In Deutschland hat die Aufzeichnung von Telefongesprächen seit jeher einen eher schlechten Ruf. Zeugnis darüber legen eindrucksvoll die überwiegend negative Einstellung der Bevölkerung zur NSA-Affäre ab, bei der die US-amerikanische National Security Agency in großem Umfang und global riesige Datenbanken zur Vorratsspeicherung anlegte. Auch den Film „Das Leben der Anderen“ über die Ausspionierung von Nachbarn und Freunden in der ehemaligen DDR verbinden die meisten Landsleute mit negativen Assoziationen.

Im Bereich Finanzdienstleistungen wurde das sogenannte Taping allerdings im Januar 2018 zur Pflicht. Wurden doch seit Ausbruch der weltweiten Finanzkrise 2008/09 mehrere Skandale publik, bei denen viele Anleger ihr Vermögen verloren. Dabei geriet die Beratung über Finanzinstrumente in den Fokus von Presseorganen und Zivilgerichten. Bei der Nutzung eines Telefonats stand in der Regel Aussage gegen Aussage. So behaupteten die Kunden, nicht ausreichend über die Risiken der Anlagen wie z.B. die berüchtigten Lehman-Zertifikate aufgeklärt worden zu sein. Die Wertpapierdienstleister ließen das Gegenteil verlauten und die meisten Urteile dazu wurden zu Ungunsten der Anleger gefällt.

So wurde 2010 vom Gesetzgeber zum Schutz der Verbraucher das schriftliche Beratungsprotokoll verpflichtend eingeführt. 2017 wurden die Regelungen dahingehend ergänzt, dass eine fernmündliche Beratung aufgezeichnet werden muss und Telefongespräche aufzeichnen erlaubt wird. Dies bedeutet für jedes Unternehmen ungern gesehene Mehrarbeit. Und so sind viele Finanzdienstleiter froh, seit einiger Zeit bequem Telefongespräche mit MiFID Recorder aufzeichnen zu können.

 

Telefongespräche aufzeichnen zum Anlegerschutz

 

Die seit Januar laut EU- Kapitalmarktrichtlinie geltende MiFID II (Markets in Financial Instruments Directive II) Verordnung, welche die Vorgaben zum Taping explizit ausführt, umfasst noch weitere Regelungen. Die Aufzeichnung soll dafür Sorge tragen, dass der Kunde nachweislich über die Chancen und Risiken des empfohlenen Geschäfts aufgeklärt wurde. Es wird damit dokumentiert, ob er über die besagten Finanzinstrumente ausreichend und vollständig informiert wurde. Der Gesetzgeber geht davon aus, dass sich in vielen Fällen eine Beratung erst im Laufe des Gesprächs ergibt. Normalerweise wissen weder Kunde noch Berater zu Beginn eines Telefonats, in welche Richtung dieses sich entwickeln wird. Eben dieser Prozess ist aber für die spätere Rekonstruktion des Beratungsbedarfs und -umfangs von entscheidender Bedeutung.

Experten der BaFin (Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht) empfehlen deshalb, die Aufnahme sofort zu starten, sobald sich die Konversation zwischen Kunden und Berater in Richtung Wertpapierdienstleistung bewegt. Manche Aktien-Hotlines sind dabei verpflichtet, das ganze Gespräch von Beginn an aufzuzeichnen. Der besonderen Flüchtigkeit des gesprochenen Wortes soll damit entgegengewirkt werden.

Damit kann zu einem späteren Zeitpunkt nachweisbar nachvollzogen werden, was genau der Kunde kaufen oder verkaufen wollte und ob die Bank die Orders richtig und vollständig erfasst hat.

 

MiFID II Aufnahmen und der Datenschutz

 

Der Kunde hat die Möglichkeit, die Aufzeichnung abzulehnen. Dann dürfen von Seiten der verantwortlichen Bank keine telefonischen Orders ausgeführt werden.

Oftmals greifen Wünsche des Kunden in den privaten Bereich ein. Diese persönlichen Details, welche den Kunden zu einer Order bewegen, sind im Streitfalle meist von hoher Wichtigkeit. Deshalb sollten sie im geschützten Vertrauensbereich verbleiben. Diese Aufnahmen sind dann vor jeglichem unbefugtem Zugriff zu schützen und dürfen nur sehr eingeschränkt für interne Prüfungen genutzt werden.

 

2020, das besondere Jahr für die Finanzdienstleistungsbranche

 

Nicht nur wegen Corona wartete dieses Jahr für die Branche mit einigen Neuerungen auf. Mit der Finanzanlagenvermittlungsverordnung (FinvermV-neu) wurden die Regelungen der MiFID II seit 1.8.2020 auch für die sogenannten freien Betriebe verbindlich. Dazu wurde das Dokument erweitert. Finanzdienstleister müssen jetzt einmal im Jahr ihre Anleger über die Kosten des Investments informieren. Werbemitteilungen sind nun mit eventuellen Risikohinweisen auszustatten. Zudem dürfen nur noch solche Produkte vermittelt werden, mit denen sich der Dienstleister dokumentiert auseinandergesetzt hat.

Bezüglich des Tapings wurde die Aufbewahrungsfrist von telefonischer und elektronischer Kommunikation zwischen Anleger und Berater auf zehn Jahre verlängert. Ausgenommen davon bleiben reine Internet-Dienstleistungsplattformen, die ausschließlich digitale Prozesse zur Vermittlung nutzen.