Arbeit am Geschichtsbuch, Kommentar zur Hamburg Commercial Bank von

Carsten Steevens

Hamburg (ots) - Die Hamburg Commercial Bank (HCOB) zählt nicht zu den großen

Kreditinstituten in Deutschland. Die Hamburger Sparkasse etwa bringt mit 60 Mrd.

Euro die doppelte Bilanzsumme auf die Waage. Doch hat der Spezialfinanzierer in

den wenigen Jahren seiner Existenz schon mehr als Fußnoten für das

Bankgeschichtsbuch produziert.

So schaffte die HCOB Ende 2021 als erstes Institut den Wechsel aus dem

Sicherungssystem der Sparkassen-Finanzgruppe in die Einlagensicherung des

Privatbankenlagers. Nimmt man die im Juni 2003 gestartete und im Verlauf der

Finanzkrise mit staatlichen Milliardenhilfen gestützte HSH Nordbank hinzu, aus

deren Verkauf an Finanzinvestoren die HCOB im Herbst 2018 hervorging, dann

bieten die vergangenen zwei Jahrzehnte Stoff für ein großes Kapitel in besagtem

Geschichtsbuch.

Eine über Jahre andauernde Restrukturierung des einst bedeutsamen

Schiffsfinanzierers HSH sowie ein Staats­beihilfe­verfahren mündeten in die

erstmalige Privatisierung einer Landesbank, die lange unvorstellbar schien. Dem

Verkauf an Cerberus und Konsorten, den die Alteigner Hamburg und

Schleswig-Holstein aus Furcht vor noch höheren Milliardenkosten einer Abwicklung

vorzogen, folgten Restrukturierung und Umbau zu einer von Altlasten weitgehend

befreiten Bank, die in Nischen agiert und heute mit im inländischen Vergleich

erstklassigen Eigenkapitalrenditen und Aufwandsquoten aufwartet.

An diesem Wandel war Stefan Ermisch seit 2012 als Finanzvorstand sowie seit 2016

als Vorstandsvorsitzender erst der HSH Nordbank und dann der HCOB beteiligt. Mit

seinem angekündigten Ausscheiden per Ende September verliert das Institut einen

erfahrenen und im deutschen Bankenmarkt gut vernetzten Manager mit wichtigen

Kenntnissen der Historie. Über die genauen Beweggründe äußerten sich die HCOB

und er nicht. In einer Online-Konferenz, die eigentlich der Erläuterung der

Halbjahreszahlen diente, waren Fragen nicht zugelassen. Strategisch stimmt der

Kurs der Bank. Private Motive des passionierten Bergsteigers, der mit seiner­

Familie in Bayern lebt, scheinen plausibel.

Anzeichen, dass ein Verkauf oder eine Fusion der HCOB kurz bevorstehen könnte,

gibt es in Anbetracht aktueller Rezessionssorgen und volatilem Kapitalmarkt

nicht. Gleichwohl deutet die Berufung des ehemaligen Cerberus-Managers Ian

Banwell zum neuen CEO an, dass der Exit für die aktuellen Eigentümer ein

zentrales Thema bleibt. Der Verkauf wäre dann auch wieder etwas für das

Geschichtsbuch.

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