Die Wirtschaft läuft gut derzeit, auch angefacht durch niedrige Zinsen und einen auch über die Zinspolitik hinaus sehr lockeren Umgang mit Geld. Die Staaten verschulden sich, weil es nicht nur nichts kostet, sondern sogar noch Geld bringt. Die Unternehmen investieren, weil Geld billig zu haben ist und es Geld kosten würde, es zu parken. Und die Privathaushalte bestellen auf Pump, weil mittlerweile fast überall die Null-Prozent-Finanzierung angeboten wird. Das treibt die Wirtschaft und die Kurse, Anleger freut es.

Doch die Frage ist: was kommt nach der Party? Was, wenn die Inflation gekommen ist, um zu bleiben? Vieles spricht dafür. Zunächst einmal ganz banal: die Preise sind deutlich gestiegen. Selbst wenn die Inflationsraten wieder sinken, also die Geschwindigkeit der Preisanstiege sinkt – die Preise sinken nicht. Haushalte wie auch Unternehmen werden auf Dauer mit den höheren Kosten leben müssen. Zwar gibt es an der ein oder anderen Stelle die von Notenbanken, Staaten und Wirtschaftsforschern beschriebenen Einmaleffekte. So kletterte die pandemiebedingt gesenkte Mehrwertsteuer wieder, auch das Energiepreishoch könnte sich als dauerhafter erweisen, als die Notenbanken das gerne hätten.

Doch sprechen andere Faktoren für eine dauerhaftere Inflation. So kommt die Lohn-Preis-Spirale gerade erst in Gang. Lange waren die Inflationsraten kein Argument in den Tarifrunden. Mittlerweile äußern sich die Gewerkschaften da anders, fordern Ausgleich der Preissteigerungen – und treiben sie so wiederum an. Auch das Erwachsenwerden Chinas könnte die Preise treiben. Statt im Westen beliebte Waren immer günstiger anzubieten, produzieren chinesische Unternehmen mehr und mehr für den eigenen Markt – und stoppen so den Preisverfall auf den Weltmärkten.

Irgendwann werden die Experten also sehen, dass die Preissteigerungen nicht nur temporär sind. Das werden sie auch Staaten und Notenbanken sagen. Diese werden solange es irgend geht, die Ohren vor dieser Botschaft verschließen. Schließlich leben die Finanzminister der Welt sehr gut mit und von den niedrigen oder negativen Zinsen. Steigende Zinsen könnten die Konsolidierung der Staatshaushalte gefährden, den Investitionsspielraum einschränken – und dazu führen, dass sich Politiker wieder Gedanken ums Geld machen müssen.

Gedanken ums Geld machen sich schon lange die Sparer: Sie haben ohnehin schon zu leiden gehabt unter den niedrigen Zinsen, mussten sich an Verwahrentgelte für größere Beträge gewöhnen – und dann wird per Inflation auch noch der wahre Wert des gesparten Kapitals gemindert. Freuen können sich dagegen Anleger: Aktienindizes erreichten in den vergangenen Monaten gerne einmal Rekorde, die Renditen liegen über dem langjährigen Schnitt. Und was ist die Moral von der Geschicht: Anlegen lohnt sich, Sparen nicht. 

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