Liquidität für eine grüne Zukunft

 

Ob Windkraft, Solarenergie oder Wasserstoff - der Umbau der Energiewirtschaft verlangt enorme Investitionen. Auch die umfassenden staatlichen Förderprogramme und vorhandenes Unternehmenskapital können diesen finanziellen Ressourcenbedarf allein nicht decken. Immer wichtiger wird deshalb die Kapitalisierung von Umwelt- und Klimaschutzprojekten über den freien Finanzmarkt. Hier entscheidet sich wohin das Geld kleiner privater wie großer institutioneller Anleger fließt und damit auch in welchem Tempo neue Vorhaben bei der Energiewende vorangetrieben werden können. Ansätze für eine Entwicklung hin zu einem nachhaltigen Finanzmarkt zeigen sich insbesondere in Fondsprodukten die ESG-Standards in ihre Anlagestrategie integrieren oder sich auf Unternehmen beschränken, die sich zu den Zielen des Pariser Klimaschutzabkommens bekennen. Trotzdem bleibt das „grüne“ Fonds-Investment relativ betrachtet noch die Ausnahme. In Deutschland deckt es nur gut 5 Prozent des Gesamtfondsvolumens ab. Auch wenn die Renditechancen durch nachhaltige Anlagen nachweislich nicht geschmälert sind, scheint sich die Finanzwelt nur langsam umzustellen. Gerade am deutschen Finanzplatz ist die Skepsis noch groß wie eine Studie des Center For Financial Studies (CFS), einem Forschungsinstitut an der Goethe-Universität in Frankfurt, zeigt. Danach lehnen fast zwei Drittel der befragten Entscheider aus der deutschen Finanzbranche eine neue umweltpolitische Ausrichtung der EZB, etwa durch den Ankauf „grüner“ Anleihen, ab. 

 

Neues Potenzial für Investitionen in den Ausbau lokaler Energiesysteme

 

Doch auch fernab von den millionenschweren Aktienfonds-Vermögen und Investitionen in nachhaltige industrielle Großvorhaben, entsteht bei unzähligen kleineren, dezentralen Energieprojekten, die zum Klimaschutz beitragen können, in der Summe ein großer Kapitalbedarf. Doch deren Finanzierung ist gerade für institutionelle Investoren durch den organisatorischen Aufwand kaum lohnenswert. Noch beschränkt man sich daher auf großskalierte Konzepte etwa zur neuen energetischen Ausrichtung ausgedehnter Wohn- oder Gewerbeanlagen. Um auch kleinere Projekte für die Geldgeber interessant zu machen, entwickeln sich in der Finanzbranche jedoch erste Modelle, bei denen sich FinTechs, die Vorteile der Digitalisierung zu Nutze machen wollen. So versucht etwa das Start-Up bullfinch, Investoren auf der einen und Projektentwickler, CleanTechs und lokale Energieversorger auf der anderen Seite über seine Platform zusammenzubringen, bei der Zahlungs- und Risikomanagement stark automatisiert ablaufen. Die Hoffnung ist, dass durch einen soliden Kapitalzufluss in der Breite die Energiewende insgesamt beschleunigt werden kann.

 

Mehr Umweltbewusstsein durch Finanz-Gütesiegel und Transparenz

 

Um Vorbehalte gegen ökologische Investments abzubauen und gleichzeitig Vertrauen in „grüne“ Finanzprodukte zu schaffen, könnte die Einführung und Vereinheitlichung von staatlichen Gütesiegeln ähnlich wie in der Lebensmittelindustrie helfen. Susanne Hasenhüttl, Forscherin bei der österreichischen Gesellschaft für Umwelt und Technik, betont, dass dabei nicht nur klimaproblematische Unternehmen und Staaten ausgeschlossen, sondern auch die Investments gezielt in nachhaltige Sektoren wie Healthcare oder erneuerbare Energien wichtiger werden. Ab 2022 soll die EU-Taxonomie-Verordnung europaweit einheitlich bestimmen, auf welche Kriterien es für nachhaltige wirtschaftliche Tätigkeiten und Investments ankommt. Anbieter, die ihre Produkte als ökologisch vermarkten wollen, müssen dann transparent über den Anteil der nachhaltigen Investitionen im Portfolio berichten. Einige wie etwa die Investmentgesellschaft Blackrock hat bereits angekündigt nachhaltiger investieren zu wollen. Denn, so betont es Unternehmensvorstand Larry Fink, „das Klimarisiko ist ein Anlagerisiko.“ Robin Haack, CEO und Gründer von bullfinch bringt es auf den Punkt: „Die Nachhaltigkeit in der Finanzbranche ist kein nice-to-have, sondern eine immens wichtige Strategie.“