Die steigende Hoffnung auf einen geordneten
Brexit hat den Dax am Mittwoch auf das höchste Niveau
seit Anfang August gehievt. Der deutsche Leitindex hatte die runde
Marke von 12 000 Punkten bereits zu Handelsbeginn locker hinter sich
gelassen und von seinen Gewinnen über den Tag nur einen kleinen Teil
abgegeben. Zum Börsenschluss stand der Index mit 12 025,04 Punkten
noch 0,96 Prozent im Plus. Der MDax der mittelgroßen
Unternehmen gewann 0,73 Prozent auf 25 746,08 Punkte.
Die Anleger blickten weiter vor allem nach London: Die Gegner eines
ungeordneten Austritts Großbritanniens aus der Europäischen Union
(EU) hatten Premierminister Boris Johnson zuletzt eine schwere
Niederlage zugefügt. 328 Abgeordnete stimmten am Dienstagabend für
einen Beschluss, der den Weg für ein Gesetz gegen einen
No-Deal-Brexit ebnet - 301 waren dagegen. Bereits an diesem Mittwoch
soll der Entwurf durchs Unterhaus gepeitscht werden.
Johnson will derweil am 15. Oktober ein neues Parlament wählen
lassen, sollten ihm die Abgeordneten den Weg zum No-Deal-Brexit
versperren. Der Premierminister ist auf die Zustimmung der
Opposition angewiesen, um eine Neuwahl auszulösen. Denn dafür ist
eine Zweidrittelmehrheit im Parlament nötig.
Im Tagesverlauf testete der Dax am Mittwoch die 50-Tage-Linie, die
als Indikator für den mittelfristigen Trend gilt. Die Chancen
stünden aus charttechnischer Sicht nach wie vor gut, dass der
Leitindex nun nachhaltig einen Richtungswechsel nach oben vollziehe,
schrieb Analyst Andreas Büchler vom Börsenmagazin Index Radar. Zwar
befinde sich diese Bewegung noch im Frühstadium und sei entsprechend
unsicher, doch positive Zeichen für eine Erholung kämen gleich von
mehreren Zeitebenen.
In Europa ging es für den EuroStoxx 50 um 0,88
Prozent nach oben. In Frankreich stieg der Cac 40 um
1,21 Prozent. Der Londoner FTSE 100 ging mit plus
0,59 Prozent aus dem Handel. In den USA stand der Dow Jones
zum europäischen Börsenschluss mit 0,79 Prozent im
Plus.
Die Aktienmärkte reagierten auch positiv darauf, dass die Hongkonger
Regierungschefin Carrie Lam nach monatelangen Protesten den Entwurf
für das umstrittene Gesetz für Auslieferungen nach China
zurückziehen will. Der Hongkonger Hang-Seng-Index war
daraufhin deutlich in die Höhe geschnellt, nachdem er im August
stark unter den Demonstrationen gelitten hatte.
Bei den Unternehmen war die Autobranche als konjunktursensibler
Sektor gefragt: So gehörten Daimler , VW
und BMW im Dax zu den größeren
Gewinnern.
Den ersten Platz im Dax hatten allerdings die Anteilsscheine von
Wirecard inne, die ein Plus von gut viereinhalb
Prozent schafften. Der Zahlungsabwickler erweiterte den jüngsten
Reigen an Kooperationsmeldungen um die japanische Mizuho Bank. Zudem
gab es von Analystenseite einigen Auftrieb.
Thyssenkrupp zieht derweil auch einen Komplettverkauf
der Aufzugssparte in Erwägung. Mit dem Schritt ändert der kriselnde
Industriekonzern seine Pläne für den profitablen Geschäftsbereich
deutlich, die Sparte gilt als Ertragsperle und wird deutlich höher
bewertet als das Gesamtunternehmen. Bisher war ein Teilbörsengang
geplant. Für die Aktien ging es um knapp dreieinhalb Prozent nach
oben.
Im MDax konnten die Aktien von Delivery Hero ihre
frühen Gewinne trotz einer erhöhten Umsatzprognose nicht halten.
Waren die Papiere noch kurz nach Handelsbeginn um mehr als sieben
Prozent auf den höchsten Stand seit Ende August 2018 gesprungen,
drifteten sie über den Tag in die Verlustzone ab. Zum Börsenschluss
fanden sie sich mit einem Minus von eineinhalb Prozent am MDax-Ende
wieder. Der Essenslieferant wird zwar wegen steigender Bestellungen
und neuer Kunden ein wenig zuversichtlicher für die Erlöse in diesem
Jahr. Einem UBS-Analysten zufolge könnte die erwartete operative
Gewinnentwicklung im wichtigen Geschäft in Nahost und Nordafrika den
Anlegern aber Sorgen bereiten.
Die Aktien des Staplerherstellers Kion erklommen mit
einem Plus von 5,71 Prozent die Spitze im MDax. Anders als bei
Jungheinrich zeichnet sich hier eine Bodenbildung ab:
Die 21-Tage-Linie wurde klar überwunden und ein neues Zwischenhoch
markiert.
Die Anteilsscheine von Isra Vision hatten im
Nebenwerte-Index SDax mit einem Plus von fast 13
Prozent die Nase vorn. Das Geschäft des Spezialmaschinenbauers sei
während des gesamten Zyklus extrem robust, schrieb der Analyst
Martin Comtesse vom Investmenthaus Jefferies.
Am Rentenmarkt stieg die Umlaufrendite von minus 0,73 Prozent am
Vortag auf minus 0,67 Prozent. Der Rentenindex Rex
fiel um 0,29 Prozent auf 147,02 Punkte. Der Bund-Future
verlor 0,21 Prozent auf 178,46 Punkte.
Der Euro kostete zuletzt 1,1027 US-Dollar. Die
Europäische Zentralbank hatte den Referenzkurs am Mittwoch auf
1,1018 (Dienstag: 1,0937) Dollar festgesetzt. Der Dollar kostete
damit 0,9076 (0,9143) Euro./kro/fba
--- Von Lutz Alexander und Karolin Rothbart, dpa-AFX ---
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