Am 101. Tag im Grasser-Prozess konnten die beiden Zeugen wenig zu der Rolle des Ex-Finanzministers Karl-Heinz Grasser und der mitangeklagten Lobbyisten Walter Meischberger und Peter Hochegger beitragen. Grasser hat immer angegeben, sich in den angeklagten Causen Buwog und Terminal Tower Linz herausgehalten zu haben.

Meischberger hingegen hatte im Prozessverlauf seine Rolle als "strategischer Berater" hervorgestrichen, die auch seine Provisionen in den beiden Causen rechtfertigen würden. Die Staatsanwaltschaft wiederum sieht Meischberger lediglich als Boten von Grasser, der dessen Korruptionsinteressen bei Firmen vertreten hätte. Beide bestreiten das, Hochegger hat dazu ein Teilgeständnis abgelegt.

Der erste Zeuge im Wiener Straflandesgericht, ein Finanzbeamter im Ministerium Grasser, sagte aus, dass er keine Präferenzen bei Grasser entdecken konnte, wo in Linz sich die Finanzbehörden einmieten. Bei einer Sitzung am 21. Dezember 2004, bei der der Zeuge dabei war, habe sich der Minister aber den Empfehlungen der eigenen Ministeriumsmitarbeiter für den Terminal Tower widersetzt und auf mangelnde Akzeptanz durch die betroffenen Mitarbeiter verwiesen. Einige Monate später wurde das Projekt Terminal Tower aber doch abgesegnet - wer genau das entschieden habe wisse er nicht. Die Staatsanwaltschaft wirft Grasser vor, sich so lange quergelegt zu haben, bis dann schlussendlich 200.000 Euro Schmiergeld an ihn und andere geflossen sind - was die Beschuldigten bestreiten.

Heute sagte der Zeuge, das siegreiche Objekt Terminal Tower Linz des Konsortiums RLB OÖ/Porr sei für sich betrachtet zwar nicht das günstigste Angebot gewesen, weil es ein günstigeres Angebot der staatlichen Bundesimmobiliengesellschaft (BIG) gegeben habe. Im Gesamtpaket habe es aber die Nase vorne gehabt.

Am Nachmittag war dann der ehemalige Finanzchef der OÖ Versicherung geladen, die ein kleiner Teil des siegreichen Konsortiums aus Immofinanz und RLB OÖ bei der Buwog-Privatisierung war. Die OÖ Versicherung hatte vier Prozent im sogenannten "Österreich-Konsortium", die RLB OÖ besaß 15 Prozent der OÖ Versicherung. Laut dem Zeugen hatte der damalige RLB OÖ-Generaldirektor Ludwig Scharinger eine dominierende Rolle, wichtige Entscheidungen hätte Scharinger mit seinem Chef besprochen.

Mit Grasser, Meischberger oder Hochegger habe er nichts zu tun gehabt, versicherte er im Zeugenstand. Als Grasser einmal auf Einladung der RLB OÖ bei einer Veranstaltung in Linz war, sei er nicht dort gewesen.

Der Zeuge sagte aus, dass bei einer Sitzung des Konsortiums zum zweiten und letzten Angebot die Aussage gefallen sei, man dürfe nicht unter 960 Mio. Euro bieten. Wer genau das gesagt habe wisse er nicht, er vermute, es sei von einem Vertreter der RLB OÖ gekommen. Er habe das damals nicht hinterfragt.

960 Mio. Euro war das Finanzierungslimit der CA Immo, das diese in ihrem ersten Angebot mitschickte. Laut Anklage wurde diese Information von Grasser über Meischberger und Hochegger an das Österreich-Konsortium weitergeleitet - was Grasser und Meischberger bestreiten. Meischberger gibt an, er habe die Information vom verstorbenen Kärntner Landeshauptmann Jörg Haider gehabt.

Morgen, Mittwoch, kommt Heinrich Traumüller wieder einmal in den Zeugenstand. Der ehemalige Kabinettchef von Grasser hatte zuletzt im Verfahren rund um den Verkauf der Bundeswohnungen die Spur nach Kärnten zu Haider gelegt - und damit Grasser und Meischberger entlastet.

Nächste Woche wird dann Willibald Berner zwei Tage lang befragt. Berner war in den Ermittlungen als Belastungszeuge aufgetreten.

stf/gru/tsk

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