide Grüne) hatten entsprechende Vorschläge mit dem Krieg in der Ukraine und der damit verbundenen Lebensmittelknappheit begründet.

Nach Ansicht Meeders gehen solche Argumente an der Realität vorbei, denn die Ukraine trage nur mit drei Prozent zur Weltgetreideernte bei. "Wir haben kein Mengen-, sondern ein Preisproblem", betonte er in Mannheim. Weizen sei seit Kriegsbeginn 40 Prozent teurer geworden. Überdies werde Ethanol aus für den menschlichen Verzehr ungeeignetem Weizen minderer Qualität gewonnen. Es könne auch nicht auf allen Flächen hochwertiger Weizen für Brot angebaut werden.

Der Agrarrohstoff reduziere die Abhängigkeit von Ölimporten und liefere gentechnikfreie regionale Futtermittel. Der den fossilen Kraftstoffen beigemischte Biosprit vermindere Treibhausgasemissionen im Verkehr enorm. Im Jahr 2020 waren das bundesweit bei allen Biokraftstoffen zusammen 13 Millionen Tonnen CO2. "Das ist ein Beitrag für den Klimaschutz, auf den wir nicht verzichten können", betonte Meeder.

Nach Überzeugung des Bundesverbandes der deutschen Bioethanolwirtschaft (BDBe) würden die geplanten Maßnahmen Lemkes zur Verringerung des Biokraftstoffanteils im Verkehr die Treibhausgasemissionen bis 2030 um etwa 80 Millionen Tonnen CO2 steigern. "Die Bundesumweltministerin reißt damit eine große Klimaschutzlücke", so BDBe-Chef Norbert Schindler.

Cropenergies-Chef Meeder sprach angesichts der Absage von Bundesverkehrsminister Volker Wissing (FDP) an das Vorhaben seiner grünen Kabinettskollegen von eine "Kakophonie" in der Bundesregierung. Nach Ansicht des Liberalen sind die Pläne Lemkes mit den Klimazielen der Bundesregierung nicht vereinbar. Meeder forderte Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) auf, ein Machtwort zu sprechen.

Die zu Südzuckergruppe gehörende Mannheimer Aktiengesellschaft hat im Geschäftsjahr 2021/22 (bis 28. Februar 2022) einen neuen Rekordumsatz von 1075 (Vorjahr: 833) Millionen Euro erzielt. Das operative Ergebnis verbesserte sich ebenfalls und erreichte 127 (Vorjahr: 107) Millionen Euro. Der Hauptgrund für das Rekordergebnis waren die in der zweiten Hälfte des Geschäftsjahrs stark gestiegenen Ethanolerlöse, welche die Steigerung der Rohstoff- und Energiekosten mehr als ausgleichen konnten. Meeder peilt für das laufende Jahr trotz aller Unwägbarkeiten weiterhin eine erneute Umsatzerhöhung auf 1,35 bis 1,45 Milliarden Euro und ein Ergebnis zwischen 105 Millionen und 155 Millionen Euro an.

Das Unternehmen mit 470 Mitarbeitern produziert an mehreren Standorten in Europa 1,3 Millionen Kubikmeter Ethanol im Jahr. Die Anwendung reicht von der Beimischung in fossilen Kraftstoff über Kosmetika bis hin zu Futtermitteln in der Landwirtschaft./jug/DP/stw

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AXC0349 2022-05-18/17:53

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