Bei Wacker Chemie lief es im vergangenen Jahr trotz der Belastungen durch eine träge Weltwirtschaft und schwierige Solargeschäfte im Tagesgeschäft besser als Analysten befürchtet hatten. Wie der SDax-Konzern am Dienstag mitteilte, sank der Gewinn vor Zinsen, Steuern und Abschreibungen (Ebitda) 2019 auf Basis vorläufiger Zahlen zwar um 16 Prozent auf 780 Millionen Euro. Allerdings war das selbst abzüglich bestimmter Versicherungsleistungen im Zusammenhang mit einem Schadensfall im Jahr 2017 am US-Standort Charleston von 112,5 Millionen Euro mehr als Analysten im Durchschnitt erwartet hatten. Die seit einiger Zeit arg gebeutelten Aktien des Spezialchemiekonzerns legten im frühen Handel deutlich zu.

Angesichts des schwächeren Wirtschaftsumfeldes und des Preisdrucks bei Silikonen seien die Resultate solide, schrieb Analyst Chetan Udeshi von der Bank JPMorgan in einer ersten Reaktion. Vermutlich habe das Unternehmen von niedrigeren Rohstoffpreisen und zu einem kleinen Teil wohl auch von der Auflösung von Rückstellungen profitiert.

Die Papiere gewannen kurz nach dem Börsenstart um 5,23 Prozent auf 63,16 Euro. Allerdings bewegt sich der Kurs nach den deutlichen Verlusten der vergangenen beiden Jahre weiterhin nahe des tiefsten Standes seit Anfang 2016. So waren die Papiere Anfang Oktober unter die Marke von 58 Euro gerutscht - ein Minus von rund zwei Dritteln im Vergleich zum Mehrjahreshoch Anfang 2018.

Ein wesentlicher Grund für die Kursschwäche ist das schwierige Geschäft mit dem Solarindustriegrundstoff Polysilizium. Chinesische Billigkonkurrenz macht den Münchenern hier schon länger schwer zu schaffen. Auch global führt das zu Überkapazitäten.

In der Folge hatte Konzernchef Rudolf Staudigl kurz vor Weihnachten eine Abschreibung von mehreren hundert Millionen Euro auf Produktionsanlagen zur Herstellung von Silizium angekündigt. Wegen dieser Belastung in Höhe von 760 Millionen Euro rutschte Wacker Chemie 2019 denn auch in die Verlustzone. Nach einem Plus von 260 Millionen Euro im Jahr 2018 verbuchte der Konzern unter dem Strich nun ein Minus von 630 Millionen Euro.

JPMorgan-Analyst Udeshi hob mit Blick auf die Polysilizium-Sparte indes die Entwicklung im Schlussquartal positiv hervor. Die operative Ergebnisentwicklung habe sich im Vergleich zum dritten Jahresviertel verbessert. Kostensenkungen und ein vorteilhafterer Verkaufsmix - also ein größerer Anteil höhermargiger Produkte - schienen positiver gewirkt zu haben als gedacht.

Der Konzernumsatz hielt sich 2019 mit einem Mini-Minus von einem Prozent auf 4,93 Milliarden Euro vergleichsweise gut. Höhere Absatzmengen und der zum US-Dollar schwächere Eurokurs glichen niedrigere Verkaufspreise teils aus.

Mit Blick auf die einzelnen Geschäftsbereiche schnitt die Sparte Polysilicon - das englische Wort für Polysilizium - im vergangenen Jahr schwach ab. Während der Umsatz um etwas mehr als 5 Prozent auf 780 Millionen Euro sank, konnte Wacker beim operativen Gewinn nur dank der millionenschweren Versicherungsleistung im Zusammenhang mit Charleston einen positiven Wert ausweisen.

Im Geschäft mit Silikonen hinterließen niedrigere Preise für Standardprodukte Spuren, was auf die Gewinnmargen drückte. So fiel der Umsatz der Sparte rund um Schmier- und Dämmstoffe etwa für die Auto- und die Bauindustrie zwar nur leicht, das operative Ergebnis knickte 2019 indes um mehr als ein Fünftel ein.

Höhere Verkaufsmengen und Einsparungen lieferten derweil dem Geschäftsbereich Polymers rund um Zusatzstoffe etwa für Klebstoffe, Lacke und Farben Rückenwind. Während der Umsatz im mittleren einstelligen Prozentbereich zulegte, schoss das Ebitda um fast ein Drittel nach oben. Die kleinste Sparte Biosolutions wuchs dank einer steigende Auslastung der Biopharmaproduktion ebenfalls.

Am 17. März soll es dann bei der Veröffentlichung der vollständigen Bilanz für 2019 mehr Details geben. Ebenfalls im ersten Quartal dürfte Wacker Einzelheiten zum schon länger angekündigte Sparprogramm bekannt geben, mit dem der Konzern effizienter werden will./mis/kro/jha/

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AXC0106 2020-01-28/10:01

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