ROUNDUP: Streit um Datteln 4 - Geht noch ein neues Kohlekraftwerk ans Netz?
12.11.2019 | 14:33
Trotz des deutschen Kohleausstiegs könnte in Datteln im Ruhrgebiet doch noch ein großes Steinkohlekraftwerk ans Netz gehen. Die Bundesregierung will Anlagen mit gültiger Genehmigung vom geplanten Verbot neuer Kohlekraftwerke ausnehmen. Das Verbot solle nicht für Anlagen gelten, für die "bereits zum Zeitpunkt des Inkrafttretens eine immissionsschutzrechtliche Genehmigung erteilt" worden sei, heißt es Referentenentwurf von Wirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) für das Kohleausstiegsgesetz, der am Dienstag vorgelegt wurde. Die Kohleverstromung in Deutschland soll spätestens im Jahr 2038 beendet werden.
Der Energiekonzern Uniper
Nach Ansicht von Umweltschützern darf das Kraftwerk nicht angeschaltet werden. "Das wäre ein Angriff auf den mühsam ausgehandelten Kohle-Kompromiss", hatte der BUND-Vorsitzende Hubert Weiger gesagt. Er verwies auf den Abschlussbericht der Kohlekommission, in dem es heißt: "Für bereits gebaute, aber noch nicht im Betrieb befindliche Kraftwerke empfiehlt die Kommission, eine Verhandlungslösung zu suchen, um diese Kraftwerke nicht in Betrieb zu nehmen."
Eine Sprecherin des Wirtschaftsministeriums teilte mit, in den Gesetzentwurf sei eine Bestandsschutzregelung aufgenommen worden. "Inhaber einer bestehenden Genehmigung können diese nutzen. Das gebieten Recht und Gesetz, und das wird im Gesetzentwurf wiedergegeben." Das Ministerium führe die von der Kommission empfohlenen Gespräche mit Uniper. "Diese sind noch nicht abgeschlossen." Das Ministerium und Uniper machten keine Angaben zum Stand der Gespräche.
Uniper hat in Datteln mehr als 1,5 Milliarden Euro investiert. Aus
dem Betrieb des Kraftwerks erwartet der Konzern einen jährlichen
Beitrag zum operativen Gewinn (EBIT) von gut 100 Millionen Euro, wie
Finanzvorstand Sascha Bibert am Dienstag bei der Vorstellung der
Quartalszahlen sagte. Uniper hat lukrative Lieferverträge für Strom
aus Datteln abgeschlossen, unter anderem mit dem Energiekonzern RWE
Der Kraftwerksblock mit einer Leistung von 1100 Megawatt sollte bereits 2011 ans Netz gehen. Doch eine Serie von Versäumnissen und Pannen im Genehmigungsverfahren sowie langwierige Reparaturarbeit haben dafür gesorgt, dass auf der Baustelle immer noch gearbeitet wird.
Die Befürworter von Datteln 4 verweisen darauf, dass der Meiler besonders effizient sei und viel Strom und Fernwärme aus der eingesetzten Kohle herausholen könne. Wenn Uniper für Datteln 4 ältere und weniger umweltfreundliche Kraftwerke schneller abschalte "als geplant und die CO2-Bilanz danach besser wird, ist das in Ordnung", sagte NRW-Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) am Dienstag. Sinn des Kohleausstiegs sei schließlich die Reduzierung des Kohlendioxidausstoßes.
Der BUND wies die Argumentation Laschets als Augenwischerei zurück. Datteln 4 sei mitnichten ein Beitrag zum Klimaschutz. Neue Kohlekraftwerke liefen deutlich wirtschaftlicher und deshalb viel länger als alte Blöcke, sagte BUND-Energie- und Klimaexpertin Tina Löffelsend. Selbst wenn zusätzlich alte Kraftwerksblöcke stillgelegt würden, blieben pro Jahr Kohlendioxid-Mehremissionen von rund 2 Millionen Tonnen. "Das wäre eine große Hypothek in einem immer enger werdenden klimapolitischen Korsett."/hff/DP/mis
ISIN DE0007037129 DE000UNSE018
AXC0256 2019-11-12/14:33
Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.