Bei Stahl handelt es sich nach wie vor um eines der beliebtesten und am häufigsten eingesetzten Baumaterialien. Jedoch beginnt der alte Glanz des Stahles zuletzt zunehmend zu rosten mit spürbaren Auswirkungen auf die Produzenten. Auch in unserer Alpenrepublik befindet sich mit voestalpine ein Exemplar dieser Spezies und der Linzer Stahlriese legte diese Woche am Mittwoch seine Zahlen zum Geschäftsjahr 2018/19 vor. Das abgelaufene Geschäftsjahr lässt sich wohl mit Pleiten, Pech und Pannen am besten zusammenfassen. Viele unterschiedliche Faktoren, sowohl interner als auch externer Natur waren hierfür verantwortlich und führten zu 2 Gewinnwarnungen die den erwarteten Betriebsgewinn im Verlaufe des Jahres von 1,3 auf 1 Milliarde und in weiterer Folge auf 750 Millionen Euro zusammenschrumpfen ließen. Trotz der deutlichen Gewinnrückgänge lag man mit den endgültigen Ergebnissen, etwas über den meisten Analystenschätzungen, jedoch versprühte der Ausblick auf das Geschäftsjahr 2019/20 keinen besonders großen Optimismus. Grundsätzlich betonte das Unternehmen, dass man sich in Zukunft zu einem reinen Technologieanbieter entwickeln will und das klassische Geschäft als reiner Stahlproduzent hinter sich lassen will. Die Antworten, wie dieser Strategiewechsel konkret erfolgen soll, blieb man noch schuldig und will man innerhalb der nächsten Jahre beantworten.

Der Umsatz konnte trotz aller Herausforderungen um 5,1 Prozent auf 13,6 Milliarden Euro erhöht werden. Dies war vor allem auf Preiserhöhungen, die man im Zuge der Preisinflation der Rohstoffe teilweise an die Kunden weitergeben konnte, zurückzuführen. Die operativen Ergebnisse und der Gewinn gingen jedoch deutlich zurück. Die wichtigsten Gründe hierfür waren der deutliche Anstieg der Eisenerzpreise, die Hochofenreparatur in Linz, die zeitweise Stilllegung des HBI Werks in Texas, die protektionistischen Entwicklungen des letzten Jahres mit US-Zöllen auf viele Stahlprodukte, Rückstellungen im Zusammenhang mit einem Kartellverfahren im Bereich Grobbleche, die schwache Nachfragesituation in der kriselnden Autoindustrie (mit 34% des Umsatzes, die mit Abstand wichtigste Kundengruppe) sowie signifikant höhere Hochlaufkosten am Automobilkomponenten Standort Cartersville in den USA. Trotz all dieser Sondereffekte im Geschäftsjahr 2018/19 erwartet man, dass das EBITDA im laufenden Geschäftsjahr in etwa konstant bleibt. Dies liegt vorrangig an der schwierigen Preissituation beim Inputfaktor Eisenerz und beim Outputfaktor Stahl und an der geringen Visibilität, wie sich die Autoindustrie in den kommenden Quartalen entwickeln wird, insbesondere in Europa, wo im September die zweite WLTP Stufe namens RDE für weitere Unruhe sorgen könnte! Nachdem der Aktienkurs bereits im Vorjahr rund 50 Prozent einbüßte, setzte sich nach einer kurzfristigen Erholung diese Entwicklung im aktuellen Kalenderjahr fort und man steht derzeit bei rund minus 8 Prozent YtD (ATX: +7% YtD).

Auch die europäische Konkurrenz von voestalpine leidet bereits spürbar unter der herausfordernden Situation am Rohstoffmarkt. Europas größter Stahlhersteller Arcelor Mittal kündigte nach schwachen Unternehmensergebnissen bereits an Kürzungen in Höhe von 3 Mio. Tonnen Stahl bei der Produktion vorzunehmen, um den davongaloppierenden Eisenerzpreisen und den fallenden Stahlpreisen Einhalt zu gebieten. Für das laufende Geschäftsjahr geht man beim luxemburgischen Unternehmen von einem Rückgang der Stahlnachfrage in Europa von 1 Prozent aus. Insgesamt steht aktuell eine Aktienpreisveränderung von rund 26% YtD zu Buche. Doch auch die deutschen Konkurrenten sehen sich mit den gleichen Problemen konfrontiert. Der deutliche Margendruck hat sich auch auf die Ergebnisse von Salzgitter und ThyssenKrupp niedergeschlagen. Diese weisen zurzeit eine Aktienperformance von -9% YtD (Salzgitter) und -22% YtD (thyssenkrupp) auf.

Nun kommen wir zu einem der Hauptakteure in der derzeitigen Krise der Stahlproduzenten, dem Eisenerzpreis. Seit Jahresbeginn sind die Preise um fast 50 Prozent gestiegen, während die Stahlpreise seit Mitte 2018 um rund 37 Prozent gefallen sind. Gleich mehrere Preistreiber katapultierten den Eisenerzpreis in den USA in den vergangenen Monaten auf mehr als 100 US-Dollar/Tonne und somit auf ein 5-Jahreshoch. Aufgrund einer angespannten Angebotssituation und fallenden Lagerbeständen in der größten Eisenerz- Konsumenten-Nation China, haben die Eisenerz-Preise am Weltmarkt zu neuen Höhenflügen angesetzt. Zudem kam zuletzt die Furcht vor dem Ausfall brasilianischer Lieferungen hinzu. Dort droht dem Minenbetreiber Vale zufolge in einem Eisenerz-Tagebau der Bruch eines weiteren Abraum-Damms. Bei einem solchen Unglück Ende Januar waren 230 Menschen ums Leben gekommen. Große Profiteure dieser Preisentwicklungen sind die großen Konzerne BHP Billiton und Rio Tinto. Beide Minengiganten gehören zu den größten Eisenerz-Produzenten der Welt und bei den aktuellen Preisen sprudeln Milliardengewinne.