ROUNDUP 2: Ersehnte Erleichterung: Niedrigste Inflationsrate seit Februar 2022
28.09.2023 | 15:39
WIESBADEN (dpa-AFX) - Die Inflation in Deutschland ist auf dem Rückzug. Die Teuerungsrate sank im September auf den niedrigsten Stand seit Beginn des russischen Angriffskriegs auf die Ukraine im Februar 2022. Nach vorläufigen Daten des Statistischen Bundesamtes vom Donnerstag lagen die Verbraucherpreise im September um 4,5 Prozent über dem Niveau des Vorjahresmonats. Im August war noch ein Anstieg um 6,1 Prozent verzeichnet worden. Volkswirte machen Hoffnung auf eine weitere Abschwächung der Inflation in den kommenden Monaten.
Eine Vier vor dem Komma bei der Jahresteuerungsrate gab es zuletzt im Februar vergangenen Jahres mit damals 4,3 Prozent. Nach Beginn des Ukraine-Krieges waren die Energiepreise rasant gestiegen und hatten die Inflation insgesamt angeschoben. "Der deutsche Inflationsrückgang ist keine Überraschung, aber eine lang ersehnte Erleichterung", sagte Robert Greil, Chefstratege bei Merck Finck.
Zum Vormonat stiegen die Verbraucherpreise den vorläufigen Daten zufolge im September um 0,3 Prozent. Deutlich gestiegene Preise sind seit Monaten eine Belastung für Verbraucherinnen und Verbraucher. Die Menschen können sich für ihr Geld weniger leisten. Das bremst den privaten Konsum, der eine wichtige Stütze der deutschen Wirtschaft ist. Die Bundesregierung bemüht sich um Entlastung, unter anderem durch rückwirkend zum 1. Januar geltende Preisbremsen, die Erdgas, Strom und Fernwärme erschwinglicher machen sollen.
Noch zu früh für Entwarnung
Volkswirte hatten eine Abschwächung der Inflation erwartet. "Im September letzten Jahres hatten zusätzlich zu den Energiepreissteigerungen der Wegfall des 9-Euro Tickets und des Tankrabatts zu einem Preissprung geführt", erläuterte KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.
Nach Einschätzung von Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer zeigt der Inflationstrend auch ohne diesen sogenannten Basiseffekt nach unten, "weil die Inflationswellen bei Energie, Nahrungsmitteln und Industriegütern abebben". Trotzdem sei es "für eine Entwarnung viel zu früh", warnte Krämer.
Auch Deutsche-Bank-Volkswirt Sebastian Becker sieht keinen Grund, "jetzt in Euphorie zu verfallen oder gar schon einen Haken hinter das Thema Inflation zu setzen": Der Weg hin zu dauerhaft niedrigeren Inflationsraten im Bereich von um die 2 Prozent dürfte nach seiner Einschätzung "deutlich beschwerlicher werden".
Nahrungsmittel erneut deutlich teurer
Nahrungsmittel verteuerten sich im September innerhalb eines Jahres den vorläufigen Zahlen zufolge um 7,5 Prozent. Im August mussten Verbraucherinnen und Verbraucher allerdings noch 9 Prozent mehr zahlen als ein Jahr zuvor und im Juli sogar 11,0 Prozent. Der Anstieg der Energiepreise schwächte sich dagegen deutlich ab. Haushaltsenergie und Kraftstoffe kosteten 1 Prozent mehr als im September 2022.
Von ihrem höchsten Stand seit der Wiedervereinigung mit 8,8 Prozent im Herbst 2022 ist die Teuerung inzwischen deutlich entfernt.
Weitere Abschwächung der Inflation erwartet
Bis zum Jahresende dürfte sich die Teuerungsrate Ökonomen zufolge weiter abschwächen. "An der Preisfront entspannt sich die Lage nach und nach", sagte Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle. Die Energierohstoffpreise seien inzwischen deutlich niedriger als auf ihrem jüngsten Höhepunkt, das dämpfe die Entwicklung der Verbraucherpreise.
Führende deutsche Wirtschaftsforschungsinstitute rechnen im Jahresschnitt 2024 mit einer Inflationsrate von 2,6 Prozent nach erwarteten 6,1 Prozent in diesem Jahr. Die Institute gehen davon aus, dass die Phase der Zinsanhebungen im Kampf gegen die hohe Inflation langsam zu Ende geht. Die Europäische Zentralbank (EZB) hat die Zinsen im Euroraum bislang zehn Mal in Folge erhöht.
Die Euro-Währungshüter sehen ihr Ziel stabiler Preise bei einer Inflation von mittelfristig 2,0 Prozent im Euroraum erreicht. Im September des laufenden Jahres lag der sogenannte HVPI, den die EZB für ihre Geldpolitik heranzieht, in Europas größter Volkswirtschaft Deutschland nach vorläufigen Zahlen bei 4,3 Prozent./mar/ben/DP/jkr
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