„Nur wenn die Flut zurück geht, sieht man, wer keine Badehose trägt“, wird Warren Buffet sinngemäß zitiert. Umgelegt auf Geldpolitik und Asset Allocation könnte man übersetzen, dass in Zeiten des lockeren Geldes die Fundamentaldaten in den Hintergrund treten. Erst wenn die geldpolitischen Zügel angezogen werden, kommen die Fehlbewertungen zum Vorschein und das am stärksten dort, wo sie am größten sind. Der Absturz der Technologieaktien Anfang der 2000er sowie des Immobiliensektors während der Großen Finanzkrise sind gute Beispiele aus der Vergangenheit. Rückblickend wird man sich an das Jahr 2022 wohl noch lange als jenes mit dem Anleihen-Crash erinnern. Offensichtlich sind Anleihen in diesem Zyklus jenes Segment mit der wahrgenommen größten Überbewertung. Angesichts einer negativen Rendite für eine 30jährige Anleihe noch vor einem Jahr ist man geneigt zuzustimmen. Das Schöne an Anleihen ist jedoch, dass die Verluste über eine nunmehr höhere Rendite wieder aufgeholt werden. Voraussetzung dafür ist, dass die Renditen nicht noch weiter steigen. Dies ist für 2023 nicht zu erwarten. Eine schwache Wirtschaft, sinkende Inflationsraten und das Ende der Zinsanhebungen sprechen für fallende Renditen. Für Staats- und Unternehmensanleihen kommt man damit auf attraktive Ertragserwartungen. Schwer zu vermitteln möglicherweise nach den Entwicklungen des heurigen Jahres, aber antizyklisches Investieren ist nicht nur bei Aktien der richtige Zugang. Apropos Aktien: hier ist kurzfristig noch Zurückhaltung geboten. Die weitere Abkühlung der Weltwirtschaft sowie deren Auswirkung auf die Unternehmensgewinne scheinen noch nicht vollumfänglich verdaut zu sein. Ein volatiler Jahresbeginn steht somit bevor. Insbesondere im zweiten Halbjahr ist aber auch für Aktien mit einer Erholung zu rechnen, spätestens wenn sich die Notenbanken mit dem dann erreichten Zinsniveau zufrieden geben.

 

Staatsanleiherenditen mit bemerkenswerten Rückgängen

Der Rückgang der Staatsanleiherenditen war zuletzt durchaus bemerkenswert. Noch bemerkenswerter ist allerdings, dass sich die Zinskurven extrem invers präsentieren. In den USA sehen wir eine ähnlich inverse Zinskurve wie Anfang der 1980er Jahre, in Deutschland wie Anfang der 1990er Jahre. Kurz laufende Anleihen bieten demnach deutlich höhere Renditen als lang laufende Anleihen. Dennoch lassen wir die Finger von Kurven-Positionierungen, bleiben bei Euro-Staatsanleihen (v.a. Deutschland und Frankreich) vorsichtig positioniert, während wir italienischen und US-Staatsanleihen den Vorzug geben.

 

Unternehmensanleihen: Ratingtrend hat sich zuletzt verschlechtert

Weiterhin sehen wir Euro-Investmentgrade-Non-Financials-Anleihen positiv und erhöhen unsere Position von kurz laufenden Investmentgrade-Unternehmensanleihen. Gleichzeitig betrachten wir Bankanleihen gegenüber Non-Financials-Anleihen als bessere Wahl. Ebenso bevorzugen wir deutsche Pfandbriefe gegenüber Euro-Staatsanleihen. Der Ratingtrend hat sich zuletzt verschlechtert, die Ausfallsratenschätzungen der Ratingagenturen sind gestiegen und Banken sind bei ihrer Kreditvergabe deutlich restriktiver geworden. Dies dürfte v.a. Euro-High-Yield- Unternehmen negativ belasten, weshalb wir bei dieser Anleiheklasse vorsichtig positioniert sind.

 

Emerging-Markets-Anleihen: Renditen und Risikoprämien deutlich gesungen

Die Renditen und Risikoprämien von Emerging-Markets-Hartwährungsanleihen sind seit Ende Oktober deutlich gesunken. Wirtschaftsindikatoren in diesen Regionen präsentieren sich unserer Meinung nach (z.B. PMI's, Eco Surprise Indizes) noch besser als in der Euro-Zone oder den USA, wobei v.a. die hohen Rohstoffpreise verantwortlich sind, die tendenziell vor einer Korrektur stehen dürften. Wir bleiben hier neutral positioniert.

 

Entwickelte Aktienmärkte: überraschend starke Unternehmensgewinne

Die internationalen Aktienmärkte konnten sich in den letzten Wochen, angetrieben von der Hoffnung auf ein baldiges Ende der Zinsanhebungen, deutlich erholen. Wir sehen das restriktiver werdende Liquiditätsumfeld unverändert als einen der größten Belastungsfaktoren für die nächsten Monate. Die Gewinnaussichten der Unternehmen haben sich zuletzt überraschend stark präsentiert. Wir haben unsere vorsichtige Positionierung im Aktienbereich etwas zurückgenommen.

 

Schwellenländer-Aktienmärkte: Etwaige Covid-Lockerung in China werden positiv gesehen

Einmal mehr zeigt sich, dass eine pluralistisch geprägte Gesellschaft mittelfristig zu effizienteren Ergebnissen gelangt als eine Diktatur: Mag die Covid-Politik des Westens anfangs als erratisch und nicht ausgeklügelt erschienen sein, zeigt sich, dass die diktatorische Zero-Covid-Politik Chinas das Virus nicht zum Verschwinden gebracht hat, eine wirksame Impfung in China nicht geschafft wurde und man daher vermeintlich wieder am Beginn steht. Auch die ökonomischen Schmerzen wurden nur verlängert. Daher werden die Zeichen einer Lockerung nun vom Markt positiv interpretiert.

 

Rohstoffmärkte: Ängste vor Nachfragerückgang im Energiebereich

Die Rohstoffmärkte tendierten zuletzt seitwärts. Während der Energiebereich deutliche Verluste hinnehmen musste, präsentierten sich Industriemetalle und Edelmetalle fester. Bei den Edelmetallen unterstützte die Hoffnung auf ein baldiges Ende der Zinsanhebungen die Stimmung. Trotz einer unverändert angespannten Angebotssituation belasteten im Energiebereich Ängste vor einem stärkeren Nachfragerückgang.