Bundesfinanzminister und SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz soll am 30. April vor dem Parlamentarischen Untersuchungsausschuss der Hamburgischen Bürgerschaft zur "Cum-Ex"-Affäre aussagen. Der Ausschuss stimmte am Freitag mit rot-grüner Mehrheit dafür, den früheren Bürgermeister noch vor den Sachverständigen als Zeugen zu hören. CDU und Linke hatten sich einen späteren Zeitpunkt, wenige Wochen vor der Bundestagswahl, gewünscht, ebenso die AfD. Der von SPD und Grünen vorgelegte Zeitplan sieht eine weitere Befragung von Scholz und seines Nachfolgers im Rathaus, Peter Tschentscher, am 17. Dezember vor.

Der Untersuchungsausschuss soll den Vorwurf der möglichen Einflussnahme führender SPD-Politiker auf die steuerliche Behandlung der in den "Cum-Ex"-Skandal verwickelten Hamburger Warburg Bank klären. Hintergrund sind Treffen von Scholz und dem Warburg-Miteigentümer Christian Olearius in den Jahren 2016 und 2017. Gegen Olearius liefen damals bereits Ermittlungen wegen des Verdachts auf schwere Steuerhinterziehung.

Später ließ Hamburg mögliche Steuernachforderungen von 47 Millionen Euro verjähren, eine weitere über 43 Millionen Euro wurde erst nach Intervention des Bundesfinanzministeriums eingefordert. Inzwischen hat die Warburg Bank alle Steuerforderungen beglichen, was aber kein Schuldeingeständnis sei, wie sie betonte.

Scholz hatte die Treffen mit Olearius erst im Nachhinein eingeräumt und sich auf Erinnerungslücken berufen. Zuvor waren Einträge aus Olearius' Tagebuch bekanntgeworden, die auf die Treffen und eine mögliche Sonderbehandlung der Bank durch die Finanzbehörde hindeuteten. Finanzsenator war damals Tschentscher.

Olerarius' Anwalt, Klaus Landry, verlas am Freitag eine Erklärung seines Mandanten, die er auch für den Bank-Miteigentümer Max Warburg abgab. Darin wurden alle Vorwürfe bestritten. "Wir haben weder wissentlich noch willentlich an rechtswidrigen Cum-Ex-Geschäften mitgewirkt." Vielmehr müsse sich die Deutsche Bank als Depotbank fragen lassen, ob sie sich der Untreue schuldig gemacht habe, da das Bankhaus Warburg die sich aus den Geschäften ergebenden Steuern an sie gezahlt habe. Bei den Treffen mit Scholz habe man diese Rechtsauffassung dargelegt. "Uns ging es nicht um Begünstigung", so Olearius in der Erklärung.

Eine doppelte Zahlung der Steuern hätte das Bankhaus in Gefahr gebracht, sagte Landry. Er führte aus, dass "in einem Stadtstaat wie Hamburg (...) Kontakte und Gespräche zwischen der Wirtschaft, also Unternehmern und Stiftungen einerseits, und Politikern gebräuchlich" seien. "Sie werden von beiden Seiten als nützlich angesehen." Auch verwies er auf die Rolle des Bankhauses, das in Hamburg eine "große Tradition und Bedeutung" habe.

Die Diskussion um den Termin für die Scholz-Befragung hatte zuvor im Ausschuss zu einer heftigen Kontroverse geführt. Norbert Hackbusch von der Linken warf den Vertretern der rot-grünen Regierungsfraktionen vor, Scholz noch vor den Sachverständigen hören zu wollen, um dies zeitlich möglichst weit entfernt vor der Bundestagswahl im September und ohne Faktenkenntnis stattfinden zu lassen. "Uns war daran gelegen, eine kluge und wissende Befragung von Herrn Scholz zu erreichen."

Dabei wurde er auch vom CDU-Abgeordneten Götz Wiese unterstützt, der sich für einen Auftritt von Scholz Anfang August ausgesprochen hatte. "Ich denke auch, dass wir auf jeden Fall erst die Sachverständigen hören müssen." Sein Fraktionskollege Dennis Gladiator nannte es "absurd", einen Zeugen zu befragen, "bevor man sich das materielle Wissen angeeignet und die Sachverständigen gehört hat." Der AfD-Abgeordnete Alexander Wolf nannte die Argumente von Linker und CDU für einen späteren Termin "überzeugend".

Scholz komme nun ja noch vor der Bundestagswahl in den Ausschuss, sagte der Grünen-Politiker Farid Müller. "Und wir werden ihn nicht schonen." Sein SPD-Kollege Milan Pein drohte der Opposition: "Wenn Sie Herrn Scholz am Ende (der Ausschussarbeit) haben wollen, dann kriegen Sie ihn am 17.12. - und nicht im August oder September, wie Sie es ja wollen."/fi/DP/nas

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AXC0336 2021-04-16/18:11

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