PARIS/LONDON (dpa-AFX) - Europas Börsen haben nach den Gewinnen zu
Wochenbeginn am Dienstag wieder nachgegeben. Vor der Bekanntgabe mit
Spannung erwarteter Verbraucherpreisdaten aus den USA am Mittwoch
hielten sich die Anleger mit Engagements zurück.
Der EuroStoxx 50 verlor 1,11 Prozent auf 3715,37
Punkte. Der französische Cac 40 gab um 0,53 Prozent
auf 6490,00 Punkte nach. Der britische FTSE 100
("Footsie") legte um 0,08 Prozent auf 7488,15 Punkte zu.
"Möglicherweise haben wir einen Punkt erreicht, an dem Anleger
entscheiden müssen, ob sie sich wirklich auf das Narrativ 'keine
Rezession' einlassen oder nicht", schrieb Marktanalyst Craig Erlam
vom Handelshaus Oanda. Denn diese Erzählung scheine die Erholung an
den Aktienmärkten angeheizt zu haben, obwohl die Inflation noch
nicht einmal zu sinken begonnen habe, die Zentralbanken immer noch
eine aggressive Geldpolitik zur Bekämpfung der hohen Teuerung
betrieben und für viele Beobachter ein wirtschaftlicher Abschwung am
Horizont stehe.
Die US-Notenbank Fed dürfte weiterhin auf eine Reduzierung der
Inflation statt auf eine Förderung des Wachstums setzen, sodass
weitere deutliche Zinsanhebungen zu erwarten seien, schrieb
Anlage-Strategin Seema Shah vom Vermögensverwalter Principal Global
Investors. Bis sich die Fundamentaldaten verbesserten, sollten
Anleger nicht zu viel Vertrauen auf steile, aber leider nur
vorübergehende Bärenmarkt-Rallys setzen.
Papiere aus dem Halbleitersektor ließen nach einer enttäuschenden
Umsatzprognose des US-Chipkonzerns Micron Technology
kräftig Federn. ASML und Infineon
sackten an Ende des EuroStoxx um jeweils mehr als fünf Prozent ab.
Der Technologiesektor insgesamt präsentierte sich am Vorabend der
Inflationsdaten aus den USA schwach. Befürchtet wird, dass die
US-Notenbank Fed bei weiter steigenden Preisen mit rasch steigenden
Zinsen der hohen Inflation entgegentreten wird - zum Nachteil
finanzierungs- und investitionsabhängiger Technologiefirmen.
In London verloren die Anteile von ABRDN 6,8 Prozent. Die gebührenbasierten Einnahmen der
Investmentgesellschaft im abgelaufenen Quartal hatten enttäuscht.
In Amsterdam rutschten die Anteile von PostNL um 3,7
Prozent ein. Der Logistikkonzern hatte beim Gewinn je Aktie die
Erwartungen verfehlt.
Ansonsten richtete sich der Blick der Anleger auf
Analystenkommentare. So gaben die Papiere des französischen
Pharmakonzerns Sanofi um 1,4 Prozent nach. Nach einer
höheren Gewinnprognose für das laufende Jahr dürfte die
"Aktien-Story" wohl erst einmal eine Pause einlegen, schrieb
Analystin Laura Sutcliffe von der schweizerischen Großbank UBS.
Zudem hätten die Produkte Amcenestrant gegen Brustkrebs und
Tolebrutinib gegen Multiple Sklerose in der Entwicklung einen
holprigen Start hingelegt.
In Zürich sackten die Aktien von Zur Rose um fast 14
Prozent ab. Analyst Otto Sieber von der britischen Investmentbank
Barclays schrieb von einer angespannten Bilanz der
Online-Apotheke. Der Experte bleibt mittel- bis langfristig zwar
optimistisch, was den Geschäftsschub durch das E-Rezept angeht,
sieht kurzfristig aber Risiken und senkte seine Umsatzschätzungen
für 2023 sowie für 2024. So könnte es zu weiteren Verzögerungen bei
der breiten E-Rezept-Einführung in Deutschland kommen, gibt der
Experte zu bedenken.
Die Aktien des Börsenneulings Industrie De Nora
setzten ihre Kursrally zunächst mit einem weiteren Rekordhoch von
15,14 Euro fort, schlossen aber letztlich in Mailand kaum verändert
mit minus 0,07 Prozent. Inzwischen empfehlen mit Goldman Sachs,
Credit Suisse und der heimischen Mediobanca drei Investmentbanken
den italienischen Spezialisten für "Green Economy", dessen Papiere
Ende Juni zu 13,50 Euro ausgegeben worden waren. Das Unternehmen
bietet neben Elektroden zur Herstellung von Wasserstoff auch andere
Technologien rund um Wasser an. Rückenwind erhielt die Branche
zuletzt durch den vom US-Senat beschlossenen Gesetzesentwurf für
massive Investitionen unter anderem in den Klimaschutz./ajx/he
ISIN GB0001383545 FR0003500008 EU0009658145
AXC0247 2022-08-09/18:30
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