Für das laufende Geschäftsjahr sieht sich die Raiffeisen Bank International (RBI) weiter steigenden Risikokosten gegenüber. Aktuell liegt die Neubildungsquote für die Risikokosten bei 66 Basispunkten (0,67 Prozent), für das Gesamtjahr sind im Ausblick 75 Basispunkte veranschlagt. Der Höhepunkt dürfte gegen Ende des Jahres erfolgen und sich bis ins nächste Jahr weiterziehen.

"Das Ganze wird auch 2021 noch nicht vorbei sein", sagte der Chief Risk Officer (CRO) Hannes Mösenbacher bei der Bilanzpressekonferenz am Dienstag. Er rechnet im vierten Quartal 2020 sowie im ersten Quartal 2021 mit dem Peak bei den Risikokosten. Die Prognose für die 75 Basispunkte für das Gesamtjahr bestehe "unter der Annahme, dass es zu keinen weiteren großflächigen Störungen" aufgrund der Coronakrise kommt, sagte RBI-CEO Johann Strobl.

Zwar gebe es derzeit steigende Corona-Fallzahlen in Südosteuropa, man hoffe aber, dass die Regierungen richtig damit umgehen werden und dass es nicht zu einem breiten Lockdown komme. Makroökonomisch gesehen habe man in den meisten Ländern, in denen die RBI tätig ist, seit Mai bereits wieder eine "kontinuierliche Verbesserung der Wirtschaftsaktivitäten" gesehen, so Strobl weiter.

Wegen der von der Coronakrise ausgelösten globalen Rezession buchte die Bank im ersten Halbjahr allerdings zusätzliche Kreditrisikovorsorgen im Ausmaß von rund 158 Mio. Euro, so die RBI. Diese sind in den Wertminderungen auf finanzielle Vermögenswerte enthalten, die im Halbjahr von 12 Mio. Euro im Vorjahreszeitraum auf 312 Mio. Euro anstiegen.

Des weiteren sind Wertminderungen auf Beteiligungen und Firmenwerte in Höhe von 106 Mio. Euro und Anpassungen bei Krediten aufgrund von Zahlungsmoratorien im Ausmaß von 16 Mio. Euro von der Kennzahl umfasst. Zum Ende des Halbjahres waren 8,5 Mrd. Euro an Krediten Moratorien unterworfen. Für die Folgeperioden rechnet die RBI mit weiteren Effekten der Moratorien auf das Ergebnis.

Das "notleidende Exposure" (NPE Ratio) der Bank lag zum Ende des Halbjahres 1,9 Prozent und damit um 0,2 Prozentpunkte unter dem Wert zum Jahresultimo. Das war laut der RBI vor allem auf das höhere Kreditvolumen zurückzuführen. Trotz Währungsabwertungen stieg das Kundenkreditvolumen um rund drei Prozent.

Die höheren Risikokosten und Wertminderungen belasteten den Gewinn, der im Vergleich zur Vorjahresperiode im Halbjahr um 35,5 Prozent auf 368 Mio. Euro fiel. Dagegen stieg der Zinsüberschuss leicht um 2,5 Prozent auf 1,7 Mrd. Euro, der Provisionsüberschuss blieb unverändert bei 840 Mio. Euro.

Auch in den einzelnen Osteuropa-Segmenten gab es jeweils einen Gewinnrückgang zu sehen. In Zentraleuropa fiel der Gewinn um knapp 55 Prozent auf 105 Mio. Euro, in Südosteuropa ging er um 47 Prozent auf 115 Mio. Euro zurück, in Osteuropa - wozu auch Russland gehört - fiel er um 7,4 Prozent auf 338 Mio. Euro. In Russland sei das Geschäft zuletzt wieder gut gelaufen. Strobl rechnet auch für das Gesamtjahr mit einem guten Ergebnis, wenn auch nicht auf dem Niveau des Vorjahres.

"Angesichts der schweren Rahmenbedingungen müssen wir mit dem Ergebnis zufrieden sein", so der CEO zu den Konzernzahlen. Die Verwaltungsausgaben seien - "nicht überraschend" - im Jahresvergleich um 23 Mio. Euro auf rund 1,5 Mrd. Euro gesunken.

Aber auch die Kostensenkungsmaßnahmen, die die Bank seit nun zwei Jahren verfolge, würden Wirkung zeigen. Einige dieser Maßnahmen seien bereits im vergangenen Jahr umgesetzt worden, darunter auch ein Personalabbau von weniger als 200 Stellen, so Strobl. Damit habe man einen "erheblichen Teil" des Personalabbaus schon gemacht, so Strobl. Die RBI hat international über 46.000 Mitarbeiter.

Mittelfristig werde man hart arbeiten müssen, um eine Cost-Income-Ratio von 55 Prozent zu erreichen, so der Bankchef. Zum Ende des Halbjahres lag die Kostenquote - das ist der Anteil der Kosten an den Einnahmen (Cost-Income-Ratio) bei 54,8 Prozent (Halbjahr 2019: 59,7 Prozent).

Was die Kapitalausstattung angeht, befindet sich die Bank laut Strobl in solider Verfassung. Zum Ende des ersten Halbjahres lag die harte Kernkapitalquote bei 13,2 Prozent, die Kernkapitalquote bei 14,6 Prozent (Ende 2019: 15,4 Prozent) und die Eigenmittelquote bei 17,5 Prozent (Ende: 17,9 Prozent). In der mittleren Frist peilt die RBI eine harte Kernkapitalquote (CET1) von 13 Prozent an.

Damit blieb der Ausblick insgesamt unverändert zum ersten Quartal. Auch an der Dividendenpolitik hält die Bank weiterhin fest und plant eine Dividendenausschüttung in Höhe von 20 bis 50 Prozent des Konzernergebnisses. Die Hauptversammlung, die darüber entscheidet, ist für den 20. Oktober anberaumt.

Aktuell "scheint es im Moment schwierig zu sein, Dividenden zu zahlen", sagte der CEO zu dem Thema. Man halte derzeit an der Ausschüttungsquote fest, ob man aber tatsächlich eine Dividende auszahlen könne, werde man im Verlauf der weiteren Äußerungen der Aufseher noch sehen. Ende Juli hatte die Europäische Zentralbank (EZB) Europas Banken gemahnt, wegen der Coronakrise bis 2021 auf Dividendenausschüttungen zu verzichten. Die heimische Finanzmarktaufsicht (FMA) unterstützt die Empfehlungen der europäischen Finanzaufseher.

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