Besondere Situationen erfordern besondere Lösungen. Das scheint das Leitmotiv der großen Notenbanken zu sein. Der amerikanische Kongress beschloss zuletzt das größte wirtschaftliche Rettungspaket in der Geschichte der USA. Das Konjunkturpaket umfasst Maßnahmen im Wert von zwei Billionen Dollar. Auch die Chefin der EZB, Christine Lagarde, machte das Portemonnaie auf. Sie kündigte an, die EZB werde Anleihen im Wert von 750 Milliarden Euro kaufen. Mit den jetzt zugesagten, nahezu unbegrenzten Käufen übertrifft Lagarde selbst ihren Vorgänger Draghi. Nicht nur wird die EZB von nun an pro Monat mehr Papiere kaufen, als das unter dem Italiener der Fall war. Lagarde weicht auch die Kriterien dafür auf. So darf die EZB zum Beispiel auch griechische Staatsanleihen kaufen, die zuletzt aufgrund ihres schwachen Kreditratings für die Zentralbank Tabu waren. Auch Deutschland macht mit und beerdigt die schwarze Null. Mit 156 Milliarden Euro neuen Schulden will man den Kampf gegen das Virus aufnehmen.

Mit der Geldpresse gegen die Krise

Es scheint fast so, als wollten sich die Notenbanken mit der Geldpresse aus der Krise drucken. Ein nicht ungefährliches Unterfangen. Gerade Deutschland hat damit in der Vergangenheit seine Erfahrungen gemacht. Auch wenn sich Geschichte niemals eins zu eins wiederholt, gibt es Parallelen. Am 11. Januar 1923 marschierte kein Virus, aber 60.000 französische und belgische Soldaten in Deutschland ein. Mit dem Hinweis auf schleppende Reparationszahlungen Deutschlands besetzten die alliierten Truppen das Ruhrgebiet. Was folgte ist als „Ruhrkampf“ in die deutsche Geschichte eingegangen. Die deutsche Reichsregierung rief zum passiven Widerstand auf und es kam zum Shutdown. Industrie, Verwaltung und Verkehr wurden mit Generalstreiks lahmgelegt. Die Löhne von etwa zwei Millionen Arbeitern im Ruhrgebiet wurden vom Staat übernommen. Finanziert wurde alles, genauso wie heutzutage, durch die Notenpresse. Für den durch Krieg und Reparationszahlungen bereits hoffnungslos verschuldeten deutschen Staat war das letztlich der berühmte Tropfen zu viel. Deutschland stürzte von der Inflation in die Hyperinflation. Eine ganze Generation verlor innerhalb weniger Monate ihr erspartes Geld. Nur wer Schulden gehabt hatte, war nun schuldenfrei. Auch der deutsche Staat entledigte sich durch eine Währungsreform auf Kosten seiner Bürger aller Verbindlichkeiten.

Inflationsgefahren wachsen

Auch wenn die Situation in Deutschland 1923 nicht mit der heutigen Ausgangslage zu vergleichen ist, warnen einige Ökonomen vor Inflationsgefahren. In nahezu allen Ländern, selbst den USA, versuchen die Regierungen die Einkommensausfälle in der Bevölkerung durch staatliche Transfers zu ersetzen. Gleichzeitig sind die Produktionskapazitäten in vielen Bereichen stillgelegt. Es gibt also mehr Geld aber nicht unbedingt mehr Güter. Ein klassisches Ausgangsszenario für Inflation. Je länger der Shutdown anhält, je größer werden die Produktionsausfälle. Hinzu kommen zunehmende Störungen der Lieferketten. Je knapper jedoch ein Gut, je stärker steigt der Preis. Dieser Effekt ist derzeit sehr gut bei der Preisentwicklung von Schutzmasken zu beobachten. Lag der Preis für eine Maske Mitte Februar noch bei 0,45 Euro, so ist der Preis mittlerweile auf 13,52 Euro gestiegen. Eine Preissteigerung von ca. 3.000 Prozent. Sicherlich sind Schutzmasken ein Sonderfall. Allerdings konnte man in Asien während der Corona-Krise einen Anstieg der Lebensmittelpreise beobachten. Auch die ersten Handelsketten in Deutschland verzichten bereits auf die sonst üblichen Sonderangebote in vielen Bereichen. Die Unterbrechung von Lieferketten und Produktion sowie die teilweise eingeschränkten Transportmöglichkeiten sorgen dafür, dass viele Produkte knapp sind und sich verteuern.

Die wirkliche Gefahr ist eine Deflation

Allerdings sind diese Störungen nicht wirklich nachhaltig. Die meisten Ökonomen fürchten eher eine Deflation als Folge der Krise. Für eine Volkswirtschaft ein viel gefährlicheres Szenario als eine Inflation. Denn mittelfristig rechnen viele Beobachter mit fallenden Preisen. Derzeit können die Menschen ihre Häuser nicht verlassen, die meisten Läden und Geschäfte sind geschlossen. Es ist damit zu rechnen, dass viele Händler nach dem Ende der Einschränkungen ihren Kunden Preisnachlässe gewähren, um die Lager leerräumen zu können und sich überlebensnotwendige Umsätze zu sichern. Ökonomen sprechen bereits von einem Nachfrageschock. Nach der Marktlogik müssen die Unternehmen darauf mit sinkenden Preisen reagieren. Die große Gefahr liegt darin, dass Konsumenten, und natürlich auch Unternehmen, in Erwartung fallender Preise die Kaufentscheidungen und Investitionen hinauszögern. Ein durchaus rationales ökonomische Verhalten. Was folgt, ist die sogenannte Deflationsspirale aus stetig sinkenden Preisen und rückläufigen Investitionen der Unternehmen. Der derzeit niedrige Ölpreis verschärft die Gefahr einer Deflation. Denn der Ölpreis, als wichtigster inflationärer Faktor, bildet ein natürliches Gegengewicht zu deflationären Tendenzen.

Rezession gilt als sicher

Als sicher gilt allerdings mittlerweile, unabhängig davon wie lange die Corona-Pandemie noch anhalten wird, dass Deutschland und die meisten Industrieländer in eine Rezession rutschen werden. Für Deutschland prognostizieren die Wirtschaftsweisen in einem Sondergutachten, dass das Bruttoinlandsprodukt (BIP) unter dem Strich in diesem Jahr um 2,8 Prozent schrumpft. Allerdings stehen auch die Chancen gut, dass es danach zu einer schnellen Erholung der Wirtschaft kommt. Letztlich ist ausschlaggebend, wie lange der aktuelle Shutdown der Wirtschaft bestehen bleiben wird. Sollte nach den Oster-Feiertagen der Shutdown langsam beendet und die Wirtschaft wieder hochgefahren werden, besteht eine große Wahrscheinlichkeit, dass die deutsche Wirtschaft und die Anleger mit einem blauen Auge davonkommen werden. Etwas Inflation wäre dann ein gutes Signal.

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