Bundeskanzlerin Angela Merkel hat der Forderung nach einer Aufhebung des Rüstungsexportstopps gegen Saudi-Arabien eine klare Absage erteilt. "Ich sehe im Augenblick keine Voraussetzung für eine veränderte Haltung der Bundesregierung", sagte die CDU-Politikerin am Dienstag auf die Frage, wie sie zu einer Verlängerung des in wenigen Tagen auslaufenden Exportstopps stehe.

SPD und Union hatten sich im März 2017 im Koalitionsvertrag auf einen Rüstungsexportstopp für die "unmittelbar" am Jemen-Krieg beteiligten Länder verständigt, aber mehrere Hintertüren offen gelassen. Ein kompletter Exportstopp gegen Saudi-Arabien wurde erst im November 2018 nach der Tötung des regierungskritischen Journalisten Jamal Khashoggi im saudischen Generalkonsulat in Istanbul verhängt und im März dieses Jahres um sechs Monate verlängert. Zum 30. September steht die Entscheidung über eine weitere Verlängerung an.

Saudi-Arabien führt eine Allianz arabischer Staaten an, die im Jemen seit Jahren gegen die vom Iran unterstützten Huthi-Rebellen kämpft. Der Krieg hat die derzeit schlimmste humanitäre Krise weltweit ausgelöst.

Die Forderung nach einem Ende des Exportstopps war aus Merkels eigener Fraktion gekommen. Der außenpolitische Sprecher Jürgen Hardt hatte sie nach dem Drohnen-Angriff auf eine saudische Ölanlage aufgestellt, zu dem die Huthis sich bekannt hatten. Er argumentierte, dass der Selbstschutz Saudi-Arabiens gestärkt werden müsse. "Eine Aufhebung der Exportsperre für defensive Waffensysteme ist in unserem strategischen Interesse", sagte er dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND).

Merkel teilt diese Analyse nicht: "Durch die Ereignisse zeigt sich noch einmal dringlicher, dass wir alles daran setzen müssen, eine diplomatische Lösung für den Jemen-Konflikt zu finden", sagte die Kanzlerin nach einem Gespräch mit dem jordanischen König Abdullah II. in Berlin. "Auch wenn das im Augenblick sehr schwierig aussieht, aber man muss es immer und immer wieder versuchen."

Unterstützung erhielt Hardt allerdings vom stellvertretenden Fraktionsvorsitzenden Johann Wadephul. Er plädierte ebenfalls dafür, den Exportstopp zumindest für defensive Waffen zu lockern. "Die neue Lage hat gezeigt, dass Saudi-Arabien Probleme hat, sich selbst zu verteidigen", sagte der CDU-Politiker dem RND (Mittwoch). Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses, Norbert Röttgen (CDU), nahm dagegen dieselbe Haltung wie Merkel ein.

In der Union wird der Exportstopp seit längerer Zeit kritisch gesehen, weil er auch Gemeinschaftsprojekte mit Partnerländern wie Frankreich oder Großbritannien behindert. Außerdem werde die Verlässlichkeit und damit die Wettbewerbsfähigkeit der deutschen Rüstungsindustrie beschädigt, heißt es.

In der Koalition könnte sich die Union mit der Forderung nach einem Ende des Exportstopps aber ohnehin kaum durchsetzen, denn es geht um ein Prestigeprojekt des neuen SPD-Fraktionsvorsitzenden. Rolf Mützenich hatte die Jemen-Klausel - damals noch als stellvertretender Fraktionschef für Außenpolitik - fast im Alleingang in den Koalitionsvertrag hineinverhandelt. Vor wenigen Tagen musste er bereits seine Absage an eine Verlängerung des Anti-IS-Einsatzes der Bundeswehr zurücknehmen. Ein weiteres Abrücken von einem Kernanliegen der SPD ist kaum vorstellbar.

"Wo Krieg geführt wird, gehören keine deutschen Waffen hin", betonte am Dienstag der stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sören Bartol. "Der Union scheint gerade etwas der außenpolitische Kompass abhanden zu kommen", kritisierte er die Forderung nach einer Aufhebung des Exportstopps. Der Mord an Khashoggi sei immer noch nicht aufgeklärt. Die Bemühungen um Friedensverhandlungen kämen nicht vom Fleck.

Linke und Grüne bekräftigten ihre Forderung nach einer Beibehaltung des Exportstopps. "Es ist aberwitzig, angesichts der Eskalation im Golf die Risiken dort mit weiteren Rüstungsexporten noch mehr zu erhöhen", sagte die Grünen-Verteidigungspolitikerin Agnieszka Brugger der Deutschen Presse-Agentur. Die stellvertretende Linksfraktionsvorsitzende Sevim Dagdelen forderte einen kompletten Exportstopp für alle am Jemen-Krieg beteiligten Staaten.

Die FDP-Wirtschaftsexpertin Sandra Weeser befürwortete dagegen eine Lockerung des Exportstopps: "Länder mit "Systemrelevanz" für die Weltwirtschaft wie Saudi-Arabien müssen solche Angriffe in Zukunft abwehren können."/mfi/cn/DP/stw

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