Krokodilstränen, Kommentar zu RWE von Christoph Ruhkamp

Frankfurt (ots) - Der Deal mit der Bundesregierung zum beschleunigten

Braunkohleausstieg steht. Doch das Krokodil RWE weint dicke Tränen. Glaubt man

Vorstandschef Rolf Martin Schmitz, dann deckt die Entschädigungssumme von 2,6

Mrd. Euro nicht die Kosten für die Abschaltung einiger sehr alter Kraftwerke bis

Ende 2022 und das Ende des Tagebaus Hambach bis 2030.

Das mag sein. Der Deal tut RWE ein bisschen weh. In Wahrheit aber kann der

Konzern froh sein, die Braunkohle mit so viel staatlicher Unterstützung

loszuwerden. Man hätte es bei erwartbar weiter steigenden CO2-Preisen und einer

mutmaßlich weiter verschärften EU-Regulierung ohnehin zunehmend schwer gehabt,

mit den alten Braunkohlekraftwerken im Rheinischen Revier Geld zu verdienen.

Die Investoren sehen es denn auch genauso. Mit einem weiteren Anstieg des

Aktienkurses feiern sie das Milliardengeschenk der Bundesregierung, für das es

keine juristische Notwendigkeit gab, sondern das den gesellschaftlichen Konsens

absichern soll. Der Braunkohle-Deal wird am Kapitalmarkt als vergleichsweise

klare Regelung gesehen, die ab jetzt Planungssicherheit bringt - auch wenn das

Gesetz noch nicht verabschiedet ist, die EU noch prüfen muss und noch viele

Details festgezurrt werden müssen. Binnen Jahresfrist hat sich der Börsenwert

des Konzerns, dem nun der Umbau zum künftig großen Ökostromerzeuger von der

Bundesregierung vergoldet wird, um die Hälfte erhöht. Nur möchte RWE

verständlicherweise nicht allzu laut mitfeiern, das käme in Berlin nicht gut an.

Der Kohlekompromiss wird für den Bund teuer. Zusammen 4,35 Mrd. Euro bekommen

die Braunkohlekonzerne, 40 Mrd. Euro sollen den Kohleregionen beim Umsteuern

helfen, noch weitere Milliarden gehen an Tausende Braunkohlearbeiter, deren

Stellen wegfallen, und an Unternehmen, die besonders viel Strom brauchen und im

internationalen Wettbewerb stehen.

Umso mehr ist zu begrüßen, dass wenigstens an einer Stelle des Braunkohle-Deals

ganz klar die Vernunft gesiegt hat. Das hochmoderne neue Steinkohlekraftwerk

Datteln 4 von Uniper darf 2021 ans Netz gehen. Das Kraftwerk politisch zu

stoppen, hätte Entschädigungszahlungen in Milliardenhöhe erfordert, weil

zumindest die Baukosten hätten ersetzt werden müssen. Stattdessen werden nun

ältere Steinkohlekraftwerke abgeschaltet. Dadurch, dass Datteln 4 ans Netz geht,

wird mehr CO2 mit geringerem Aufwand eingespart, als wenn es nicht in Betrieb

ginge. Mehr solcher Effizienzorientierung wäre zu wünschen.

Pressekontakt:

Börsen-Zeitung

Redaktion

Telefon: 069--2732-0

www.boersen-zeitung.de

Weiteres Material: https://www.presseportal.de/pm/30377/4494389

OTS: Börsen-Zeitung

AXC0319 2020-01-16/20:01

Copyright dpa-AFX Wirtschaftsnachrichten GmbH. Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung, Wiederveröffentlichung oder dauerhafte Speicherung ohne ausdrückliche vorherige Zustimmung von dpa-AFX ist nicht gestattet.