Börsen-Zeitung: (Un)vereint gegenüber China / Kommentar zu den

europäisch-chinesischen Beziehungen von Julia Wacket

Frankfurt (ots) - In den Beziehungen zwischen der EU und China hat

ein neues Zeitalter begonnen. In der neuen Normalität ist China nicht

mehr nur strategischer Partner, sondern vor allem Wettbewerber.

Dass die EU diese Doppelstrategie aus Kooperation und Wettbewerb

fährt, ist richtig. Für eine einheitliche Haltung der Europäer

gegenüber Peking bedarf es aber mehr als ein paar "Mini-Gipfel" mit

Xi Jinping - denn die EU-Mitgliedsländer sind sich bezüglich des

Umgangs mit China uneinig.

Es war vor allem Xi, der gestern in Paris um mehr Vertrauen in den

gemeinsamen Wirtschaftsbeziehungen geworben hat. Womit er einen

wunden Punkt getroffen hat, ist die Angst der Europäer um ihre

kritische Infrastruktur und vor Spionage durch Huawei beim 5G-Ausbau

doch aktuell besonders groß. Peking ist aber nun mal nicht mehr

"Werkbank der Welt", sondern drängt in Bereiche, die anspruchsvoller

sind und lange Zeit Domäne der Industrieländer waren. Auch

zunehmende Investitionskontrollen werden Pekings wirtschaftliche

Bedeutung und wachsenden politischen Einfluss nicht aufhalten können

- das sollte daher auch nicht das Ziel der Europäer sein.

Das Ziel kann es aber durchaus sein, unfairen Wettbewerb wie bei

Chinas Industrie- und Subventionspolitik zu verhindern. Deswegen ist

es richtig, wenn die EU China erneut zu mehr Marktöffnung aufruft und

sie das Thema Subventionen durch eine Reform der

Welthandelsorganisation WTO angehen will. Denn Xi hat bei

marktorientierten Reformen schon viel versprochen, aber wenig

umgesetzt. Gleichzeitig sollte die EU eine selbstkritische Haltung

einnehmen. Ein offeneres China einzufordern, muss für Europa auch

heißen, selbst offen zu bleiben.

Vor allem aber muss Europa vereint auftreten. Das ist im Umgang

mit China, wie in vielen anderen Bereichen, noch nicht der Fall. Die

EU-Länder akzeptieren allzugern bilaterale Deals mit Peking, wie

Paris am Montag den milliardenschweren Deal mit Airbus. Jedes Land

will seine eigenen Wirtschaftsbeziehungen mit Peking ausbauen.

Während einige EU-Staaten, nicht zuletzt Deutschland, chinesischen

Investitionen zusehends skeptisch gegenüberstehen, sind andere offen

dafür. Italiener und Osteuropäer sind unglücklich darüber, dass der

Rest der EU sie belehren will, sich von Chinas

Seidenstraßen-Initiative fernzuhalten - ist es doch vor allem

Westeuropa, das bisher vom Handel mit China profitiert hat. Die EU

braucht daher nicht nur mehr Vertrauen in China, sondern auch mehr

politischen Willen zur Gemeinsamkeit- sonst droht jegliche gemeinsame

China-Strategie zu scheitern, bevor sie überhaupt richtig begonnen

hat.

(Börsen-Zeitung, 27.03.2019)

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