Es war zwar seit 2016 und langfristig sogar seit 1971 immer richtig, Gold zu kaufen, aber es scheint der Startschuss zum nächsten Kursschub immer näher zu kommen. Die Kehrseiten der allzu offensiven Geldpolitik weltweit treten immer deutlicher hervor. Zu angenehm und bequem war es im 2. Jahrzehnt durch den massiven Ausbau der Geldmenge die Zinsen in Richtung Null zu manipulieren, dadurch das Schuldenmachen zu erleichtern, die Wirtschaft am Boomen zu halten und die Staaten zu finanzieren.

Unter Draghi wurde der Euro zur Lira.

So wurde der Grundstein für die aktuelle Geldentwertung gelegt. Zunächst haben Pandemie und Ukraine-Krieg die Problematik von Schuldenexplosion, Globalisierung und Abhängigkeiten brutal offengelegt. Jetzt hat eine weitere „Bestie“ ihre Krallen gezeigt: Die Inflation! Entgegen allen Beschwichtigungen aus Politik und Notenbänker/innen steigt die Teuerungen in seit 1980 nicht mehr gekannte Größenordnungen. In der Folge sind die zehnjährigen Zinsen aus dem seit damals laufendem Abwärtstrend ausgebrochen.

Gold ist seit 2018 von 1170 bis August 2020 auf 2070 Dollar explodiert, konsolidiert seitdem, ohne groß Terrain abzugeben. Seit zwei Jahren pendelt der Kurs um die 1800 Dollar. Seitdem hat er das 38 Prozent Retracement bei ca. 1700 Dollar drei Mal erfolgreich verteidigt. Nicht nur das fundamentale Umfeld, sondern auch das Chartbild und die Saisonalität unterstützen die These eines baldigen Ausbruchs des Goldpreises.

Hauptverantwortlich für die Kursstagnation waren vor allem die wiederholten Ankündigungen der Notenbanken die Zinsen zu erhöhen. Die zögerliche Haltung hat den Euro geschwächt, weil die amerikanische FED die Zinsen, zwar viel zu spät, aber dann von 0,25 auf 2,5 Prozent hochgeschraubt hat. Jetzt hat sie trotz schwächelnder Wirtschaft weitere Erhöhungen angekündigt. Das hat den US-Dollar gestärkt, was auch als Gegenargument für Gold gilt. Zur besseren Einordnung: Im Jahr 1980 hat der damalige FED-Chef Paul Volcker den Zins zur Inflationsbekämpfung bis auf etwa 20 Prozent gehievt. Wenn Jerome Powell das heute wiederholen würde, wären die USA bankrott.

Hier zeigt sich die Heimtücke von Schulden. Waren es damals 1,1 Billionen sind es heute 30 Billionen. In Zahlen ausgedrückt: Damals bedeuteten 20 Prozent Kreditzinsen jährlich 220 Milliarden, heute wären es 6 Billionen (Haushaltsdefizit 2021: 2,77 Bill.). Auch wenn solche Zinssätze nur zeitweise erreicht würden, beweist es die Explosivität langfristig hoher Zinsen. Da aber nicht nur die Staaten und Unternehmen hoch verschuldet sind, sondern auch die Privaten, schlagen sich höhere Zinsen zusätzlich auf das Konsumverhalten aus und damit auch auf die Wirtschaft und deren Investitionsfreudigkeit. Der Konsum-Index fällt bereits weltweit kräftig.

Zinsen haben früher auch Informationen geliefert. Wenn ein Schuldner acht Prozent zahlen musste, andere dagegen nur vier Prozent, wusste man, dass bei ersterem Schuldner ein höheres Risiko besteht. Heute liefert der künstlich gedrückte Zins keine Infos mehr, und wenn, dann falsche.

Immobilienkäufer haben nicht, wie oft „geprahlt“ wird, bei der Finanzierung einen „Superzins“ ergattert, sondern meist den Zins über den hohen Immobilienpreis subventioniert. Bei Verschuldungen „bis zur Halskrause“ kann dies zum bösartigen Bumerang werden. Nämlich dann, wenn bei Ablauf der Zinsfestschreibung nur zu deutlich höheren Zinsen prolongiert werden kann.

Einem weiteren deutlichen Anstieg der Notenbankzinsen sind also Grenzen gesetzt, zumal jedem klar sein muss, dass die Verantwortlichen eher eine höhere Inflation zulassen werden, als eine Rezession zu riskieren. Es gibt auch schon Hinweise. So ist die Erhöhung der EZB auf 0,5 Prozent ein Klacks. Trotzdem hat man schon den TPI ohne Betragsbegrenzung gegründet, was ein weiterer Beleg für die Weitergestaltung der verbotenen Staatsfinanzierung sein kann. Kaum jemand regt sich darüber auf. Wir erzürnen uns nur noch, wenn eine Katze einen seltenen Vogel frisst oder ein Winnetou-Film gezeigt wird.

Die Amerikaner haben zwar den Zins kräftiger angehoben, aber bei der Reduzierung ihrer Bilanz den Fuß deutlich vom Gas genommen. Statt der im Mai 2022 noch in Aussicht gestellten 47,5 Mrd. monatlich, wurden im Juni und Juli zusammen nur 25 Mrd. (statt 95 Mrd.) umgesetzt. Die Renditen für zehnjährige Staatspapiere fallen schon wieder und signalisieren, dass die Börse für 2023 von Zinsrückgängen ausgeht. Sie glaubt wohl, dass die Wirtschaft in eine Rezession schlittert und die FED geldpolitisch eher wieder Gas gibt, um wenigstens ein kleines Wachstum zu retten. Es entsteht eine klassische Stagflation. Ernst zu nehmende Stimmen prognostizieren, dass sie nur eine Übergangsphase sein wird, bevor eine Rezession nicht mehr zu vermeiden ist. Über zehn Jahre Boom gingen zu Ende. Schulden und Inflation zwingen die Wirtschaft in die Knie. Dann wäre heute nicht die Zeit eine Überschwemmung vorherzusagen, sondern um ein Boot zu bauen.

Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass Gold in kritischen Phasen für die Kapitalmärkte, gleich ob Stagflation oder gar Rezession, kräftig gestiegen ist und so zur Erhaltung des Vermögens beigetragen hat. Zu bedenken gilt auch der teuerste Satz der Börse: Dieses Mal wird alles anders. Viele Hinweise sprechen dafür, dass mit dem Ende der Zinserhöhungen der Preis für Gold in neue Höhen vorstoßen wird (Prognose 2500 bis 3000 Dollar). So ist zum Beispiel die Stimmung für die Anlageklasse Gold derart schlecht, dass sogar Contrarians auf den Plan gerufen werden.

Dies gilt insbesondere für die Goldproduzenten, deren Gewinne wegen der gestiegenen Kostenseite (Zinsen, Energie und Transportkosten) geschmolzen sind. Die Kurse waren im Verhältnis zum Goldpreis selten so preiswert wie heute. Da die Dividenden aufgrund des hohen Cashflows noch beibehalten werden, sind viele Aktien (beispielsweise Newmont) mit einer sehr attraktiven Rendite ausgestattet. Explodiert in den kommenden Monaten der Goldpreis, explodieren auch die Gewinne und sehr wahrscheinlich dann auch deren Aktienkurse.

Das Chartbild, unterstützt durch die Saisonalität, zeigt eine interessante Ausgangslage. Ein nachhaltiges Überspringen der 1800 Dollar Marke würde die Konsolidierung beenden, die mit zwei Jahren sich auch schon recht lange hinzieht. Jede positive Nachricht in Bezug auf Gold könnte jetzt Auslöser für den nächsten Kursschub sein. Empfehlung: Buy the dip. 

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Aus dem Börse Express PDF vom 13.09. hier zum Download

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