OTS: Jones Lang LaSalle SE (JLL) / Liquidität und Vertrauen durch größtes ...
06.07.2020 | 09:39
Liquidität und Vertrauen durch größtes Konjunkturpaket der
gesamtdeutschen Geschichte - Deutscher Investmentmarkt zum Ende des
ersten Halbjahres noch deutlich im Plus
Frankfurt (ots) - Liquidität und Vertrauen. Zwei Begriffe, die sowohl die
Finanz- als auch die Investmentmärkte in den letzten Wochen und Monaten geprägt
haben. "Zur Aufrechterhaltung der Liquidität bei Unternehmen hatten Politik und
Zentralbanken deswegen enorme Beträge in die Märkte gepumpt. Das mit dieser
Maßnahme verbundene Ziel war und ist die Wiederherstellung von Vertrauen durch
diese unterstützenden Maßnahmen. Denn Vertrauen ist die Voraussetzung für
mutiges, nicht zögerliches Handeln und die Vermeidung eines Lockdowns auf Seiten
von Investoren, Nutzern und Konsumenten", so Helge Scheunemann , Head of
Research JLL Germany. Mit einem Volumen von rund 4 bis 4,5 Prozent des
Bruttoinlandsprodukts wurde in einer konzertierten Aktion das bislang größte
Konjunkturpaket der gesamtdeutschen Geschichte geschnürt, bestehend aus vier
großen Blöcken: Hilfen für die Konsumenten, für die Unternehmen und für die
Kommunen sowie Investitionen in die Zukunft. "Die damit einhergehende massive
Neuverschuldung des Staates erscheint angesichts der Krisendimension notwendig
und vor dem Hintergrund der nach wie vor aufgerufenen Minizinsen für deutsche
Bundesanleihen auch vertretbar", so der JLL-Chefresearcher.
Auch wenn die Wirtschaft gepusht durch die Finanzhilfen langsam wieder anläuft,
erwarten die Marktteilnehmer verzögerte Auswirkungen auch auf die
Immobilienwirtschaft. "Das Finanzierungsumfeld wird mindestens bis 2021 spürbar
schwierig bleiben. Im weiteren Verlauf könnten die wirtschaftlichen Auswirkungen
der Pandemie bei Finanzierern, beispielsweise in Form von non-performing loans,
konkreter und verstärkter zum Tragen kommen", so Helge Scheunemann . Für die
Beurteilung der Werthaltigkeit der Immobilie auch als Kreditsicherheit sei die
Entwicklung an den Investment- und Vermietungsmärkten daher ausschlaggebend.
"Vorübergehende Mietrückstände oder gar die komplette Stundung von Mietzahlungen
beeinträchtigen die Preisfindung aktuell allerdings erheblich. Diese
Verunsicherung lähmt den Markt. Der Wert der Immobilien wird zukünftig auf jeden
Fall noch viel mehr durch die unterschiedlichen Geschäftsmodelle der Nutzer
beeinflusst", so Scheunemann . Wer hätte es schon für möglich gehalten, dass ein
Unternehmen wie die Deutsche Lufthansa kurz vor der Insolvenz stehen könnte, mit
entsprechenden Auswirkungen auch auf die von ihr genutzten Immobilien? Dagegen
werden Immobilien mit Nutzern aus den Branchen öffentliche Verwaltung,
Lebensmittel, Drogerien oder Gesundheit und Forschung sicherlich anders bewertet
werden.
Transaktionsvolumen[1] im ersten Halbjahr 2020 noch deutlich über Vorjahr -
Finanzierungen bleiben herausfordernd
Was der Blick auf die nackten Zahlen offenbart, ist zunächst einmal erfreulich
und würde in "normalen" Zeiten und unter "normalen" Umständen sicherlich zu
einer anderen Schlagzeile führen. Doch angesichts der verhaltenden Stimmung und
der enormen Diskrepanz der Transaktionsvolumina zwischen dem ersten und zweiten
Quartal mag keine echte Freude aufkommen. Mit einem Transaktionsvolumen in Höhe
von 42,5 Mrd. Euro übertraf das erste Halbjahr 2020 das Ergebnis des Vorjahres
um 31 Prozent. Dabei lag das Plus mit über 80 Prozent in den ersten drei
Monaten. Das gesamte Jahr 2020 profitiert von diesem einen, ersten Quartal, und
das wird gleichwohl auch eine Ausnahme bleiben. Vor diesem Hintergrund muss man
auch die Monate April bis Juni bewerten: bei 35 Prozent liegt ihr Beitrag zum
Halbjahresvolumen - Beleg dafür, dass die Corona-Pandemie und deren Folgen auch
den Investmentmarkt erreicht hat.
"Vor allem die im ersten Quartal dominierenden Unternehmensübernahmen und
-beteiligungen fanden in der Folge kaum noch statt, sicherlich auch ein Resultat
der unsicheren Entwicklung und der Volatilität an den Aktienmärkten", vermutet
Scheunemann . Die grassierende Volatilität schlägt sich in den Statistiken
nieder: der Anteil der Portfoliotransaktionen hat sich im zweiten Quartal
deutlich auf rund die Hälfte des Volumens reduziert. Dennoch ist für das erste
Halbjahr ein deutliches Plus gegenüber 2019 zu notieren mit einem Volumen von
24,4 Mrd. Euro. Einzeltransaktionen trugen mit 18,1 Mrd. Euro 43 Prozent zum
Gesamtvolumen bei.
Größte Transaktion des zweiten Quartals war der Verkauf von 86 Prozent inklusive
der Immobilien von Godewind an Covivo mit einem Volumen von rund 1 Mrd. Euro.
Die größte Einzeltransaktion weist München auf, wo rund 240 Mio. Euro für einen
Büro- und Gewerbepark gezahlt wurden.
Dennoch ist enorm viel Liquidität im Markt und zahlreiche institutionelle und
private Investoren suchen nach attraktiven Anlagemöglichkeiten. Wie so oft in
Krisenzeiten fokussiert sich die Nachfrage vermehrt auf das Core-Segment. "Doch
nicht mehr jedes noch vor der Krise als Core titulierte Objekt wird heute noch
so eingestuft. Vor allem Produkte mit langlaufenden Mietverträgen und stabilen
Mietern, am besten staatlich, sind gefragter denn je. Bei solchen Objekten wird
es auch keinen Preisdiscount geben, eher das Gegenteil ist der Fall",
prognostiziert Scheunemann . Rückläufig ist dagegen die Nachfrage für Value Add
Produkte oder Projektentwicklungen, die spekulativ errichtet werden bzw. noch
keine (ausreichende) Vorvermietung aufweisen.
"Die Finanzierung für Core-Produkte sehen wir als nach wie vor stabil an, Banken
und auch Versicherungen sind weiterhin als Kapitalgeber aktiv. Die
Finanzierungskonditionen haben sich zwar um ca. 30-70 Basispunkte verteuert, in
Relation zu den gesunkenen Renditen für Staatsanleihen ergeben sich dennoch
nahezu die gleichen Finanzierungskonditionen wie vor Covid-19", berechnet
Scheunemann. Und weiter: "Dagegen haben die Kapitalkosten für Value-Add Objekte
und Projektentwicklungen im Schnitt um 100-200 Basispunkte deutlich stärker
zugelegt. Und bei großvolumigen Transaktionen ziehen sich Finanzierungen
deutlich länger hin als vor der Krise. Viele Finanzierer prüfen insbesondere die
Zahlungsbereitschaft der Mieter bzw. die bereits existenten Mietausfälle."
Scheunemann konstatiert denn auch: "Die Prognose bleibt zur Jahresmitte
durchwachsen. Auf der einen Seite laufen einige Verkaufsprozesse weiter bzw.
wieder an, einige auch größere Transaktionen könnten in den nächsten beiden
Quartalen erfolgreich über die Bühne gehen. Andererseits wird es in den
besonders betroffenen Assetklassen Einzelhandel, mit Ausnahme Lebensmittel, und
Hotel auch im weiteren Jahresverlauf schwierig bleiben. So banal es auch klingen
mag, auch die nach wie vor immer noch lahmen Reisetätigkeiten behindern den
Abschluss oder das Fortführen mancher Transaktionen. Solange die
Einreisebeschränkungen aus bestimmten Herkunftsländern aufrecht erhalten
bleiben, solange werden auch die Transaktionsaktivitäten nur eingeschränkt und
überwiegend national funktionieren.
Für das Gesamtjahr 2020 rechnen wir vor diesem Hintergrund mit einem Volumen von
rund 70 Mrd. Euro. Dies wäre ein Rückgang gegenüber 2019 um knapp ein Viertel."
Living bleibt stärkste Assetklasse
Zum Ende des ersten Halbjahres hat die Assetklasse Living ihren Spitzenplatz als
transaktionsstärkster Sektor bestätigt. Von Januar bis Ende Juni wurden rund
14,7 Mrd. Euro (davon 4 Mrd. Euro in Q2) in deutsche Wohnportfolios,
Studentenwohnheime, Mikroappartements oder Senioren- und Pflegeheime investiert.
Der Anteil dieses Sektors am Gesamtvolumen wuchs auf 35 Prozent, dokumentiert
damit die große Nachfrage nach solchen Immobilien auch oder gerade in
Krisenzeiten. Die Bedeutung wird auch mit dem Aufstieg des zweiten
Immobilienunternehmens (Deutsche Wohnen) in den DAX unterstrichen. Und nicht zu
vergessen ist Vonovia in den letzten Wochen und Monaten zum mittlerweile
sechstgrößten börsennotierten Wohnungskonzern weltweit aufgestiegen.
Deutlich geringer ist der Anteil der im ersten Halbjahr gehandelten
Büroimmobilien : Mit 22 Prozent kommen sie auf 9,4 Mrd. Euro mit der bereits
erwähnten größten Transaktion (Übernahme der Godewind-Büroimmobilien). Die
größte Einzeltransaktion im Bürosektor war der Verkauf eines Bürokomplexes in
Berlin für rund 400 Mio. Euro im ersten Quartal. Auf rund 240 Mio. Euro kam in
den folgenden drei Monaten der größte Verkauf eines Objekts eines Entwicklers an
eine Versicherung in München. Dennoch: Gerade großvolumige Transaktionen
jenseits der 100 Mio. Euro waren bislang eher selten. Bis Ende Juni konnten nur
28 Transaktionen im dreistelligen Millionenbereich registriert werden. Damit hat
sich die Anzahl der Abschlüsse in diesem Segment gegenüber den beiden letzten
Quartalen des Jahres 2019 halbiert. Eine deutlich größere Relevanz haben
gemischt genutzte Immobilien oder Portfolios. Der Anteil solcher Transaktionen,
bei denen keine spezifische Nutzungsart mehr als 75 Prozent der Mieteinahmen auf
sich vereinen kann, liegt mittlerweile bei 16 Prozent (6,7 Mrd. Euro).
Einzelhandelsgenutzte Immobilien kommen auf einen Anteil von 14 Prozent (rund 6
Mrd. Euro). Mit 3,5 Mrd. Euro entfielen mehr als 58 Prozent auf Fachmärkte,
Fachmarktzentren oder Supermärkte und Discounter. Ähnlich wie Wohnimmobilien
erweisen sie sich als krisenresistent. Auch für den weiteren Jahresverlauf
dürften sich die gestiegenen Umsatzerlöse in diesem Segment positiv auf die
Nachfrage nach Immobilien auswirken. In diesem Segment bleibt es eher dabei,
dass das Angebot an adäquaten Produkten limitiert ist. "Ob die zum 1. Juli
reduzierte Mehrwertsteuer die Lust der Konsumenten aufs Shoppen zurückbringt,
bleibt abzuwarten. Zumindest für den stationären Handel bleiben Maskenpflicht
und Abstandsregeln eher Hemmschuh und das Einkaufen ist mehr Pflicht denn
Freude", so Scheunemann .
Hamburg mit dem stärksten Anstieg unter den Big 7 - Nachfrage außerhalb der
Hochburgen steigt
I n der Aggregation entfallen rund 18 Mrd. Euro auf die Big 7 . Das ist ein
Anteil von 42 Prozent am gesamtdeutschen Transaktionsvolumen und entspricht
einem Plus von 4 Prozent gegenüber dem Vorjahreshalbjahr. Besonders stark wuchs
das Transaktionsvolumen in Hamburg mit einem Plus von 83 Prozent auf knapp 3 Mrd
. Euro. Hierzu beigetragen haben auch Objekte aus
überregionalen Portfolios. Damit liegt die Hansestadt noch vor Frankfurt (+
26%), Düsseldorf (+ 23 %) und München (+ 17 %). Volumenmäßig mit Abstand an der
Spitze bleibt aber nach wie vor Berlin . Hier wechselten Immobilien im Wert von
5,1 Mrd. Euro die Besitzer. Allerdings: auch die Hauptstadt musste im
12-Monatsvergleich - wie Köln (- 27%) und Stuttgart (- 41%) - einen deutlich
zweistelligen Rückgang (- 24 %) hinnehmen.
"Interessanterweise hat die regionale Diversifizierung zugenommen. Fanden vor
Jahresfrist noch 46 Prozent des gesamtdeutschen Transaktionsvolumens in Städten
außerhalb der Big 7 statt, so erhöhte sich dieser Anteil nun auf 58 Prozent -
und das bei einem absolut höheren Volumen", erklärt Scheunemann . Rund 25 Mrd.
Euro flossen in Märkte außerhalb der großen Metropolen . Scheunemann weiter:
"Angesichts der vermeintlich defensiveren und risikoaverseren
Investitionsstrategie der Investoren scheint diese Entwicklung erst einmal
überraschend. Zurückzuführen ist dieses Ergebnis aber auch auf die großen
M&A-Deals des ersten Quartals, so z.B. im Wohnbereich die Adler-Übernahme durch
ADO Properties mit einem Schwerpunkt des Wohnungsportfolios auf Standorte
außerhalb der Big 7."
Renditen beginnen sich langsam auszudifferenzieren
Die Spitzenrenditen bleiben auch nach sechs Monaten robust. Das gilt zumindest
für die Assetklassen Büro, Logistik sowie in Teilen auch für
Einzelhandelsimmobilien. Mit einer über alle sieben Hochburgen hinweg
gemittelten Büro-Spitzenrendite von 2,91 Prozent liegt das Preisniveau aktuell
sogar noch einmal minimal niedriger als vor drei Monaten und im
12-Monatsvergleich damit 15 Basispunkte niedriger. "In den letzten drei Monaten,
die voll im Corona-Krisenmodus standen, haben deutsche Immobilien eine
bemerkenswerte Stabilität bewiesen", erläutert Helge Scheunemann . Auch wenn die
Anzahl der Transaktionen rückläufig ist, so habe die Krise dennoch nicht dazu
geführt, dass die Investorennachfrage abebbte. "Große Private Equity Investoren
sammeln nach wie vor Unmengen an Kapital ein, gleichzeitig sondieren gerade auch
asiatische Investoren intensiv den deutschen Markt. Kurzum: wenn es um
Sicherheit, Vertrauen und Stabilität geht, ist der deutsche Investmentmarkt in
Teilen weiterhin ein interessanter Investitionsstandort. Und für die
Preisfindung ist letztendlich nicht nur der Abschluss wichtig, auch die Anzahl
der Gebote in Bieterprozessen und das in diesen Prozessen ermittelte Preisniveau
spricht für diese Renditekonstanz. Ähnliches gilt auch für Logistikimmobilien,
die derzeit stark von der wachsenden Nachfrage im Bereich E-Commerce
profitieren. Hier liegen die Spitzenrenditen weiterhin bei 3,75 Prozent und
damit 15 Basispunkte unter dem Vorjahreswert", erläutert Scheunemann.
Im Einzelhandel differenzieren sich die Renditen immer stärker aus. Während
lebensmittelgeankerte Fachmarktprodukte, Nahversorgungszentren oder auch
Baumärkte eine nach wie vor sehr hohe Investorennachfrage spüren, machen sich
die strukturellen Probleme bei Shopping Centern und auch bei innerstädtischen
Geschäftshäusern nun auch in den Preisen bemerkbar. So stiegen im stationären
Einzelhandel in den Einkaufsstraßen der sieben Hochburgen die Renditen im Mittel
leicht um 3 Basispunkte auf 2,87 Prozent. Zwar dürfen die Geschäfte seit Mai
wieder ihre Pforten öffnen, Rückkehr zur gewohnten Normalität ist das allerdings
noch lange nicht und weggebrochene Umsätze werden sich nur schwer bis gar nicht
wieder aufholen lassen. In der Folge sind die Insolvenzen besonders im
Textilsektor gestiegen und in den Einkaufsstraßen der Städte gibt es vermehrt
Leerstände zu beobachten.
Bei Shopping Centern gab es einen weiteren Schritt nach oben, die
Spitzenrenditen liegen nun bei 4,75 Prozent und damit 55 Basispunkte höher als
noch vor 12 Monaten.
"Für die weitere Entwicklung bis zum Jahresende gehen wir davon aus, dass die
zum Halbjahr beschriebenen Prozesse sich fortsetzen werden: keine Veränderung
bei den Büro-, Fachmarkt- und Logistikrenditen. Dagegen erwarten wir einen
weiteren Anstieg bei Shopping Centern", prognostiziert Helge Scheunemann .
[1] Das Transaktionsvolumen umfasst Büro-, Einzelhandels-, Logistik - und
Industrieimmobilien, Hotels, Grundstücke, Spezialimmobilien, gemischt genutzte
Immobilien sowie die Asset-Klasse Living mit Mehrfamilienhäusern und
Wohnportfolios ab 10 Wohneinheiten und 75 Prozent Wohnnutzung, Verkauf von
Unternehmensanteilen (ohne Börsengänge), Appartementhäuser, Studentenwohnen,
Senioren-/Pflegeimmobilien und Kliniken.
Pressekontakt:
Dorothea Koch, Tel. 069 2003 1007, dorothea.koch@eu.jll.com
Weiteres Material: http://presseportal.de/pm/62984/4643400
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