FRANKFURT (dpa-AFX) - Banken und Sparkassen in Deutschland gehen nach Einschätzung der Aufsicht in Summe ausreichend solide in ein schwieriges Jahr 2023. Doch die Sorgen wachsen angesichts einer Gemengelage aus Konjunkturabschwung, hartnäckig hoher Inflation und noch nicht ausgestandener Corona-Pandemie. "Wir wissen alle nicht, wie windig es wirklich wird. Aber die Bedingungen für einen perfekten Sturm sind gegeben", sagte der oberste Bankenaufseher der Finanzaufsicht Bafin, Raimund Röseler, am Mittwoch in Frankfurt.

In einem Belastungstest nahmen die Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (Bafin) und die Deutsche Bundesbank die etwa 1300 kleineren und mittleren Geldhäuser unter die Lupe, die sie direkt beaufsichtigen. Die Institute mussten in einer Umfrage beantworten, wie ihre Pläne und Prognosen auf fünf Zinsszenarien für den Zeitraum 2022 bis 2026 reagieren würden.

Im Stresstest simulierten die Geldhäuser ihre Ertragslage für die Jahre 2022 bis 2024 jeweils in einem Basis- und einem Stressszenario. Letzteres simulierte einen schweren wirtschaftlichen Abschwung mit einem Rückgang der Wirtschaftsleistung um 4,7 Prozent innerhalb der drei Jahre.

"Das Bankensystem zeigt eine zufriedenstellende Resilienz", bilanzierte Bundesbank-Vorstand Joachim Wuermeling. Im Schnitt schmälerte das angenommene Stressszenario die harte Kernkapitalquote als Puffer für Krisenzeiten um 3,2 Prozentpunkte auf 14,5 Prozent.

"Wenn die Banken diesem extremen Stresstestszenario standhalten können, wie es dem Stresstest zugrunde lag, so sind sie - Stand heute - auch für das gerüstet, was wir in den nächsten Monaten erwarten", sagte Wuermeling. "Trotz Inflation, Energiekrise, Rezession rechnen wir jetzt nicht damit, dass diese Ereignisse auch noch eine Bankenkrise nach sich ziehen."

Wuermeling mahnte jedoch: "Die Banken sollten sich nicht zurücklehnen." Denn die Realität komme näher an das in dem Belastungstest unterstellte Szenario heran. Um einige Häuser machen sich die Aufseher bereits jetzt Sorgen, wie Bafin-Aufseher Röseler ausführte: "Wir gehen im Moment davon aus, dass eine mittlere zweistellige Zahl von Banken das Stressszenario nicht überstehen würde ohne zusätzliche Kapitalzufuhr."

Allerdings ist die eingeleitete Wende hin zu höheren Zinsen, von der positive Effekte erwartet werden, in dem Szenario noch nicht eingepreist. Darauf weist auch die Deutsche Kreditwirtschaft (DK) hin: "Hervorzuheben ist, dass dem Stressszenario ein niedriges Zinsniveau zugrunde gelegt wurde, was der aktuellen Situation nicht mehr entspricht." Das Fazit des Dachverbandes der fünf großen heimischen Bankenverbände: "Die Ergebnisse zeigen, dass die rund 1300 einbezogenen Institute für mögliche Stresssituationen gut gewappnet sind."

Künftig könnten steigende Kreditausfälle für einzelne Häuser zum Problem werden. "Für nächstes Jahr machen wir uns schon Sorgen um die Werthaltigkeit von Krediten", sagte Rösler. "Da werden wir die eine oder andere Bank sicherlich mit einer Prüfung der Kreditportfolien beglücken." Keine Anzeichen sehen Bundesbank und Bafin derzeit dafür, dass es zu einer Kreditklemme in Deutschland kommen könnte, weil Geldhäuser wegen Kapitalknappheit ihr Angebot einschränken.

Ursprünglich wollten Bundesbank und Bafin die fünfte Übung dieser Art bereits im vergangenen Jahr ausführen. Die Aufseher verschoben den Stresstest jedoch, um die Banken in der Corona-Pandemie nicht zusätzlich zu belasten. Die nun untersuchten Institute umfassen den Angaben zufolge rund 91 Prozent aller Kreditinstitute in Deutschland und machen rund 45 Prozent der zusammengefassten Bilanzsummen aus. Die größeren Institute werden direkt von der Europäischen Zentralbank (EZB) beaufsichtigt, auch für sie gibt es regelmäßig solche Stresstests./ben/DP/nas

AXC0211 2022-09-28/13:33

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