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09.12.2019 | 20:00
Börsen-Zeitung: Ideenwettstreit / Kommentar zur
EU-Wettbewerbsfähigkeit von Andreas Heitker
Frankfurt (ots) - Eigentlich ist es nicht sonderlich der Rede wert, wenn wieder
einmal Unternehmen oder ihre Lobbyverbände neue Forderungen an die EU-Politik
veröffentlichen. Das ist Tagesgeschäft in Brüssel. Wenn aber die gut 50 größten
multinationalen Konzerne aus Europa mit insgesamt über 2 Bill. Euro Umsatz und 5
Millionen Beschäftigten vorstellig werden, haben ihre Anliegen das Gewicht, auch
gehört zu werden - vor allem, wenn ihre aktuelle Analyse der
Wettbewerbssituation so besorgniserregend ausfällt.
Es ist bekannt, dass Europa seit Jahren zu wenig in Forschung und Entwicklung
(F&E) investiert und bei den großen Zukunftsthemen - wie etwa der künstlichen
Intelligenz - gegenüber den USA und China ins Hintertreffen zu geraten droht.
Dies drückt sich mittlerweile in entsprechenden Patentanmeldungen aus. Und wie
der Bericht der Industrie-Allianz zeigt, können europäische Unternehmen auch bei
der Produktivität oft nicht mithalten. Die Wachstumsraten sind
unterdurchschnittlich; die weltweite Bedeutung der EU-Wirtschaft sinkt.
Mit ihren Forderungen nach einer neuen, ambitionierten Industriestrategie, die
mit einer Modernisierung der Wettbewerbsregeln und einer Neujustierung der
Förderpolitik einhergeht und die zugleich die beiden Megathemen Klimapolitik und
Digitalisierung mit einbezieht, rennen die Chefs der Großkonzerne daher offene
Türen in Brüssel ein. Dies sind genau die Themen, die sich die neue
EU-Kommission unter Ursula von der Leyen für die nächsten Jahre auf die Fahnen
geschrieben hat. Das von der Brüsseler Wettbewerbsbehörde gestern
beihilfetechnisch durchgewinkte pan-europäische Forschungsvorhaben in der
strategisch wichtigen Batteriefertigung ist ein weiteres Zeichen, dass es die
Kommission hier ernst meint.
Das alles heißt aber nicht, dass Industrie und Politik auf die gleichen
Maßnahmen setzen, um die Wettbewerbsfähigkeit Europas wieder zu stärken. Die
Unternehmen hoffen beispielsweise auf eine Senkung der hohen Energiepreise, um
international konkurrenzfähig zu bleiben - was sich aber mit der politisch
gewollten Verteuerung der CO2-Emissionen beißt. Die Erneuerung der
Wettbewerbsregeln führt dann außerdem gleich wieder zu der kontroversen Frage
nach europäischen Champions. Und ob eine F&E-Stärkung unbedingt über
Steueranreize erfolgen muss, sei auch einmal dahingestellt. Morgen wird von der
Leyen erst einmal Details zu ihrem Green Deal vorstellen. Mal schauen, wie groß
die Unterstützung der Industrie dann noch ist.
(Börsen-Zeitung, 10.12.2019)
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