Die große Koalition sorgt für viel Verdruss - aber das von ihr geschaffene Baukindergeld erfreut sich großer Beliebtheit. Im ersten Monat gab es bereits 24 399 Förderanträge von Familien und Alleinerziehenden. Das geht aus aktuellen Zahlen der für die Anträge zuständigen KfW-Bank hervor, die der Deutschen Presse-Agentur vorliegen. Damit sind von drei Milliarden Euro, die pro Jahr bisher zur Verfügung stehen, 516 Millionen Euro bereits beansprucht.

Bei der neuen Förderung, die der früheren Eigenheimzulage ähnelt und Familien in Zeiten stark steigender Bau- und Immobilienpreise unter die Arme greifen soll, gibt es über zehn Jahre insgesamt 12 000 Euro pro Kind. Gehen die Anträge in gleichem Tempo weiter, reicht das Geld zwar in diesem Jahr aus. 2019 könnte der Topf aber schon nach sechs Monaten leer sein. Nach Angaben einer KfW-Sprecherin greift dabei das sogenannte "Windhund-Verfahren": Der Bund stellt jährliche Mittel zur Verfügung - wenn diese aufgebraucht sind, sind sie aufgebraucht. Somit könnten Familien, die zum Beispiel im Oktober 2019 einen Bauantrag oder Kaufvertrag in der Tasche haben, zunächst einmal leer ausgehen.

Spitzenreiter bei den Baukindergeld-Anträgen ist Nordrhein-Westfalen mit 5611 Anträgen, gefolgt von Baden-Württemberg (3197), Bayern (3089) und Niedersachsen (3059). Hinten liegen die Stadtstaaten Hamburg (237) und Bremen (207). Für den Bau eines Hauses oder den Kauf einer Immobilie winkt ein staatlicher Zuschuss von 1200 Euro je Kind und Jahr - garantiert über zehn Jahre. Damit will die große Koalition gegen Wohnungsmangel und Mietsteigerungen vorgehen. Die meisten Anträge stammen von Familien mit einem oder zwei Kindern; 44 Anträge auch von Familien mit sechs und mehr Kindern - bei sechs Kindern beträgt der staatliche Zuschuss über zehn Jahre 72 000 Euro.

Das neue Baukindergeld wird voraussichtlich ab März 2019 ausgezahlt, wenn die Anträge mit dem Hochladen der Dokumente final beschieden werden - das Programm wurde sehr schnell von der großen Koalition auf den Weg gebracht, daher dauert der technische Aufbau noch etwas.

Gewährt wird das Baukindergeld für Familien und Alleinerziehende bis zu einer Grenze von 90 000 Euro zu versteuerndem Haushaltseinkommen im Jahr bei einem Kind. Bei jedem weiteren Kind darf die Grenze 15 000 Euro höher liegen. Anträge können über die Seite der KfW-Bank gestellt werden (www.kfw.de/baukindergeld). Einen Antrag können alle Eltern oder Alleinerziehenden mit mindestens einem Kind stellen, die seit Januar 2018 einen Kaufvertrag unterzeichnet oder eine Baugenehmigung erhalten haben. Den Zuschuss gibt es für alle Verträge oder Baugenehmigungen, die bis Ende 2020 abgeschlossen werden.

Zuletzt hatte der Neubau in Deutschland wieder etwas zugelegt. Von Januar bis August wurden 204 100 neue Wohnungen genehmigt, das sind 2,5 Prozent mehr als im gleichen Vorjahreszeitraum. Aber steigende Baupreise und Handwerkermangel sind weiter die größte Hürde - und in Ballungsräumen ist Bauland knapp. Um die große Nachfrage nach Wohnungen zu decken - und um durch ein größeres Angebot auch Mietpreisanstiege zu stoppen, müssen nach Meinung von Politik und Bauwirtschaft jährlich 350 000 bis 400 000 Wohnungen entstehen. 2017 waren es nur knapp 285 000.

Die Union argumentiert, wenn Familien mit Hilfe des Baukindergelds verstärkt von Mietwohnungen in eigene vier Wände ziehen, würden diese Wohnungen für andere frei und Eigentum sei die beste Altersvorsorge. Doch für die Opposition ist die weit über zehn Milliarden Euro kostende Subvention ein Strohfeuer: Das Baukindergeld subventioniere letztlich die Umwandlung von noch mehr Miet- in Eigentumswohnungen - die im Preis zugleich weiter steigen würden, meinen die Grünen.

Die FDP fordert, statt eine neue Subvention zu schaffen, die alle Steuerzahler mitbezahlen müssen, solle man staatliche Kaufnebenkosten senken - etwa durch Nachlässe bei der Grunderwerbssteuer, die bis zu 6,5 Prozent beträgt - was mehrere zehntausend Euro ausmachen kann.

Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion, betonte: "Das Baukindergeld werden vor allem Menschen nutzen, die ohnehin gebaut hätten." Statt echter Eigentumsförderung provoziere dieses milliardenschwere Wahlgeschenk nur Mitnahmeeffekte. "Der bessere Weg zu einer Eigentümernation Deutschland ist ein Freibetrag bei der Grunderwerbsteuer und eine Entlastung bei den Baukosten." Es sei ein fadenscheiniges Spiel, "den Leuten erst Geld über die Steuern wegzunehmen und es ihnen dann als Wahlgeschenk wieder zu geben"./ir/DP/she

AXC0228 2018-10-23/15:59

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