Mit Eckpunkten für einen europäischen Arbeitslosenfonds ist Bundesfinanzminister Olaf Scholz auf breite Ablehnung gestoßen. Nicht nur Wirtschaftsverbände distanzierten sich am Mittwoch von dem Vorschlag des SPD-Politikers, sondern auch der Koalitionspartner. "Herr Scholz findet dafür keine Mehrheit im Deutschen Bundestag", betonte der haushaltspolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion, Eckhardt Rehberg. Regierungssprecher Steffen Seibert räumte ein, bei der Diskussion zwischen den Ministerien seien "grundsätzliche Fragen" zu dem Scholz-Papier aufgetaucht. "Eine abgestimmte Position der Bundesregierung dazu gibt es nicht."

Nach dem Vorschlag von Scholz soll der EU-Fonds bei schweren Krisen auf dem Arbeitsmarkt die nationalen Arbeitslosenversicherungen unterstützen. Diese könnten sich dort Geld leihen, um keine Leistungen kürzen zu müssen. Finanzieren soll sich der Fonds aus Beiträgen der EU-Mitgliedsstaaten - entsprechend der jeweiligen Wirtschaftskraft. Die Höhe der Zahlungen wird in dem vertraulichen Papier, das der Deutschen Presse-Agentur vorliegt, offen gelassen. Zuerst hatte das "Handelsblatt" darüber berichtet.

Scholz sieht eine bessere Absicherung bei Verlust des Arbeitsplatzes als essenziell an, um den weiteren Aufstieg von Rechtspopulisten zu stoppen. Doch die Kritik an seinem Vorstoß ist groß. "Wir haben bereits eine Vielzahl von Geldtöpfen in der EU, die Mitgliedstaaten in Notsituationen unterstützen", erklärte Rehberg. FDP-Fraktionsvize Christian Dürr beklagte, der Fonds könnte Deutschland jährlich elf Milliarden Euro kosten. Andreas Kalbitz von der AfD ergänzte, auf diesem Wege gingen "noch mehr nicht rückzahlbare Gelder vom deutschen Steuerzahler nach Griechenland".

Auch Oliver Zander vom Arbeitgeberverband Gesamtmetall warnte vor unkalkulierbaren Zusatzlasten für Deutschland. Zudem löse das Vorhaben nicht die bestehenden Strukturprobleme im Süden Europas. Steffen Kampeter, Hauptgeschäftsführer bei der Bundesvereinigung der Deutschen Arbeitgeberverbände, erklärte: "Wenn Sozialleistungen nicht aus eigener Wirtschaftskraft heraus solide finanziert werden können, muss mit nationalen strukturellen Reformen geantwortet werden."

Das Scholz-Papier ist Teil einer deutsch-französischen Initiative für eine "Roadmap" zur Stabilisierung besonders der Euro-Zone. Ob ein Krisenfall vorliegt, der ein Anzapfen des Fonds ermöglicht, sollen die Mitgliedsstaaten nach einer Empfehlung der EU-Kommission entscheiden. Ein Kriterium könnte sein, dass die Arbeitslosenquote binnen kurzer Zeit um zwei Prozentpunkte gestiegen ist.

Unterstützung für den Vorstoß kommt von den Grünen. "Die europäische Arbeitslosenrückversicherung ist eine sinnvolle Idee, denn sie könnte die Eurozone nicht nur stabilisieren, sondern auch sozialer machen", erklärte Vizefraktionschefin Anja Hajduk. Auch Scholz' Parteikollege Achim Post signalisierte Zustimmung zum EU-Fonds: "Dabei geht es ausdrücklich nicht um dauerhafte Transfers, sondern um vorübergehende Kredite in schweren Schockphasen, die wieder zurückgezahlt werden müssten."/ax/ir/hoe/DP/jha

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AXC0240 2018-10-17/16:20

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