Am heutigen 120. Verhandlungstag im Korruptionsprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und andere wurde der frühere Bankberater des Zweitangeklagten Walter Meischberger bei der Hypo Investmentbank Liechtenstein als Zeuge befragt. Dabei taten sich rund um die drei Konten in Liechtenstein, auf die die Buwog-Provision über Umwege geflossen war, Unklarheiten und offene Widersprüche auf.

So betonte der ehemalige Bankberater bei der HIB, Christoph W., mehrmals, dass Meischberger ihm gegenüber gesagt habe, die Gelder stammten aus Immobiliengeschäften in Osteuropa. Dass die Millionen in Wahrheit aus einer geheimgehaltenen 9,6 Mio. Euro schweren Provision bei der Buwog-Privatisierung im Jahr 2004 stammten, das habe er erst viel später erfahren. Er habe Meischberger, ehemals FPÖ-Generalsekretär, von seiner Tätigkeit als Herausgeber des Seitenblicke-Magazins gekannt. Meischberger sei dann im Jahr 2005 auf ihn zugekommen und habe erklärt, er habe Provisionseinnahmen aus Immobiliengeschäften in Ungarn, und er wollte das Geld von Zypern nach Liechtenstein transferieren.

Daraufhin habe er ihm eine Treuhänderin vermittelt, die praktischerweise ihr Büro im selben Gebäude wie die HIB in Vaduz hatte. Diese verfügte über eine Gesellschaft namens Omega mit Sitz in den USA. Das Geld sollte von Peter Hocheggers Gesellschaft Astropolis auf Zypern über die Omega auf drei Konten in Liechtenstein fließen. Die Omega eröffnete bei der HIB ein Konto, dort wurden die überwiesenen Gelder bar aus- und bar wieder eingezahlt - bei derselben Kassa. "Das war damals, vor 15 Jahren, durchaus üblich, bei vielen Kunden", meinte der Bankberater. Damit habe man den "Paper Trail" - die Spur des Geldes mittels Dokumenten - unterbrochen. Für diesen "Schnitt" kassierte die Omega 5 Prozent Provision. Bar eingezahlt wurde das Geld auf drei Liechtenstein-Konten - "auf Wunsch Meischbergers", so der Zeuge.

Richterin Marion Hohenecker ging mit dem Zeugen gewohnt genau die Kontounterlagen durch: Das Konto Natalie, das Konto Karin und das Konto 400.815 bei der HIB. Während Meischberger angibt, alle drei Konten hätten ihm gehört, ist für die Staatsanwaltschaft das Konto Karin dem mitangeklagten Makler Ernst Plech und das Konto 400.815 dem Hauptangeklagten Grasser zuzurechnen. Der Bankberater wiederum sagte im Zeugenstand aus, in der Bank sei klar gewesen, dass das Konto Karin dem Makler Plech gehörte, und die Konten Natalie und 400.815 beide Meischberger.

Ein weiterer offener Widerspruch tat sich zu einer früheren Aussage von Hochegger auf. Mit diesem hatte der Bankberater die Transaktionen zwischen der Astropolis und der Omega besprochen. Laut Hochegger habe ihm W. dabei einen Zettel gezeigt, wohin die Gelder in Liechtenstein gingen, nämlich an Meischberger, Plech und Grasser. Dem widersprach der Zeuge entschieden, denn Hochegger wäre das gar nichts angegangen, was mit dem Geld in Liechtenstein passiere.

Angesichts der hohen Bareinzahlungen auf die drei Konten verlangte die bankinterne Compliance-Abteilung mehrmals Aufklärung. Der Bankberater verfasste daraufhin kurze Notizen zur Herkunft der Gelder. Dabei habe er jedoch "Fehler" gemacht, wie er selber heute einräumte. So erklärte er zum Konto 400.815, der Wirtschaftlich Berechtigte sei ein großer Immobilienmakler in Wien - laut Kontounterlagen war es aber ein Konto von Meischberger und nicht von Plech. "Müsste nicht bei den Konten 'Natalie' und 400.815 der gleiche Text stehen?" fragte die Richterin nach, denn beide gehörten laut dem Bankberater Meischberger. "Das war ein Fehler von mir", räumte der Zeuge ein.

Laut dem Bankberater erteilte ihm Meischberger auch immer wieder Aufträge, mit Geld vom Konto 400.815 Aktien zu kaufen. Dabei wurden z.B. Aktien von Magna, C-Quadrat, Meinl European Land, Meinl International Power oder der CitiBank erstanden. Das habe Meischberger im Wesentlichen selber entschieden, er habe ihn nur bei Anleihen beraten, so der Zeuge.

Im Unklaren blieb eine Transaktion zum Kauf von Aktien der Meinl International Power, wo Grasser früher im Vorstand saß. Dazu wurden vom Konto 400.815 nämlich 500.000 Euro auf ein Konto bei der Raiffeisenbank Liechtenstein überwiesen. Der Bankberater schrieb dazu die Notiz, "hat eine zweite Kontoverbindung in Liechtenstein, hat bei der Raiffeisen einen Trust errichtet". Damit habe er Meischberger gemeint, sagte er. Die Richterin hakte nach, denn das andere Konto gehöre nicht Meischberger. "Er hat mir das damals so gesagt", meinte der Zeuge. Aber Meischberger habe mit der Mandarin-Group einen Kreditvertrag abgeschlossen, zur Begründung der Überweisung der 500.000 Euro auf das Konto der Mandarin - "wenn diese Kontoverbindung ihm gehört, dann braucht er ja keinen Kreditvertrag abschließen", wunderte sich die Richterin: "Wie passt das zusammen?" "Das weiß ich dann nicht mehr, keine Ahnung", musste der Zeuge passen. Die Mandarin habe er nicht betreut.

Der ehemalige Bankberater schilderte freimütig die Bargeldtransaktionen für seine Kunden in Wien: Nicht nur Meischberger, sondern vielen Kunden habe er bei "Dienstreisen nach Wien" Bargeld und Kontoauszüge von ihren Liechstenstein-Konten gebracht. Bis 2005 habe man ohne Beschränkungen Bargeld nach Österreich transferieren können, später habe die Bank dann Geldtransporte organisiert, wenn ein Kunde von ihm in Wien Geld wollte. Auch an Meischberger habe er mehrmals Bargeld übergeben, in einem Wiener Hotel. Dass Meischberger das Geld von zwei Konten abheben ließ, von Natalie und 400.815, das habe er nicht hinterfragt. Auch die Mittelherkunft der Millionen habe er nicht geprüft. Seine Erklärung dafür: Das Geld sei ja in die Bank über die Omega gekommen, und die habe er nicht betreut, da er nur Privatkunden hatte. Trotzdem schrieb er mehrmals Aktennotizen für die Compliance-Abteilung der Bank, dass das auf die drei Konten eingezahlte Bargeld aus Immobilientransaktionen in Osteuropa stamme.

Grasser habe er im Jahr 2008 bei einem Polo-Turnier in Kitzbühel getroffen, sagte der Zeuge. Er habe aus den Medien gewusst, dass Meischberger und Grasser befreundet seien. Den Vermögensberater Norbert Wicki habe er nicht an Meischberger vermittelt, denn er werde nicht einem Kunden einen Konkurrenten vermitteln.

Im Oktober 2008 habe er die HIB verlassen, um sich selbstständig zu machen, so der Zeuge. Meischberger habe ihm vertraut und sei ihm mit seinen Konten gefolgt, die zur Liechtensteinischen Landesbank transferiert wurden. Das Konto Karin blieb bei der HIB. Warum bei der Kontoschließung von 400.815 neben Meischberger auch Plech unterschrieben habe, wollte die Richterin wissen. Beim Konto Natalie, wo ebenfalls Plech auf den Todesfall Meiscbergers zeichnungsberechtigt war, hatte Plech nämlich bei der Kontoschließung nicht unterschrieben. Der Zeuge meinte, er habe damals einfach nicht mehr gewusst, dass nur Meischbeger zeichnungsberechtigt war, und Plech nur auf Meischbergers Todesfall. "Besser eine Unterschrift zuviel", sagte er. Meischberger meldete sich zu Wort und meinte, da werde viel zu viel hineininterpretiert.

Wicki war heute - nach über einem Jahr Abwesenheit - wieder beim Prozess dabei. Morgen geht es mit der Befragung des Bankberaters weiter.

gru/cri

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