Neuer Report zeigt Schwächen von globalen, privatwirtschaftlichen Gütezeichen auf - Greenpeace fordert ein EU-Waldschutzgesetz statt Gütezeichen-Dschungel

Wien (OTS) - Ein neuer Report der Umweltschutzorganisation Greenpeace, „Destruction: Certified - Zertifizierte Zerstörung”, zeigt auf, wie globale monopolartige Zertifikate weltweit die Waldzerstörung und das Artensterben anheizen. Bei einem Pressegespräch warnten VertreterInnen aus Umweltschutz, Wissenschaft und Wirtschaft vor den schwachen Standards, unzureichenden Kontrollen und auf Gewinnmaximierung ausgerichteten Strukturen der Vereine hinter Gütezeichen wie FSC und RSPO. Diese können nicht sicherstellen, dass für die Produktion von Rohstoffen wie Soja, Palmöl und Holz die Wälder unseres Planetengeschützt werden. Statt privater Zertifizierungen fordert Greenpeace ein starkes globales Waldschutzgesetz von der EU, damit Produkte aus Waldzerstörung erst gar nicht mehr im Binnenmarkt verkauft werden dürfen.

„Seit drei Jahrzehnten scheitern privatwirtschaftlich organisierte Zertifizierungssysteme daran, die Produktion von Rohstoffen wie Palmöl, Soja und Holz fairer und weniger umweltschädlich zu gestalten. Weiterhin werden für diese Güter jedes Jahr gigantische Waldflächen gerodet, wertvolle Ökosysteme zerstört und Menschenrechte verletzt”, kritisiert Ursula Bittner, Wirtschaftsexpertin bei Greenpeace in Österreich. „Während die privatwirtschaftlich organisierten Vereine hinter den Gütezeichen ihre Gewinne steigern, sterben pro Tag 150 Arten weltweit aus. Zwischen 2015 und 2020 wurden täglich etwa 42.000 Fußballfelder Wald zerstört - auch, damit immer mehr zertifiziertes Palmöl, Soja und Holz angebaut werden kann.” In dem heute erschienen Report untersucht Greenpeace die globalen Machenschaften von Zertifizierungen und analysiert einige der bekanntesten und am meisten verbreiteten, monopolartigen Gütezeichen wie FSC (Forest Stewardship Council), RSPO (Roundtable on sustainable Palm Oil) oder RTRS (Round Table for Responsible Soya).

So berichtet Irène Wabiwa Betoko von Greenpeace Afrika über Umweltzerstörung im Kongobecken: „Nur zu oft zertifiziert der FSC in dieser Region illegal geschlagenes Holz, für das wertvolle Wälder zerstört und die Rechte indigener Gemeinschaften mit Füßen getreten werden.” 2017 zeigte eine Analyse von Greenpeace Afrika, dass der Verlust von intakten Waldlandschaften im Kongobecken innerhalb von FSC-zertifizierten Konzessionen höher war als in nicht zertifizierten Konzessionen.

Joe Ritt, unabhängiger Sachverständiger im Kontroll- und Zertifizierungsbereich, berichtet von den Schwachstellen bei privatrechtlichen Standards, deren Kontrollen und Zertifizierungen. „Bei privatrechtlichen Standards haben die Betriebe und Stakeholder einen wesentlichen Einfluss auf die Standards. Zudem hat eine private Kontrollstelle im Gegensatz zu einer Behörde kein Recht, einen Betrieb zu schließen. Somit können sich zertifizierte Betriebe oftmals von Verstößen freikaufen - das macht Umweltzerstörung allerdings nicht rückgängig”, so Ritt.

Enrico Partiti, Assistenzprofessor für Transnationale Regulierung und Governance an der Universität Tilburg, stellt klar: „Waldzerstörung in Zusammenhang mit Konsum in der EU muss gesetzlich geregelt werden - und zwar so, dass Unternehmen, die mit Rohstoffen wie Soja, Palmöl oder Holz handeln, Sorgfaltspflichten auferlegt werden.”

Über ein Drittel aller weltweit gehandelten Rohstoffe, die mit Entwaldung zu tun haben, werden in die EU importiert. Viele davon sind mit Zertifizierungen wie RSPO, FSC, PEFC und RTRS gekennzeichnet. Doch freiwillige und private Zertifizierungen können keine rodungsfreien Lieferketten ihrer Produkte sichern. Im Gegenteil: Wie Greenpeace-Recherchen zeigen, waren beispielsweise RSPO-Mitglieder 2019 für 10.000 Hektar Waldbrände in Indonesien mitverantwortlich. „Das System der privaten Zertifizierungen ist gescheitert. Jetzt brauchen wir starke Gesetze - allen voran ein globales Waldschutzgesetz - um die letzten uns noch verbleibenden Regenwälder dieser Erde und ihre einzigartige Vielfalt zu retten. Auch die österreichische Bundesregierung muss sich auf europäischer Ebene für ein Waldschutzgesetz stark machen”, so Bittner.

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